Sie sagt, ich sey ein Teufel! und so viel ich mich selbst kenne, so hat jetzt der Teufel sehr viel bey mir, das er das Seinige nennen kann.
Das ist ein offenhertziges Bekenntniß! So frey gehe ich gegen dich heraus. Je mehr ich aber selbst gegen mich sage, desto weniger kannst du mir vorwerfen. O Belford, Belford, ich kann ohn- möglich, ich kann zum wenigsten jetzt ohnmöglich heyrathen.
Bedencke, daß ihre Anverwandten meine bit- tersten Feinde sind. Denen würde ich zu Füßen fallen müssen, oder sie würde eben so misvergnügt seyn, als ich sie durch meine letzte Tod-Sünde ma- chen kann.
Sie würde diese Leute immer zu viel, und mich zu wenig lieben.
Sie scheinet mich jetzt in der That zu verach- ten. Die Fräulein Howe sagt es deutlich, daß sie mich verachtet. Wie jämmerlich, wie armsee- lig ist es aber, wenn man von der Frau ver- achtet wird? Was ist das für eine Vorstellung! An Verstande und Einsichten von der Frau übertroffen zu werden! Sich von der Frau Erinnerungen und Gesetze geben zu lassen! Sie thut noch mehr, als mich verachten: sie hat sich so gar Bedenckzeit genommen, zu über- legen, ob sie mich nicht hasset. Jch hasse sie von gantzem Hertzen! sagte sie noch gestern zu mir. Meine Seele ist über dich, Kerl! zwinge mich nicht, dir zu sagen, wie weit
meine
Sie ſagt, ich ſey ein Teufel! und ſo viel ich mich ſelbſt kenne, ſo hat jetzt der Teufel ſehr viel bey mir, das er das Seinige nennen kann.
Das iſt ein offenhertziges Bekenntniß! So frey gehe ich gegen dich heraus. Je mehr ich aber ſelbſt gegen mich ſage, deſto weniger kannſt du mir vorwerfen. O Belford, Belford, ich kann ohn- moͤglich, ich kann zum wenigſten jetzt ohnmoͤglich heyrathen.
Bedencke, daß ihre Anverwandten meine bit- terſten Feinde ſind. Denen wuͤrde ich zu Fuͤßen fallen muͤſſen, oder ſie wuͤrde eben ſo misvergnuͤgt ſeyn, als ich ſie durch meine letzte Tod-Suͤnde ma- chen kann.
Sie wuͤrde dieſe Leute immer zu viel, und mich zu wenig lieben.
Sie ſcheinet mich jetzt in der That zu verach- ten. Die Fraͤulein Howe ſagt es deutlich, daß ſie mich verachtet. Wie jaͤmmerlich, wie armſee- lig iſt es aber, wenn man von der Frau ver- achtet wird? Was iſt das fuͤr eine Vorſtellung! An Verſtande und Einſichten von der Frau uͤbertroffen zu werden! Sich von der Frau Erinnerungen und Geſetze geben zu laſſen! Sie thut noch mehr, als mich verachten: ſie hat ſich ſo gar Bedenckzeit genommen, zu uͤber- legen, ob ſie mich nicht haſſet. Jch haſſe ſie von gantzem Hertzen! ſagte ſie noch geſtern zu mir. Meine Seele iſt uͤber dich, Kerl! zwinge mich nicht, dir zu ſagen, wie weit
meine
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0273"n="267"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Sie ſagt, ich ſey ein Teufel! und ſo viel ich mich<lb/>ſelbſt kenne, ſo hat jetzt der Teufel ſehr viel bey<lb/>
mir, das er das Seinige nennen kann.</p><lb/><p>Das iſt ein offenhertziges Bekenntniß! So frey<lb/>
gehe ich gegen dich heraus. Je mehr ich aber<lb/>ſelbſt gegen mich ſage, deſto weniger kannſt du mir<lb/>
vorwerfen. <hirendition="#fr">O Belford, Belford,</hi> ich kann ohn-<lb/>
moͤglich, ich kann zum wenigſten jetzt ohnmoͤglich<lb/>
heyrathen.</p><lb/><p>Bedencke, daß ihre Anverwandten meine bit-<lb/>
terſten Feinde ſind. Denen wuͤrde ich zu Fuͤßen<lb/>
fallen muͤſſen, oder ſie wuͤrde eben ſo misvergnuͤgt<lb/>ſeyn, als ich ſie durch meine letzte Tod-Suͤnde ma-<lb/>
chen kann.</p><lb/><p>Sie wuͤrde dieſe Leute immer zu viel, und mich<lb/>
zu wenig lieben.</p><lb/><p>Sie ſcheinet mich jetzt in der That zu verach-<lb/>
ten. Die Fraͤulein <hirendition="#fr">Howe</hi>ſagt es deutlich, daß<lb/>ſie mich verachtet. Wie jaͤmmerlich, wie armſee-<lb/>
lig iſt es aber, <hirendition="#fr">wenn man von der Frau ver-<lb/>
achtet wird?</hi> Was iſt das fuͤr eine Vorſtellung!<lb/><hirendition="#fr">An Verſtande und Einſichten von der<lb/>
Frau uͤbertroffen zu werden! Sich von der<lb/>
Frau Erinnerungen und Geſetze geben zu<lb/>
laſſen!</hi> Sie thut noch mehr, als mich verachten:<lb/>ſie hat ſich ſo gar Bedenckzeit genommen, zu uͤber-<lb/>
legen, ob ſie mich nicht haſſet. <hirendition="#fr">Jch haſſe ſie<lb/>
von gantzem Hertzen!</hi>ſagte ſie noch geſtern zu<lb/>
mir. <hirendition="#fr">Meine Seele iſt uͤber dich, Kerl!<lb/>
zwinge mich nicht, dir zu ſagen, wie weit</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">meine</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[267/0273]
Sie ſagt, ich ſey ein Teufel! und ſo viel ich mich
ſelbſt kenne, ſo hat jetzt der Teufel ſehr viel bey
mir, das er das Seinige nennen kann.
Das iſt ein offenhertziges Bekenntniß! So frey
gehe ich gegen dich heraus. Je mehr ich aber
ſelbſt gegen mich ſage, deſto weniger kannſt du mir
vorwerfen. O Belford, Belford, ich kann ohn-
moͤglich, ich kann zum wenigſten jetzt ohnmoͤglich
heyrathen.
Bedencke, daß ihre Anverwandten meine bit-
terſten Feinde ſind. Denen wuͤrde ich zu Fuͤßen
fallen muͤſſen, oder ſie wuͤrde eben ſo misvergnuͤgt
ſeyn, als ich ſie durch meine letzte Tod-Suͤnde ma-
chen kann.
Sie wuͤrde dieſe Leute immer zu viel, und mich
zu wenig lieben.
Sie ſcheinet mich jetzt in der That zu verach-
ten. Die Fraͤulein Howe ſagt es deutlich, daß
ſie mich verachtet. Wie jaͤmmerlich, wie armſee-
lig iſt es aber, wenn man von der Frau ver-
achtet wird? Was iſt das fuͤr eine Vorſtellung!
An Verſtande und Einſichten von der
Frau uͤbertroffen zu werden! Sich von der
Frau Erinnerungen und Geſetze geben zu
laſſen! Sie thut noch mehr, als mich verachten:
ſie hat ſich ſo gar Bedenckzeit genommen, zu uͤber-
legen, ob ſie mich nicht haſſet. Jch haſſe ſie
von gantzem Hertzen! ſagte ſie noch geſtern zu
mir. Meine Seele iſt uͤber dich, Kerl!
zwinge mich nicht, dir zu ſagen, wie weit
meine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/273>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.