ger Betrieger, der immer neue Eingriffe zu thun suchet! Hat es mit ihren Schmeichelworten ein solches Absehen? - - So weit auch die Sache schon gegangen seyn mag: so will ich mich doch ihrer auf ewig entsagen. Sie haben ein hassens- würdiges Herz. Lassen sie mich gehen, ich sage es ihnen - -
Jch mußte gehorchen, und sie eilte mit Ge- walt von mir, indem sie nur die vorigen Worte, niederträchtiger, mit dem Zusatz schmeichleri- scher, Betrüger, wiederholte.
Vergebens habe ich durch die Dorcas um die versprochene Gunst, Mittagsmahlzeit mit ihr zu halten, inständigst ersuchen lassen. Sie wollte zu Mittage gar nicht essen, hieß es: Sie könnte es nicht.
Aber warum hält sie einen jeden Daumbreit von ihrer Person so heilig? - - Da doch die Zeit so nahe ist in der sie vermuthen muß, durch geschloßnen Kauf und Ehestiftung ganz und gar mein eigen zu seyn.
Sie hat sonder Zweifel etwas von dem Kunst- griff der morgenländischen Monarchen gelesen, die sich den Augen ihrer Unterthanen deswegen entziehen, damit sie von diesen destomehr angebe- tet werden, wenn sie es bey einigen feyerlichen Gelegenheiten für gut befinden, öffentlich zu er- scheinen.
Aber
ger Betrieger, der immer neue Eingriffe zu thun ſuchet! Hat es mit ihren Schmeichelworten ein ſolches Abſehen? ‒ ‒ So weit auch die Sache ſchon gegangen ſeyn mag: ſo will ich mich doch ihrer auf ewig entſagen. Sie haben ein haſſens- wuͤrdiges Herz. Laſſen ſie mich gehen, ich ſage es ihnen ‒ ‒
Jch mußte gehorchen, und ſie eilte mit Ge- walt von mir, indem ſie nur die vorigen Worte, niedertraͤchtiger, mit dem Zuſatz ſchmeichleri- ſcher, Betruͤger, wiederholte.
Vergebens habe ich durch die Dorcas um die verſprochene Gunſt, Mittagsmahlzeit mit ihr zu halten, inſtaͤndigſt erſuchen laſſen. Sie wollte zu Mittage gar nicht eſſen, hieß es: Sie koͤnnte es nicht.
Aber warum haͤlt ſie einen jeden Daumbreit von ihrer Perſon ſo heilig? ‒ ‒ Da doch die Zeit ſo nahe iſt in der ſie vermuthen muß, durch geſchloßnen Kauf und Eheſtiftung ganz und gar mein eigen zu ſeyn.
Sie hat ſonder Zweifel etwas von dem Kunſt- griff der morgenlaͤndiſchen Monarchen geleſen, die ſich den Augen ihrer Unterthanen deswegen entziehen, damit ſie von dieſen deſtomehr angebe- tet werden, wenn ſie es bey einigen feyerlichen Gelegenheiten fuͤr gut befinden, oͤffentlich zu er- ſcheinen.
Aber
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[13/0019]
ger Betrieger, der immer neue Eingriffe zu thun
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ſolches Abſehen? ‒ ‒ So weit auch die Sache
ſchon gegangen ſeyn mag: ſo will ich mich doch
ihrer auf ewig entſagen. Sie haben ein haſſens-
wuͤrdiges Herz. Laſſen ſie mich gehen, ich ſage
es ihnen ‒ ‒
Jch mußte gehorchen, und ſie eilte mit Ge-
walt von mir, indem ſie nur die vorigen Worte,
niedertraͤchtiger, mit dem Zuſatz ſchmeichleri-
ſcher, Betruͤger, wiederholte.
Vergebens habe ich durch die Dorcas um
die verſprochene Gunſt, Mittagsmahlzeit mit
ihr zu halten, inſtaͤndigſt erſuchen laſſen. Sie
wollte zu Mittage gar nicht eſſen, hieß es: Sie
koͤnnte es nicht.
Aber warum haͤlt ſie einen jeden Daumbreit
von ihrer Perſon ſo heilig? ‒ ‒ Da doch die
Zeit ſo nahe iſt in der ſie vermuthen muß, durch
geſchloßnen Kauf und Eheſtiftung ganz und gar
mein eigen zu ſeyn.
Sie hat ſonder Zweifel etwas von dem Kunſt-
griff der morgenlaͤndiſchen Monarchen geleſen,
die ſich den Augen ihrer Unterthanen deswegen
entziehen, damit ſie von dieſen deſtomehr angebe-
tet werden, wenn ſie es bey einigen feyerlichen
Gelegenheiten fuͤr gut befinden, oͤffentlich zu er-
ſcheinen.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/19>, abgerufen am 21.11.2024.
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