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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

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schreiben, als solch Zeug, damit man den Teufel
vergeben könnte? Wenn man in der andern Welt
auch Quacksalberey einnehmen sollte, so wäre es
für die Sünden dieses Lebens Strafe genug-
Wenn der Doctor auf der einen und der Apo-
thecker
auf der andern Seite sitzt, und die arme
Seele von beyden gestraft wird, so braucht es we-
der Furien noch Folter-Knechte.

Jch mußte es nehmen, um elend auszusehen.
Es hat seine Wirckung gehabt. Jch schluckte so
viel hinter, daß ich kranck ward, und nahm so
wenig Wasser dazu, daß es nicht so gleich wieder
fortgehen konnte. Jch sahe aus, als wenn ich
schon 14 Tage lang zu Bette gelegen hätte. Mit-
ten unter dem Brechen dachte ich daran, daß es
sich mit einem spitzigen Messer nicht gut spielen
läßt, und noch schlimmer mit Artzeneyen.

Meine Unpäßlichkeit hielt zwey Stunden an-
Es ward der Dorcas scharf verboten, meiner
Geliebten nichts davon zu sagen, um sie nicht zu
betrüben. Jch wollte meiner Fräulein durch die-
ses Verbot (welches sie wieder erfuhr) zu verste-
hen geben, daß ich von ihr erwartete, daß sie über
meine Kranckheit bekümmert seyn würde. Was
für ein verächtlicher Kloß müßte der seyn, dem
sein eigenes Hertz saget, daß sich niemand über
ihn betrüben kann?

Dorcas ist ein Mädchen. Sie wird ja ein
Geheimniß ausplaudern können, das ihr anver-
trauet ist.

Komm
X 2



ſchreiben, als ſolch Zeug, damit man den Teufel
vergeben koͤnnte? Wenn man in der andern Welt
auch Quackſalberey einnehmen ſollte, ſo waͤre es
fuͤr die Suͤnden dieſes Lebens Strafe genug-
Wenn der Doctor auf der einen und der Apo-
thecker
auf der andern Seite ſitzt, und die arme
Seele von beyden geſtraft wird, ſo braucht es we-
der Furien noch Folter-Knechte.

Jch mußte es nehmen, um elend auszuſehen.
Es hat ſeine Wirckung gehabt. Jch ſchluckte ſo
viel hinter, daß ich kranck ward, und nahm ſo
wenig Waſſer dazu, daß es nicht ſo gleich wieder
fortgehen konnte. Jch ſahe aus, als wenn ich
ſchon 14 Tage lang zu Bette gelegen haͤtte. Mit-
ten unter dem Brechen dachte ich daran, daß es
ſich mit einem ſpitzigen Meſſer nicht gut ſpielen
laͤßt, und noch ſchlimmer mit Artzeneyen.

Meine Unpaͤßlichkeit hielt zwey Stunden an-
Es ward der Dorcas ſcharf verboten, meiner
Geliebten nichts davon zu ſagen, um ſie nicht zu
betruͤben. Jch wollte meiner Fraͤulein durch die-
ſes Verbot (welches ſie wieder erfuhr) zu verſte-
hen geben, daß ich von ihr erwartete, daß ſie uͤber
meine Kranckheit bekuͤmmert ſeyn wuͤrde. Was
fuͤr ein veraͤchtlicher Kloß muͤßte der ſeyn, dem
ſein eigenes Hertz ſaget, daß ſich niemand uͤber
ihn betruͤben kann?

Dorcas iſt ein Maͤdchen. Sie wird ja ein
Geheimniß ausplaudern koͤnnen, das ihr anver-
trauet iſt.

Komm
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[323/0329] ſchreiben, als ſolch Zeug, damit man den Teufel vergeben koͤnnte? Wenn man in der andern Welt auch Quackſalberey einnehmen ſollte, ſo waͤre es fuͤr die Suͤnden dieſes Lebens Strafe genug- Wenn der Doctor auf der einen und der Apo- thecker auf der andern Seite ſitzt, und die arme Seele von beyden geſtraft wird, ſo braucht es we- der Furien noch Folter-Knechte. Jch mußte es nehmen, um elend auszuſehen. Es hat ſeine Wirckung gehabt. Jch ſchluckte ſo viel hinter, daß ich kranck ward, und nahm ſo wenig Waſſer dazu, daß es nicht ſo gleich wieder fortgehen konnte. Jch ſahe aus, als wenn ich ſchon 14 Tage lang zu Bette gelegen haͤtte. Mit- ten unter dem Brechen dachte ich daran, daß es ſich mit einem ſpitzigen Meſſer nicht gut ſpielen laͤßt, und noch ſchlimmer mit Artzeneyen. Meine Unpaͤßlichkeit hielt zwey Stunden an- Es ward der Dorcas ſcharf verboten, meiner Geliebten nichts davon zu ſagen, um ſie nicht zu betruͤben. Jch wollte meiner Fraͤulein durch die- ſes Verbot (welches ſie wieder erfuhr) zu verſte- hen geben, daß ich von ihr erwartete, daß ſie uͤber meine Kranckheit bekuͤmmert ſeyn wuͤrde. Was fuͤr ein veraͤchtlicher Kloß muͤßte der ſeyn, dem ſein eigenes Hertz ſaget, daß ſich niemand uͤber ihn betruͤben kann? Dorcas iſt ein Maͤdchen. Sie wird ja ein Geheimniß ausplaudern koͤnnen, das ihr anver- trauet iſt. Komm X 2

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/329>, abgerufen am 25.11.2024.