vorgefallen sey, und daß der Brief der Fräulein Montague seine erwünschte Wirckung gethan habe: sie höre dennoch aber noch nicht gantz auf, fremde gegen ihn zu thun. Er meint aber, das thue sie nur zum Schein. Er fähret fort:
Es ist einem Frauenzimmer nicht möglich, bey einer solchen Angelegenheit gantz ehrlich zu seyn. Und warum müssen sie sich verstellen? Sie sehen es für eine allzugroße Schande an, das zu scheinen, was sie in der That sind.
Jch beklagte die Unpäßlichkeit der Frau Fret- chville, weil ich dadurch gehindert würde.
Jch bedaurete sehr, daß Frau Fretchville kranck geworden wäre, und ich sie nunmehr nicht vor unserer glücklichen Verbindung in dieses Haus bringen könnte; in welchem sie jeder für eben so frey gehalten haben würde, als sie würcklich sey, und als nöthig sey, wenn ihr Ja-Wort nach dem Urtheil der Welt ein recht freywilliges Ja-Wort heissen sollte. Es ginge mir der verdriesliche Umstand desto mehr zu Gemüthe, weil ich sähe, daß alle meine Basen ihr hätten die Aufwartung machen wollen, unterdessen daß Ehestiftung und alle übrige Vorbereitungen zur Hochzeit und Haus- haltung zu Stande gebracht wären. Sonst um anderer Ursachen willen sey nicht viel daran gele- gen: denn so bald mein erwünschtester Tag zurück- geleget sey, könnten wir nach der Forst, oder
nach
vorgefallen ſey, und daß der Brief der Fraͤulein Montague ſeine erwuͤnſchte Wirckung gethan habe: ſie hoͤre dennoch aber noch nicht gantz auf, fremde gegen ihn zu thun. Er meint aber, das thue ſie nur zum Schein. Er faͤhret fort:
Es iſt einem Frauenzimmer nicht moͤglich, bey einer ſolchen Angelegenheit gantz ehrlich zu ſeyn. Und warum muͤſſen ſie ſich verſtellen? Sie ſehen es fuͤr eine allzugroße Schande an, das zu ſcheinen, was ſie in der That ſind.
Jch beklagte die Unpaͤßlichkeit der Frau Fret- chville, weil ich dadurch gehindert wuͤrde.
Jch bedaurete ſehr, daß Frau Fretchville kranck geworden waͤre, und ich ſie nunmehr nicht vor unſerer gluͤcklichen Verbindung in dieſes Haus bringen koͤnnte; in welchem ſie jeder fuͤr eben ſo frey gehalten haben wuͤrde, als ſie wuͤrcklich ſey, und als noͤthig ſey, wenn ihr Ja-Wort nach dem Urtheil der Welt ein recht freywilliges Ja-Wort heiſſen ſollte. Es ginge mir der verdriesliche Umſtand deſto mehr zu Gemuͤthe, weil ich ſaͤhe, daß alle meine Baſen ihr haͤtten die Aufwartung machen wollen, unterdeſſen daß Eheſtiftung und alle uͤbrige Vorbereitungen zur Hochzeit und Haus- haltung zu Stande gebracht waͤren. Sonſt um anderer Urſachen willen ſey nicht viel daran gele- gen: denn ſo bald mein erwuͤnſchteſter Tag zuruͤck- geleget ſey, koͤnnten wir nach der Forſt, oder
nach
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><hirendition="#et"><pbfacs="#f0286"n="280"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><hirendition="#fr">vorgefallen ſey, und daß der Brief der<lb/>
Fraͤulein Montague ſeine erwuͤnſchte<lb/>
Wirckung gethan habe: ſie hoͤre dennoch<lb/>
aber noch nicht gantz auf, fremde gegen<lb/>
ihn zu thun. Er meint aber, das thue<lb/>ſie nur zum Schein. Er faͤhret fort:</hi></hi></p><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>s iſt einem Frauenzimmer nicht moͤglich, bey<lb/>
einer ſolchen Angelegenheit gantz ehrlich zu<lb/>ſeyn. Und warum muͤſſen ſie ſich verſtellen? Sie<lb/>ſehen es fuͤr eine allzugroße Schande an, das zu<lb/>ſcheinen, was ſie in der That ſind.</p><lb/><p>Jch beklagte die Unpaͤßlichkeit der Frau <hirendition="#fr">Fret-<lb/>
chville,</hi> weil ich dadurch gehindert wuͤrde.</p><lb/><p>Jch bedaurete ſehr, daß Frau <hirendition="#fr">Fretchville</hi><lb/>
kranck geworden waͤre, und ich ſie nunmehr nicht<lb/>
vor unſerer gluͤcklichen Verbindung in dieſes Haus<lb/>
bringen koͤnnte; in welchem ſie jeder fuͤr eben ſo<lb/>
frey gehalten haben wuͤrde, als ſie wuͤrcklich ſey,<lb/>
und als noͤthig ſey, wenn ihr Ja-Wort nach dem<lb/>
Urtheil der Welt ein recht freywilliges Ja-Wort<lb/>
heiſſen ſollte. Es ginge mir der verdriesliche<lb/>
Umſtand deſto mehr zu Gemuͤthe, weil ich ſaͤhe,<lb/>
daß alle meine Baſen ihr haͤtten die Aufwartung<lb/>
machen wollen, unterdeſſen daß Eheſtiftung und<lb/>
alle uͤbrige Vorbereitungen zur Hochzeit und Haus-<lb/>
haltung zu Stande gebracht waͤren. Sonſt um<lb/>
anderer Urſachen willen ſey nicht viel daran gele-<lb/>
gen: denn ſo bald mein erwuͤnſchteſter Tag zuruͤck-<lb/>
geleget ſey, koͤnnten wir nach der <hirendition="#fr">Forſt,</hi> oder<lb/><fwplace="bottom"type="catch">nach</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[280/0286]
vorgefallen ſey, und daß der Brief der
Fraͤulein Montague ſeine erwuͤnſchte
Wirckung gethan habe: ſie hoͤre dennoch
aber noch nicht gantz auf, fremde gegen
ihn zu thun. Er meint aber, das thue
ſie nur zum Schein. Er faͤhret fort:
Es iſt einem Frauenzimmer nicht moͤglich, bey
einer ſolchen Angelegenheit gantz ehrlich zu
ſeyn. Und warum muͤſſen ſie ſich verſtellen? Sie
ſehen es fuͤr eine allzugroße Schande an, das zu
ſcheinen, was ſie in der That ſind.
Jch beklagte die Unpaͤßlichkeit der Frau Fret-
chville, weil ich dadurch gehindert wuͤrde.
Jch bedaurete ſehr, daß Frau Fretchville
kranck geworden waͤre, und ich ſie nunmehr nicht
vor unſerer gluͤcklichen Verbindung in dieſes Haus
bringen koͤnnte; in welchem ſie jeder fuͤr eben ſo
frey gehalten haben wuͤrde, als ſie wuͤrcklich ſey,
und als noͤthig ſey, wenn ihr Ja-Wort nach dem
Urtheil der Welt ein recht freywilliges Ja-Wort
heiſſen ſollte. Es ginge mir der verdriesliche
Umſtand deſto mehr zu Gemuͤthe, weil ich ſaͤhe,
daß alle meine Baſen ihr haͤtten die Aufwartung
machen wollen, unterdeſſen daß Eheſtiftung und
alle uͤbrige Vorbereitungen zur Hochzeit und Haus-
haltung zu Stande gebracht waͤren. Sonſt um
anderer Urſachen willen ſey nicht viel daran gele-
gen: denn ſo bald mein erwuͤnſchteſter Tag zuruͤck-
geleget ſey, koͤnnten wir nach der Forſt, oder
nach
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/286>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.