Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



gleichwohl hörte ich in dem nächsten Zimmer Wei-
besstimmen. Davon bin ich versichert. - - Jst das
nicht offenbar ein von ihnen allen gespielter Streich?
Gott sey gelobet, ich bin aus ihrem Hause gekommen!

Jedoch ist mein Schrecken noch nicht vor-
über. Jch kann mich schwerlich für sicher hal-
ten. So oft ich aus meinem Fenster eine wohl-
gekleidete Mannsperson zu Pferde oder zu Fuße
sehe: so denke ich, daß er es schon ist.

Jch weiß, daß Sie Jhre Antwort beschleu-
nigen werden. Morgen frühe wird man mir
einen Kerl zu Pferde verschaffen, der mein ge-
genwärtiges überbringen soll. Aber Sie können
gewiß durch eben den Menschen mir keine Ant-
wort zurückschicken: weil Sie erst mit der Frau
Townsend sprechen müssen. Jch werde inzwi-
schen mit Ungeduld warten, bis sie antworten
können: da ich keinen Freund oder Freundinn
außer Jhnen habe, an die ich mich wenden möchte,
und hier in dieser Gegend so fremd bin, daß ich
nicht weiß, welchen Weg ich wählen, wohin ich
gehen, oder was ich thun soll. - Wie schrecklich
habe ich mir dieselbe gemacht!

Frau Moore, in deren Hause ich bin, ist ei-
ne Wittwe und von guter Gemüthsart. Diese
Nachricht habe ich von einem ihrer Nachbaren
eingezogen, bey dem ich ein Schnupftuch kaufte,
bloß in der Absicht, mich zu erkundigen, ehe ich
es auf alle Gefahr wagen wollte.

Jch werde keinen Fuß aus der Thüre setzen,
bis ich Jhren Rath und Jhre Meynung weiß.

Jch



gleichwohl hoͤrte ich in dem naͤchſten Zimmer Wei-
besſtimmen. Davon bin ich verſichert. ‒ ‒ Jſt das
nicht offenbar ein von ihnen allen geſpielter Streich?
Gott ſey gelobet, ich bin aus ihrem Hauſe gekom̃en!

Jedoch iſt mein Schrecken noch nicht vor-
uͤber. Jch kann mich ſchwerlich fuͤr ſicher hal-
ten. So oft ich aus meinem Fenſter eine wohl-
gekleidete Mannsperſon zu Pferde oder zu Fuße
ſehe: ſo denke ich, daß er es ſchon iſt.

Jch weiß, daß Sie Jhre Antwort beſchleu-
nigen werden. Morgen fruͤhe wird man mir
einen Kerl zu Pferde verſchaffen, der mein ge-
genwaͤrtiges uͤberbringen ſoll. Aber Sie koͤnnen
gewiß durch eben den Menſchen mir keine Ant-
wort zuruͤckſchicken: weil Sie erſt mit der Frau
Townſend ſprechen muͤſſen. Jch werde inzwi-
ſchen mit Ungeduld warten, bis ſie antworten
koͤnnen: da ich keinen Freund oder Freundinn
außer Jhnen habe, an die ich mich wenden moͤchte,
und hier in dieſer Gegend ſo fremd bin, daß ich
nicht weiß, welchen Weg ich waͤhlen, wohin ich
gehen, oder was ich thun ſoll. ‒ Wie ſchrecklich
habe ich mir dieſelbe gemacht!

Frau Moore, in deren Hauſe ich bin, iſt ei-
ne Wittwe und von guter Gemuͤthsart. Dieſe
Nachricht habe ich von einem ihrer Nachbaren
eingezogen, bey dem ich ein Schnupftuch kaufte,
bloß in der Abſicht, mich zu erkundigen, ehe ich
es auf alle Gefahr wagen wollte.

Jch werde keinen Fuß aus der Thuͤre ſetzen,
bis ich Jhren Rath und Jhre Meynung weiß.

Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0184" n="178"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
gleichwohl ho&#x0364;rte ich in dem na&#x0364;ch&#x017F;ten Zimmer Wei-<lb/>
bes&#x017F;timmen. Davon bin ich ver&#x017F;ichert. &#x2012; &#x2012; J&#x017F;t das<lb/>
nicht offenbar ein von ihnen allen ge&#x017F;pielter Streich?<lb/>
Gott &#x017F;ey gelobet, ich bin aus ihrem Hau&#x017F;e gekom&#x0303;en!</p><lb/>
          <p>Jedoch i&#x017F;t mein Schrecken noch nicht vor-<lb/>
u&#x0364;ber. Jch kann mich &#x017F;chwerlich fu&#x0364;r &#x017F;icher hal-<lb/>
ten. So oft ich aus meinem Fen&#x017F;ter eine wohl-<lb/>
gekleidete Mannsper&#x017F;on zu Pferde oder zu Fuße<lb/>
&#x017F;ehe: &#x017F;o denke ich, daß er es &#x017F;chon i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Jch weiß, daß Sie Jhre Antwort be&#x017F;chleu-<lb/>
nigen werden. Morgen fru&#x0364;he wird man mir<lb/>
einen Kerl zu Pferde ver&#x017F;chaffen, der mein ge-<lb/>
genwa&#x0364;rtiges u&#x0364;berbringen &#x017F;oll. Aber Sie ko&#x0364;nnen<lb/>
gewiß durch eben den Men&#x017F;chen mir keine Ant-<lb/>
wort zuru&#x0364;ck&#x017F;chicken: weil Sie er&#x017F;t mit der Frau<lb/>
Town&#x017F;end &#x017F;prechen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Jch werde inzwi-<lb/>
&#x017F;chen mit Ungeduld warten, bis &#x017F;ie antworten<lb/>
ko&#x0364;nnen: da ich keinen Freund oder Freundinn<lb/>
außer Jhnen habe, an die ich mich wenden mo&#x0364;chte,<lb/>
und hier in die&#x017F;er Gegend &#x017F;o fremd bin, daß ich<lb/>
nicht weiß, welchen Weg ich wa&#x0364;hlen, wohin ich<lb/>
gehen, oder was ich thun &#x017F;oll. &#x2012; Wie &#x017F;chrecklich<lb/>
habe ich mir die&#x017F;elbe gemacht!</p><lb/>
          <p>Frau Moore, in deren Hau&#x017F;e ich bin, i&#x017F;t ei-<lb/>
ne Wittwe und von guter Gemu&#x0364;thsart. Die&#x017F;e<lb/>
Nachricht habe ich von einem ihrer Nachbaren<lb/>
eingezogen, bey dem ich ein Schnupftuch kaufte,<lb/>
bloß in der Ab&#x017F;icht, mich zu erkundigen, ehe ich<lb/>
es auf alle Gefahr wagen wollte.</p><lb/>
          <p>Jch werde keinen Fuß aus der Thu&#x0364;re &#x017F;etzen,<lb/>
bis ich Jhren Rath und Jhre Meynung weiß.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0184] gleichwohl hoͤrte ich in dem naͤchſten Zimmer Wei- besſtimmen. Davon bin ich verſichert. ‒ ‒ Jſt das nicht offenbar ein von ihnen allen geſpielter Streich? Gott ſey gelobet, ich bin aus ihrem Hauſe gekom̃en! Jedoch iſt mein Schrecken noch nicht vor- uͤber. Jch kann mich ſchwerlich fuͤr ſicher hal- ten. So oft ich aus meinem Fenſter eine wohl- gekleidete Mannsperſon zu Pferde oder zu Fuße ſehe: ſo denke ich, daß er es ſchon iſt. Jch weiß, daß Sie Jhre Antwort beſchleu- nigen werden. Morgen fruͤhe wird man mir einen Kerl zu Pferde verſchaffen, der mein ge- genwaͤrtiges uͤberbringen ſoll. Aber Sie koͤnnen gewiß durch eben den Menſchen mir keine Ant- wort zuruͤckſchicken: weil Sie erſt mit der Frau Townſend ſprechen muͤſſen. Jch werde inzwi- ſchen mit Ungeduld warten, bis ſie antworten koͤnnen: da ich keinen Freund oder Freundinn außer Jhnen habe, an die ich mich wenden moͤchte, und hier in dieſer Gegend ſo fremd bin, daß ich nicht weiß, welchen Weg ich waͤhlen, wohin ich gehen, oder was ich thun ſoll. ‒ Wie ſchrecklich habe ich mir dieſelbe gemacht! Frau Moore, in deren Hauſe ich bin, iſt ei- ne Wittwe und von guter Gemuͤthsart. Dieſe Nachricht habe ich von einem ihrer Nachbaren eingezogen, bey dem ich ein Schnupftuch kaufte, bloß in der Abſicht, mich zu erkundigen, ehe ich es auf alle Gefahr wagen wollte. Jch werde keinen Fuß aus der Thuͤre ſetzen, bis ich Jhren Rath und Jhre Meynung weiß. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/184
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/184>, abgerufen am 04.12.2024.