Mir ist vor nichts bange; da ich weiß, wer eben das gesagt hat; vor nichts, was der Teufel, er sey fleischern oder eingefleischt, offenbar gegen eine so befestigte Tugend unternehmen kann - - Aber vor List und Gewalt, meine liebste Freun-* dinn, die Sie in einem solchen Hause und unter den gedachten Umständen übereilen möchte, ist mir sehr bange. Der Kerl hat schon sonst über Personen, die seiner Hand vollkommen würdig* waren, gefrohlocket.
Was haben Sie denn anders zu thun, als dieß Haus, dieß höllische Haus zu fliehen! - - O daß Jhr Herz Jhnen erlauben möchte, ihn* auch zu fliehen!
Sollten Sie hierzu geneigt seyn: so wird Fr.* Townsend Jhnen zu Befehl stehen - - Doch wofern Sie keine Hindernisse, keine neue Ursa- chen zu zweifeln, finden: so halte ich dafür, Jh- re Ehre vor den Augen der Welt, wenn gleich nicht ihre Glückseligkeit, erfordere es, daß Sie seine Gemahlinn werden - - Und gleichwohl kann ich auch nicht ertragen, daß solche liederliche Leu- te die Krone von unserm Geschlechte zur Beloh-* nung für ihre ehrenlose Aufführung bekommen sollten, da der Schaum von demselben für sie noch zu gut ist.
Allein wo Sie den geringsten Grund zum Verdacht finden; wo er Sie in dem verhaßten Hause länger aufhalten, oder wünschen sollte, daß Sie in demselben bleiben; da Sie nunmehr wis- sen, was es für Leute sind: so fliehen Sie ihn,*
Jhre
Mir iſt vor nichts bange; da ich weiß, wer eben das geſagt hat; vor nichts, was der Teufel, er ſey fleiſchern oder eingefleiſcht, offenbar gegen eine ſo befeſtigte Tugend unternehmen kann ‒ ‒ Aber vor Liſt und Gewalt, meine liebſte Freun-* dinn, die Sie in einem ſolchen Hauſe und unter den gedachten Umſtaͤnden uͤbereilen moͤchte, iſt mir ſehr bange. Der Kerl hat ſchon ſonſt uͤber Perſonen, die ſeiner Hand vollkommen wuͤrdig* waren, gefrohlocket.
Was haben Sie denn anders zu thun, als dieß Haus, dieß hoͤlliſche Haus zu fliehen! ‒ ‒ O daß Jhr Herz Jhnen erlauben moͤchte, ihn* auch zu fliehen!
Sollten Sie hierzu geneigt ſeyn: ſo wird Fr.* Townſend Jhnen zu Befehl ſtehen ‒ ‒ Doch wofern Sie keine Hinderniſſe, keine neue Urſa- chen zu zweifeln, finden: ſo halte ich dafuͤr, Jh- re Ehre vor den Augen der Welt, wenn gleich nicht ihre Gluͤckſeligkeit, erfordere es, daß Sie ſeine Gemahlinn werden ‒ ‒ Und gleichwohl kann ich auch nicht ertragen, daß ſolche liederliche Leu- te die Krone von unſerm Geſchlechte zur Beloh-* nung fuͤr ihre ehrenloſe Auffuͤhrung bekommen ſollten, da der Schaum von demſelben fuͤr ſie noch zu gut iſt.
Allein wo Sie den geringſten Grund zum Verdacht finden; wo er Sie in dem verhaßten Hauſe laͤnger aufhalten, oder wuͤnſchen ſollte, daß Sie in demſelben bleiben; da Sie nunmehr wiſ- ſen, was es fuͤr Leute ſind: ſo fliehen Sie ihn,*
Jhre
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Mir iſt vor nichts bange; da ich weiß, wer
eben das geſagt hat; vor nichts, was der Teufel,
er ſey fleiſchern oder eingefleiſcht, offenbar gegen
eine ſo befeſtigte Tugend unternehmen kann ‒ ‒
Aber vor Liſt und Gewalt, meine liebſte Freun-
dinn, die Sie in einem ſolchen Hauſe und unter
den gedachten Umſtaͤnden uͤbereilen moͤchte, iſt
mir ſehr bange. Der Kerl hat ſchon ſonſt uͤber
Perſonen, die ſeiner Hand vollkommen wuͤrdig
waren, gefrohlocket.
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Was haben Sie denn anders zu thun, als
dieß Haus, dieß hoͤlliſche Haus zu fliehen! ‒ ‒
O daß Jhr Herz Jhnen erlauben moͤchte, ihn
auch zu fliehen!
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Sollten Sie hierzu geneigt ſeyn: ſo wird Fr.
Townſend Jhnen zu Befehl ſtehen ‒ ‒ Doch
wofern Sie keine Hinderniſſe, keine neue Urſa-
chen zu zweifeln, finden: ſo halte ich dafuͤr, Jh-
re Ehre vor den Augen der Welt, wenn gleich
nicht ihre Gluͤckſeligkeit, erfordere es, daß Sie
ſeine Gemahlinn werden ‒ ‒ Und gleichwohl kann
ich auch nicht ertragen, daß ſolche liederliche Leu-
te die Krone von unſerm Geſchlechte zur Beloh-
nung fuͤr ihre ehrenloſe Auffuͤhrung bekommen
ſollten, da der Schaum von demſelben fuͤr ſie noch
zu gut iſt.
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Allein wo Sie den geringſten Grund zum
Verdacht finden; wo er Sie in dem verhaßten
Hauſe laͤnger aufhalten, oder wuͤnſchen ſollte, daß
Sie in demſelben bleiben; da Sie nunmehr wiſ-
ſen, was es fuͤr Leute ſind: ſo fliehen Sie ihn,
Jhre
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/165>, abgerufen am 11.12.2024.
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