Jch bekam einen gelinden Verweis, daß ich von einem so großen Uebel so leichtsinnig redete - - - Denn was ist der Verlust der Schönheit, gegen den Verlust eines guten Ehegatten? - - - Vor- treffliches Gemüthe!
Jhre Hoffnung, und ihr Vergnügen über die- se Hoffnung, daß Fräulein Howes Mutter mit ihr würde versöhnt werden, kam auch vor das gute Fräulein Howes; so drückte sie sich von ei- nem Frauenzimmer aus, die so geitzig und bey ih- rem Geitze so ohne Gewissensbisse ist, daß sie sonst niemand gut nennen wird. Aber meine vortreff- liche Geliebte erstreckt ihre Huld so weit, daß sie von dem verächtlichsten Thiere, wenn es denjeni- gen die sie hoch hält angehört, mit einer Art von Werthe redet. Liebt mich, und liebet meinen Hanns, habe ich den Lord M. sagen hören. - - Wer weiß ob ich sie nicht einmahl da- hin bringe, daß sie aus Gefälligkeit für mich gut von dir urtheilt, Hanns?
Doch was habe ich vor? - - Suche ich nicht diese gantze Zeit über mein Hertze zu bändi- gen? - - Jch weiß es, daß ich dieses suche, ver- möge der Bisse die es empfindet, da meine Feder das Zeugniß ihrer Vortrefflichkeit hinschreibt. Noch muß ich aber hinzusetzen, (denn keine Eigen- liebe soll mich hindern, diesem wundernswürdigen Frauenzimmer Gerechtigkeit wiederfahren zu las- sen,) daß sie bey dieser Unterredung in allen Thei- len der Haus-Wirthschaft, die unter die Sorgfalt
der
Jch bekam einen gelinden Verweis, daß ich von einem ſo großen Uebel ſo leichtſinnig redete ‒ ‒ ‒ Denn was iſt der Verluſt der Schoͤnheit, gegen den Verluſt eines guten Ehegatten? ‒ ‒ ‒ Vor- treffliches Gemuͤthe!
Jhre Hoffnung, und ihr Vergnuͤgen uͤber die- ſe Hoffnung, daß Fraͤulein Howes Mutter mit ihr wuͤrde verſoͤhnt werden, kam auch vor das gute Fraͤulein Howes; ſo druͤckte ſie ſich von ei- nem Frauenzimmer aus, die ſo geitzig und bey ih- rem Geitze ſo ohne Gewiſſensbiſſe iſt, daß ſie ſonſt niemand gut nennen wird. Aber meine vortreff- liche Geliebte erſtreckt ihre Huld ſo weit, daß ſie von dem veraͤchtlichſten Thiere, wenn es denjeni- gen die ſie hoch haͤlt angehoͤrt, mit einer Art von Werthe redet. Liebt mich, und liebet meinen Hanns, habe ich den Lord M. ſagen hoͤren. ‒ ‒ Wer weiß ob ich ſie nicht einmahl da- hin bringe, daß ſie aus Gefaͤlligkeit fuͤr mich gut von dir urtheilt, Hanns?
Doch was habe ich vor? ‒ ‒ Suche ich nicht dieſe gantze Zeit uͤber mein Hertze zu baͤndi- gen? ‒ ‒ Jch weiß es, daß ich dieſes ſuche, ver- moͤge der Biſſe die es empfindet, da meine Feder das Zeugniß ihrer Vortrefflichkeit hinſchreibt. Noch muß ich aber hinzuſetzen, (denn keine Eigen- liebe ſoll mich hindern, dieſem wundernswuͤrdigen Frauenzimmer Gerechtigkeit wiederfahren zu laſ- ſen,) daß ſie bey dieſer Unterredung in allen Thei- len der Haus-Wirthſchaft, die unter die Sorgfalt
der
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Jch bekam einen gelinden Verweis, daß ich
von einem ſo großen Uebel ſo leichtſinnig redete ‒ ‒ ‒
Denn was iſt der Verluſt der Schoͤnheit, gegen
den Verluſt eines guten Ehegatten? ‒ ‒ ‒ Vor-
treffliches Gemuͤthe!
Jhre Hoffnung, und ihr Vergnuͤgen uͤber die-
ſe Hoffnung, daß Fraͤulein Howes Mutter mit
ihr wuͤrde verſoͤhnt werden, kam auch vor das
gute Fraͤulein Howes; ſo druͤckte ſie ſich von ei-
nem Frauenzimmer aus, die ſo geitzig und bey ih-
rem Geitze ſo ohne Gewiſſensbiſſe iſt, daß ſie ſonſt
niemand gut nennen wird. Aber meine vortreff-
liche Geliebte erſtreckt ihre Huld ſo weit, daß ſie
von dem veraͤchtlichſten Thiere, wenn es denjeni-
gen die ſie hoch haͤlt angehoͤrt, mit einer
Art von Werthe redet. Liebt mich, und
liebet meinen Hanns, habe ich den Lord M. ſagen
hoͤren. ‒ ‒ Wer weiß ob ich ſie nicht einmahl da-
hin bringe, daß ſie aus Gefaͤlligkeit fuͤr mich gut
von dir urtheilt, Hanns?
Doch was habe ich vor? ‒ ‒ Suche ich
nicht dieſe gantze Zeit uͤber mein Hertze zu baͤndi-
gen? ‒ ‒ Jch weiß es, daß ich dieſes ſuche, ver-
moͤge der Biſſe die es empfindet, da meine Feder
das Zeugniß ihrer Vortrefflichkeit hinſchreibt.
Noch muß ich aber hinzuſetzen, (denn keine Eigen-
liebe ſoll mich hindern, dieſem wundernswuͤrdigen
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/400>, abgerufen am 22.11.2024.
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