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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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Jch bin hier desto sicherer, da ich mich gegen die
Leute in dem Hause, wo mich die Kutsche nieder-
setzte, verlauten lassen, als wenn ich auf dem
Wege nach Hendon, einem Flecken nicht weit
von hier, einen Wagen für mich erwartete. Und
als ich von ihrem Hause wegging, ging ich rück-
und vorwärts auf dem Hügel; zuerst, weil ich
nicht wußte, was ich thun sollte; und hernach,
damit ich gewiß wäre, daß ich nicht belauret
würde, ehe ich es wagen wollte, mich nach einem
Zimmer zu erkundigen.

Sie werden Jhren Brief an mich, meine
geliebteste Freundinn, unter dem Namen von
Frau Harriot Lucas ergehen lassen.

Hätte ich meine Flucht damals nicht bewerk-
stelligen können, als ich es wirklich that: so
war ich entschlossen, es einmal über das andere
zu versuchen. Er war zu der Rechtscammer
gegangen, sich um einen Trauschein zu bewer-
ben; wie er mir schriftlich gemeldet hatte. Denn
ich wollte ihn nicht sehen: ob mir gleich das
Versprechen, ihn zu sehen, von ihm abgedrungen
war.

Wie schwer, wie fast unmöglich ist es, meine
Allerliebste, manche kleine Vergehungen zu ver-
meiden, wenn wir einmal in einen Hauptfehler
hingerissen sind!

Aus Furcht, ich möchte bey meinem ersten
Versuche nicht wegkommen, hatte ich ihm gemel-
det, daß ich unter einer Wochen Frist kein Auge
auf ihn richten wollte: damit ich auf verschiedne

Art
M 2



Jch bin hier deſto ſicherer, da ich mich gegen die
Leute in dem Hauſe, wo mich die Kutſche nieder-
ſetzte, verlauten laſſen, als wenn ich auf dem
Wege nach Hendon, einem Flecken nicht weit
von hier, einen Wagen fuͤr mich erwartete. Und
als ich von ihrem Hauſe wegging, ging ich ruͤck-
und vorwaͤrts auf dem Huͤgel; zuerſt, weil ich
nicht wußte, was ich thun ſollte; und hernach,
damit ich gewiß waͤre, daß ich nicht belauret
wuͤrde, ehe ich es wagen wollte, mich nach einem
Zimmer zu erkundigen.

Sie werden Jhren Brief an mich, meine
geliebteſte Freundinn, unter dem Namen von
Frau Harriot Lucas ergehen laſſen.

Haͤtte ich meine Flucht damals nicht bewerk-
ſtelligen koͤnnen, als ich es wirklich that: ſo
war ich entſchloſſen, es einmal uͤber das andere
zu verſuchen. Er war zu der Rechtscammer
gegangen, ſich um einen Trauſchein zu bewer-
ben; wie er mir ſchriftlich gemeldet hatte. Denn
ich wollte ihn nicht ſehen: ob mir gleich das
Verſprechen, ihn zu ſehen, von ihm abgedrungen
war.

Wie ſchwer, wie faſt unmoͤglich iſt es, meine
Allerliebſte, manche kleine Vergehungen zu ver-
meiden, wenn wir einmal in einen Hauptfehler
hingeriſſen ſind!

Aus Furcht, ich moͤchte bey meinem erſten
Verſuche nicht wegkommen, hatte ich ihm gemel-
det, daß ich unter einer Wochen Friſt kein Auge
auf ihn richten wollte: damit ich auf verſchiedne

Art
M 2
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[179/0185] Jch bin hier deſto ſicherer, da ich mich gegen die Leute in dem Hauſe, wo mich die Kutſche nieder- ſetzte, verlauten laſſen, als wenn ich auf dem Wege nach Hendon, einem Flecken nicht weit von hier, einen Wagen fuͤr mich erwartete. Und als ich von ihrem Hauſe wegging, ging ich ruͤck- und vorwaͤrts auf dem Huͤgel; zuerſt, weil ich nicht wußte, was ich thun ſollte; und hernach, damit ich gewiß waͤre, daß ich nicht belauret wuͤrde, ehe ich es wagen wollte, mich nach einem Zimmer zu erkundigen. Sie werden Jhren Brief an mich, meine geliebteſte Freundinn, unter dem Namen von Frau Harriot Lucas ergehen laſſen. Haͤtte ich meine Flucht damals nicht bewerk- ſtelligen koͤnnen, als ich es wirklich that: ſo war ich entſchloſſen, es einmal uͤber das andere zu verſuchen. Er war zu der Rechtscammer gegangen, ſich um einen Trauſchein zu bewer- ben; wie er mir ſchriftlich gemeldet hatte. Denn ich wollte ihn nicht ſehen: ob mir gleich das Verſprechen, ihn zu ſehen, von ihm abgedrungen war. Wie ſchwer, wie faſt unmoͤglich iſt es, meine Allerliebſte, manche kleine Vergehungen zu ver- meiden, wenn wir einmal in einen Hauptfehler hingeriſſen ſind! Aus Furcht, ich moͤchte bey meinem erſten Verſuche nicht wegkommen, hatte ich ihm gemel- det, daß ich unter einer Wochen Friſt kein Auge auf ihn richten wollte: damit ich auf verſchiedne Art M 2

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/185>, abgerufen am 04.12.2024.