Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



dem ich mich zancken könne. Könnte sich ein
Lovelace mehr unerlaubte Freyheit zu gute hal-
ten? Das Mädchen hat den Teufel im Hertzen.
Wenn es ein Junge geworden und unter unsere
Gesellschaft gerathen wäre, so würde es der brave-
ste Kerl geworden seyn: ein ärgerer Wagehals,
als wir alle.

Jhre Mutter darf nur noch einen
Schritt wagen, so will sie in der Stille nach
London flüchten, und die Fräulein Harlowe
nicht verlassen, bis sie entweder getrauet oder
ganz frey von mir ist.
Sarah, die diesen Brief
abschrieb, hat den Stoß-Seufzer dazu gesetzt: "um
"Gottes willen, Herr Lovelace, suchen sie die
"Furie nach London zu bekommen." Wenn wir
sie hier hätten, so sollte ihr Schicksal nicht so lange
unentschieden bleiben, als das Schicksal ihrer
Freundin. Wie würde sie durch ein Dutzend ih-
rer unbarmhertzigen Schwestern (die mein Kind
nie sehen soll) durch ihre Spitzruthen laufen müs-
sen, wenn sie einmahl vor mir gefallen wäre.
Hernach davon.

Jch sehe aus diesem Briefe, daß meine eigen-
sinnige Gefangene euch alle vier abgemahlet hat.
Meiner wird auch nicht geschont. Jch habe
keinen Verstand!
Jch will des Todes seyn, wenn
sie das am Ende finden. Jch habe zum we-
nigsten einen Sparren zu viel.
Verflucht ver-
ächtlich. Sie siehet, daß ihr lauter höllische
Geister seyd, und ich der Beelzebub.
Das
ist für dich, Belford, und für deinen Lovelacen.

Und



dem ich mich zancken koͤnne. Koͤnnte ſich ein
Lovelace mehr unerlaubte Freyheit zu gute hal-
ten? Das Maͤdchen hat den Teufel im Hertzen.
Wenn es ein Junge geworden und unter unſere
Geſellſchaft gerathen waͤre, ſo wuͤrde es der brave-
ſte Kerl geworden ſeyn: ein aͤrgerer Wagehals,
als wir alle.

Jhre Mutter darf nur noch einen
Schritt wagen, ſo will ſie in der Stille nach
London fluͤchten, und die Fraͤulein Harlowe
nicht verlaſſen, bis ſie entweder getrauet oder
ganz frey von mir iſt.
Sarah, die dieſen Brief
abſchrieb, hat den Stoß-Seufzer dazu geſetzt: „um
„Gottes willen, Herr Lovelace, ſuchen ſie die
„Furie nach London zu bekommen.„ Wenn wir
ſie hier haͤtten, ſo ſollte ihr Schickſal nicht ſo lange
unentſchieden bleiben, als das Schickſal ihrer
Freundin. Wie wuͤrde ſie durch ein Dutzend ih-
rer unbarmhertzigen Schweſtern (die mein Kind
nie ſehen ſoll) durch ihre Spitzruthen laufen muͤſ-
ſen, wenn ſie einmahl vor mir gefallen waͤre.
Hernach davon.

Jch ſehe aus dieſem Briefe, daß meine eigen-
ſinnige Gefangene euch alle vier abgemahlet hat.
Meiner wird auch nicht geſchont. Jch habe
keinen Verſtand!
Jch will des Todes ſeyn, wenn
ſie das am Ende finden. Jch habe zum we-
nigſten einen Sparren zu viel.
Verflucht ver-
aͤchtlich. Sie ſiehet, daß ihr lauter hoͤlliſche
Geiſter ſeyd, und ich der Beelzebub.
Das
iſt fuͤr dich, Belford, und fuͤr deinen Lovelacen.

Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0204" n="198"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><hi rendition="#fr">dem ich mich zancken ko&#x0364;nne.</hi> Ko&#x0364;nnte &#x017F;ich ein<lb/><hi rendition="#fr">Lovelace</hi> mehr unerlaubte Freyheit zu gute hal-<lb/>
ten? Das Ma&#x0364;dchen hat den Teufel im Hertzen.<lb/>
Wenn es ein Junge geworden und unter un&#x017F;ere<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft gerathen wa&#x0364;re, &#x017F;o wu&#x0364;rde es der brave-<lb/>
&#x017F;te Kerl geworden &#x017F;eyn: ein a&#x0364;rgerer Wagehals,<lb/>
als wir alle.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Jhre Mutter darf nur noch einen<lb/>
Schritt wagen, &#x017F;o will &#x017F;ie in der Stille nach<lb/>
London flu&#x0364;chten, und die Fra&#x0364;ulein Harlowe<lb/>
nicht verla&#x017F;&#x017F;en, bis &#x017F;ie entweder getrauet oder<lb/>
ganz frey von mir i&#x017F;t.</hi> Sarah, die die&#x017F;en Brief<lb/>
ab&#x017F;chrieb, hat den Stoß-Seufzer dazu ge&#x017F;etzt: &#x201E;um<lb/>
&#x201E;Gottes willen, Herr <hi rendition="#fr">Lovelace,</hi> &#x017F;uchen &#x017F;ie die<lb/>
&#x201E;Furie nach London zu bekommen.&#x201E; Wenn wir<lb/>
&#x017F;ie hier ha&#x0364;tten, &#x017F;o &#x017F;ollte ihr Schick&#x017F;al nicht &#x017F;o lange<lb/>
unent&#x017F;chieden bleiben, als das Schick&#x017F;al ihrer<lb/>
Freundin. Wie wu&#x0364;rde &#x017F;ie durch ein Dutzend ih-<lb/>
rer unbarmhertzigen Schwe&#x017F;tern (die mein Kind<lb/>
nie &#x017F;ehen &#x017F;oll) durch ihre Spitzruthen laufen mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, wenn &#x017F;ie einmahl vor mir gefallen wa&#x0364;re.<lb/>
Hernach davon.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;ehe aus die&#x017F;em Briefe, daß meine eigen-<lb/>
&#x017F;innige Gefangene euch alle vier abgemahlet hat.<lb/>
Meiner wird auch nicht ge&#x017F;chont. <hi rendition="#fr">Jch habe<lb/>
keinen Ver&#x017F;tand!</hi> Jch will des Todes &#x017F;eyn, wenn<lb/>
&#x017F;ie das am Ende finden. <hi rendition="#fr">Jch habe zum we-<lb/>
nig&#x017F;ten einen Sparren zu viel.</hi> Verflucht ver-<lb/>
a&#x0364;chtlich. <hi rendition="#fr">Sie &#x017F;iehet, daß ihr lauter ho&#x0364;lli&#x017F;che<lb/>
Gei&#x017F;ter &#x017F;eyd, und ich der Beelzebub.</hi> Das<lb/>
i&#x017F;t fu&#x0364;r dich, <hi rendition="#fr">Belford,</hi> und fu&#x0364;r deinen <hi rendition="#fr">Lovelacen.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0204] dem ich mich zancken koͤnne. Koͤnnte ſich ein Lovelace mehr unerlaubte Freyheit zu gute hal- ten? Das Maͤdchen hat den Teufel im Hertzen. Wenn es ein Junge geworden und unter unſere Geſellſchaft gerathen waͤre, ſo wuͤrde es der brave- ſte Kerl geworden ſeyn: ein aͤrgerer Wagehals, als wir alle. Jhre Mutter darf nur noch einen Schritt wagen, ſo will ſie in der Stille nach London fluͤchten, und die Fraͤulein Harlowe nicht verlaſſen, bis ſie entweder getrauet oder ganz frey von mir iſt. Sarah, die dieſen Brief abſchrieb, hat den Stoß-Seufzer dazu geſetzt: „um „Gottes willen, Herr Lovelace, ſuchen ſie die „Furie nach London zu bekommen.„ Wenn wir ſie hier haͤtten, ſo ſollte ihr Schickſal nicht ſo lange unentſchieden bleiben, als das Schickſal ihrer Freundin. Wie wuͤrde ſie durch ein Dutzend ih- rer unbarmhertzigen Schweſtern (die mein Kind nie ſehen ſoll) durch ihre Spitzruthen laufen muͤſ- ſen, wenn ſie einmahl vor mir gefallen waͤre. Hernach davon. Jch ſehe aus dieſem Briefe, daß meine eigen- ſinnige Gefangene euch alle vier abgemahlet hat. Meiner wird auch nicht geſchont. Jch habe keinen Verſtand! Jch will des Todes ſeyn, wenn ſie das am Ende finden. Jch habe zum we- nigſten einen Sparren zu viel. Verflucht ver- aͤchtlich. Sie ſiehet, daß ihr lauter hoͤlliſche Geiſter ſeyd, und ich der Beelzebub. Das iſt fuͤr dich, Belford, und fuͤr deinen Lovelacen. Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/204
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/204>, abgerufen am 15.05.2024.