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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

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stellen, als wenn sie auf seinen Gütern und in Bey-
seyn aller meiner Verwandtinnen gefeyret würde,
sonderlich da er an der Pracht so vieles Vergnü-
gen fände.

Sie antwortete: eine öffentliche Hochzeit sey ihr
unerträglich. Es würde das Ansehen haben, als
wenn sie den Jhrigen trotzen wollte. Wenn mein
Onckle es nicht ungnädig nähme, (wie sie denn
hoffete, daß er sich diese Aenderung gefallen lassen
würde, da sie an der ersten Einladung keinen An-
theil gehabt hätte) so wollte sie sich des Vergnü-
gens und der Ehre begeben, dazu ihr seine Gegen-
wart in andern Umständen gereichen würde; inson-
derheit weil sie alsdenn nicht genöthiget wäre, ei-
nen Staat in Kleidern zu machen. Denn es wä-
re ihr ohnmöglich, sich herauszuputzen, da ihre El-
tern noch in Thränen schwämmen.

Wie schön ist das, wenn ihre Eltern nicht ver-
dieneten, in Thränen zu schwimmen!

Siehe Belford, mit einem solchen Frauen-
zimmer könnte ich meiner Meinung nach schon al-
les ausgemacht haben, und doch kaum auf der er-
sten Stuffe stehen.

Jch war der Gehorsam und die Verleugnung
selbst. Jch hatte keinen andern Willen, als den
ihrigen. Jch stand auf, und schrieb so gleich an
meinen Onckle, und als sie den Brief nicht misbil-
ligte, schickte ich ihn weg. Jch habe keine Ab-
schrift behalten, der Haupt-Jnhalt aber war: "ich
"sey seiner Gnaden sehr für die mir zugedachte
"Gütigkeit verbunden, daß sie mich bey der wich-

"tigsten



ſtellen, als wenn ſie auf ſeinen Guͤtern und in Bey-
ſeyn aller meiner Verwandtinnen gefeyret wuͤrde,
ſonderlich da er an der Pracht ſo vieles Vergnuͤ-
gen faͤnde.

Sie antwortete: eine oͤffentliche Hochzeit ſey ihr
unertraͤglich. Es wuͤrde das Anſehen haben, als
wenn ſie den Jhrigen trotzen wollte. Wenn mein
Onckle es nicht ungnaͤdig naͤhme, (wie ſie denn
hoffete, daß er ſich dieſe Aenderung gefallen laſſen
wuͤrde, da ſie an der erſten Einladung keinen An-
theil gehabt haͤtte) ſo wollte ſie ſich des Vergnuͤ-
gens und der Ehre begeben, dazu ihr ſeine Gegen-
wart in andern Umſtaͤnden gereichen wuͤrde; inſon-
derheit weil ſie alsdenn nicht genoͤthiget waͤre, ei-
nen Staat in Kleidern zu machen. Denn es waͤ-
re ihr ohnmoͤglich, ſich herauszuputzen, da ihre El-
tern noch in Thraͤnen ſchwaͤmmen.

Wie ſchoͤn iſt das, wenn ihre Eltern nicht ver-
dieneten, in Thraͤnen zu ſchwimmen!

Siehe Belford, mit einem ſolchen Frauen-
zimmer koͤnnte ich meiner Meinung nach ſchon al-
les ausgemacht haben, und doch kaum auf der er-
ſten Stuffe ſtehen.

Jch war der Gehorſam und die Verleugnung
ſelbſt. Jch hatte keinen andern Willen, als den
ihrigen. Jch ſtand auf, und ſchrieb ſo gleich an
meinen Onckle, und als ſie den Brief nicht misbil-
ligte, ſchickte ich ihn weg. Jch habe keine Ab-
ſchrift behalten, der Haupt-Jnhalt aber war: „ich
„ſey ſeiner Gnaden ſehr fuͤr die mir zugedachte
„Guͤtigkeit verbunden, daß ſie mich bey der wich-

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[306/0312] ſtellen, als wenn ſie auf ſeinen Guͤtern und in Bey- ſeyn aller meiner Verwandtinnen gefeyret wuͤrde, ſonderlich da er an der Pracht ſo vieles Vergnuͤ- gen faͤnde. Sie antwortete: eine oͤffentliche Hochzeit ſey ihr unertraͤglich. Es wuͤrde das Anſehen haben, als wenn ſie den Jhrigen trotzen wollte. Wenn mein Onckle es nicht ungnaͤdig naͤhme, (wie ſie denn hoffete, daß er ſich dieſe Aenderung gefallen laſſen wuͤrde, da ſie an der erſten Einladung keinen An- theil gehabt haͤtte) ſo wollte ſie ſich des Vergnuͤ- gens und der Ehre begeben, dazu ihr ſeine Gegen- wart in andern Umſtaͤnden gereichen wuͤrde; inſon- derheit weil ſie alsdenn nicht genoͤthiget waͤre, ei- nen Staat in Kleidern zu machen. Denn es waͤ- re ihr ohnmoͤglich, ſich herauszuputzen, da ihre El- tern noch in Thraͤnen ſchwaͤmmen. Wie ſchoͤn iſt das, wenn ihre Eltern nicht ver- dieneten, in Thraͤnen zu ſchwimmen! Siehe Belford, mit einem ſolchen Frauen- zimmer koͤnnte ich meiner Meinung nach ſchon al- les ausgemacht haben, und doch kaum auf der er- ſten Stuffe ſtehen. Jch war der Gehorſam und die Verleugnung ſelbſt. Jch hatte keinen andern Willen, als den ihrigen. Jch ſtand auf, und ſchrieb ſo gleich an meinen Onckle, und als ſie den Brief nicht misbil- ligte, ſchickte ich ihn weg. Jch habe keine Ab- ſchrift behalten, der Haupt-Jnhalt aber war: „ich „ſey ſeiner Gnaden ſehr fuͤr die mir zugedachte „Guͤtigkeit verbunden, daß ſie mich bey der wich- „tigſten

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/312>, abgerufen am 26.11.2024.