[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.hatte, so kamen doch selten Einnahme und Ausga- be mit einander überein; denn wenn gleich keine Verschwendung in seinem Hause herrschete, so war doch auch keine Haushaltung darin. Alle Jahr kam ein Kind: und er hatte sehr viel Liebe für seine Kinder. Keins dieser Kinder ward äl- ter als drey Jahre. Als das zwölfte sterben woll- te, und er so eingezogen worden war, als immer ein Ehemann seyn könnte, so überredete ihn seine Frau Thomas (denn nach seinem Namen hatte er sie nicht nennen lassen) daß dieses ein göttliches Gericht über ihre sündliche Lebensart sey. (Das Unglück macht uns doch endlich gewissenhaft; und du weißt, daß so gar ein Ludwig der vierzehnte sich von der Maintenon abergläubisch machen ließ, als seine Feldzüge unglücklich waren.) Als sie beyde schon über die Hälfte abgenutzt waren, ent- schloß sich mein einfältiger Vetter endlich sie zu heyrathen. Und nun hatte er Zeit, zu überdenken, was für anständige Partheyen er hätte treffen können, vor denen er in der Blüte seines Lebens geflohen war. Es hatte ihm indessen eben so viel gekostet, als wenn er wircklich verheyrathet gewe- sen wäre: seine Ehre hatte gelitten: alle seine Freude war nur verstohlen gewesen: er hatte eine ungleiche Parthey getroffen, deren er sich immer geschämet hatte. Jndessen sagten doch die Frauensleute, Anton hätte ehrlich gehandelt, daß er sie nach 12. Jahren wieder zu Ehren brächte. Das war alle Freude, die mein Vetter bey der Hochzeit mit seiner jungen Frau und alten Mai- tresse
hatte, ſo kamen doch ſelten Einnahme und Ausga- be mit einander uͤberein; denn wenn gleich keine Verſchwendung in ſeinem Hauſe herrſchete, ſo war doch auch keine Haushaltung darin. Alle Jahr kam ein Kind: und er hatte ſehr viel Liebe fuͤr ſeine Kinder. Keins dieſer Kinder ward aͤl- ter als drey Jahre. Als das zwoͤlfte ſterben woll- te, und er ſo eingezogen worden war, als immer ein Ehemann ſeyn koͤnnte, ſo uͤberredete ihn ſeine Frau Thomas (denn nach ſeinem Namen hatte er ſie nicht nennen laſſen) daß dieſes ein goͤttliches Gericht uͤber ihre ſuͤndliche Lebensart ſey. (Das Ungluͤck macht uns doch endlich gewiſſenhaft; und du weißt, daß ſo gar ein Ludwig der vierzehnte ſich von der Maintenon aberglaͤubiſch machen ließ, als ſeine Feldzuͤge ungluͤcklich waren.) Als ſie beyde ſchon uͤber die Haͤlfte abgenutzt waren, ent- ſchloß ſich mein einfaͤltiger Vetter endlich ſie zu heyrathen. Und nun hatte er Zeit, zu uͤberdenken, was fuͤr anſtaͤndige Partheyen er haͤtte treffen koͤnnen, vor denen er in der Bluͤte ſeines Lebens geflohen war. Es hatte ihm indeſſen eben ſo viel gekoſtet, als wenn er wircklich verheyrathet gewe- ſen waͤre: ſeine Ehre hatte gelitten: alle ſeine Freude war nur verſtohlen geweſen: er hatte eine ungleiche Parthey getroffen, deren er ſich immer geſchaͤmet hatte. Jndeſſen ſagten doch die Frauensleute, Anton haͤtte ehrlich gehandelt, daß er ſie nach 12. Jahren wieder zu Ehren braͤchte. Das war alle Freude, die mein Vetter bey der Hochzeit mit ſeiner jungen Frau und alten Mai- treſſe
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hatte, ſo kamen doch ſelten Einnahme und Ausga-
be mit einander uͤberein; denn wenn gleich keine
Verſchwendung in ſeinem Hauſe herrſchete, ſo
war doch auch keine Haushaltung darin. Alle
Jahr kam ein Kind: und er hatte ſehr viel Liebe
fuͤr ſeine Kinder. Keins dieſer Kinder ward aͤl-
ter als drey Jahre. Als das zwoͤlfte ſterben woll-
te, und er ſo eingezogen worden war, als immer
ein Ehemann ſeyn koͤnnte, ſo uͤberredete ihn ſeine
Frau Thomas (denn nach ſeinem Namen hatte
er ſie nicht nennen laſſen) daß dieſes ein goͤttliches
Gericht uͤber ihre ſuͤndliche Lebensart ſey. (Das
Ungluͤck macht uns doch endlich gewiſſenhaft; und
du weißt, daß ſo gar ein Ludwig der vierzehnte ſich
von der Maintenon aberglaͤubiſch machen ließ,
als ſeine Feldzuͤge ungluͤcklich waren.) Als ſie
beyde ſchon uͤber die Haͤlfte abgenutzt waren, ent-
ſchloß ſich mein einfaͤltiger Vetter endlich ſie zu
heyrathen. Und nun hatte er Zeit, zu uͤberdenken,
was fuͤr anſtaͤndige Partheyen er haͤtte treffen
koͤnnen, vor denen er in der Bluͤte ſeines Lebens
geflohen war. Es hatte ihm indeſſen eben ſo viel
gekoſtet, als wenn er wircklich verheyrathet gewe-
ſen waͤre: ſeine Ehre hatte gelitten: alle ſeine
Freude war nur verſtohlen geweſen: er hatte eine
ungleiche Parthey getroffen, deren er ſich immer
geſchaͤmet hatte. Jndeſſen ſagten doch die
Frauensleute, Anton haͤtte ehrlich gehandelt, daß
er ſie nach 12. Jahren wieder zu Ehren braͤchte.
Das war alle Freude, die mein Vetter bey der
Hochzeit mit ſeiner jungen Frau und alten Mai-
treſſe
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