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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

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Jndessen wiederhohlte ich mein Versprechen, mich
morgen, so früh als er es selbst beföhle, mit ihm zu
unterreden, und das Frühstück mit ihm zu neh-
men.

Dorcas sagte, er sey gantz unleidlich. Mich
dünckt auch, ich hörte, wie die Dieners von ihm
flogen, wenn er redete. Sie schreiben in einem
Jhrer vorigen Briefe, daß Sie jemand haben müß-
ten, mit dem Sie sich zanckten, wenn Jhre Mut-
ter Sie verdrießlich macht. Jch wollte nicht gern
eine Vergleichung anstellen. Allein die Leiden-
schaften sind einerley, sie mögen Manns-Leute oder
Frauenzimmer beherrschen.



Er hat noch einmahl gefchickt, und dringet
darauf, daß wir diesen Abend beysammen essen
sollen. Weil ich bisher ziemlich wohl mit ihm ge-
standen habe, so hielte ich es für unvorsichtig, we-
gen einer solchen Kleinigkeit zu brechen. Jndes-
sen ist es mir sehr ungelegen, daß ich mich durch
Drohungen zwingen lassen soll, zu thun was er ha-
ben will.



Unterdessen, daß ich noch in Gedancken war,
klopfte Herr Lovelace an meine Stube, und sag-
te mir mit einer unfreundlichen Stimme: er müß-
te mich sprechen. Er könnte keine Ruhe haben,
bis er wüßte, wodurch er sich eine solche Auffüh-
rung zugezogen hätte. Jch muß wohl hingegen,
ob ich gleich weiß, daß er nichts neues zu sagen hat,
und sehr verdrießlich gegen ihn seyn werde.

Weil
O 5



Jndeſſen wiederhohlte ich mein Verſprechen, mich
morgen, ſo fruͤh als er es ſelbſt befoͤhle, mit ihm zu
unterreden, und das Fruͤhſtuͤck mit ihm zu neh-
men.

Dorcas ſagte, er ſey gantz unleidlich. Mich
duͤnckt auch, ich hoͤrte, wie die Dieners von ihm
flogen, wenn er redete. Sie ſchreiben in einem
Jhrer vorigen Briefe, daß Sie jemand haben muͤß-
ten, mit dem Sie ſich zanckten, wenn Jhre Mut-
ter Sie verdrießlich macht. Jch wollte nicht gern
eine Vergleichung anſtellen. Allein die Leiden-
ſchaften ſind einerley, ſie moͤgen Manns-Leute oder
Frauenzimmer beherrſchen.



Er hat noch einmahl gefchickt, und dringet
darauf, daß wir dieſen Abend beyſammen eſſen
ſollen. Weil ich bisher ziemlich wohl mit ihm ge-
ſtanden habe, ſo hielte ich es fuͤr unvorſichtig, we-
gen einer ſolchen Kleinigkeit zu brechen. Jndeſ-
ſen iſt es mir ſehr ungelegen, daß ich mich durch
Drohungen zwingen laſſen ſoll, zu thun was er ha-
ben will.



Unterdeſſen, daß ich noch in Gedancken war,
klopfte Herr Lovelace an meine Stube, und ſag-
te mir mit einer unfreundlichen Stimme: er muͤß-
te mich ſprechen. Er koͤnnte keine Ruhe haben,
bis er wuͤßte, wodurch er ſich eine ſolche Auffuͤh-
rung zugezogen haͤtte. Jch muß wohl hingegen,
ob ich gleich weiß, daß er nichts neues zu ſagen hat,
und ſehr verdrießlich gegen ihn ſeyn werde.

Weil
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[217/0223] Jndeſſen wiederhohlte ich mein Verſprechen, mich morgen, ſo fruͤh als er es ſelbſt befoͤhle, mit ihm zu unterreden, und das Fruͤhſtuͤck mit ihm zu neh- men. Dorcas ſagte, er ſey gantz unleidlich. Mich duͤnckt auch, ich hoͤrte, wie die Dieners von ihm flogen, wenn er redete. Sie ſchreiben in einem Jhrer vorigen Briefe, daß Sie jemand haben muͤß- ten, mit dem Sie ſich zanckten, wenn Jhre Mut- ter Sie verdrießlich macht. Jch wollte nicht gern eine Vergleichung anſtellen. Allein die Leiden- ſchaften ſind einerley, ſie moͤgen Manns-Leute oder Frauenzimmer beherrſchen. Er hat noch einmahl gefchickt, und dringet darauf, daß wir dieſen Abend beyſammen eſſen ſollen. Weil ich bisher ziemlich wohl mit ihm ge- ſtanden habe, ſo hielte ich es fuͤr unvorſichtig, we- gen einer ſolchen Kleinigkeit zu brechen. Jndeſ- ſen iſt es mir ſehr ungelegen, daß ich mich durch Drohungen zwingen laſſen ſoll, zu thun was er ha- ben will. Unterdeſſen, daß ich noch in Gedancken war, klopfte Herr Lovelace an meine Stube, und ſag- te mir mit einer unfreundlichen Stimme: er muͤß- te mich ſprechen. Er koͤnnte keine Ruhe haben, bis er wuͤßte, wodurch er ſich eine ſolche Auffuͤh- rung zugezogen haͤtte. Jch muß wohl hingegen, ob ich gleich weiß, daß er nichts neues zu ſagen hat, und ſehr verdrießlich gegen ihn ſeyn werde. Weil O 5

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/223>, abgerufen am 15.05.2024.