Aber Belford, ich frage dich, ob nicht bey diesen feyerlichen Gelegenheiten der vorreitende Zug, hier ein großer Kriegsbedienter und dort ein großer Rath, mit ihren Trabanten und ihrem blin- zenden Aufzuge, die Augen der bewundernden Zu- schauer nach und nach vorbereite, den blendenden Glanz der unter einem Himmel hervorleuchtenden Majestät zu ertragen? Sollte diese selbstgleich nur ein schlechter alter Mann seyn: so funkelt dersel- be doch in der vereinigten Pracht seines weiten Reiches.
Und sollte sich meine Geliebte nicht um ihrer selbst willen nach und nach von der Göttlichkeit zur Menschlichkeit herablassen? Jst es Stolz, der sie zurückhält: muß denn nicht ein solcher Stolz gestraft werden? Jst es, wie bey den mor- genländischen Kaysern, sowohl ein Kunstgriff als Stolz: so ist es etwas, das sie unter allen Weibs- personen allein nicht nöthig hat zu gebrauchen. Jst es Schaam: was ist denn das für eine Schaam, daß sie sich schämet, ihren Anbeter das allerbewundernswürdigste von ihren persönlichen Reizungen sehen zu lassen?
Jch will des Todes seyn, Belford, wenn ich nicht die glanzreichste Krone in der Welt fahren lassen wollte, um nur das Vergnügen zu haben, daß ich ein paar Zwillinge von Lovelace, an jeder ihrer schönen Brüste einen, die daraus ihre erste Nahrung in sich sögen, sehen möchte.
Dieß
Aber Belford, ich frage dich, ob nicht bey dieſen feyerlichen Gelegenheiten der vorreitende Zug, hier ein großer Kriegsbedienter und dort ein großer Rath, mit ihren Trabanten und ihrem blin- zenden Aufzuge, die Augen der bewundernden Zu- ſchauer nach und nach vorbereite, den blendenden Glanz der unter einem Himmel hervorleuchtenden Majeſtaͤt zu ertragen? Sollte dieſe ſelbſtgleich nur ein ſchlechter alter Mann ſeyn: ſo funkelt derſel- be doch in der vereinigten Pracht ſeines weiten Reiches.
Und ſollte ſich meine Geliebte nicht um ihrer ſelbſt willen nach und nach von der Goͤttlichkeit zur Menſchlichkeit herablaſſen? Jſt es Stolz, der ſie zuruͤckhaͤlt: muß denn nicht ein ſolcher Stolz geſtraft werden? Jſt es, wie bey den mor- genlaͤndiſchen Kayſern, ſowohl ein Kunſtgriff als Stolz: ſo iſt es etwas, das ſie unter allen Weibs- perſonen allein nicht noͤthig hat zu gebrauchen. Jſt es Schaam: was iſt denn das fuͤr eine Schaam, daß ſie ſich ſchaͤmet, ihren Anbeter das allerbewundernswuͤrdigſte von ihren perſoͤnlichen Reizungen ſehen zu laſſen?
Jch will des Todes ſeyn, Belford, wenn ich nicht die glanzreichſte Krone in der Welt fahren laſſen wollte, um nur das Vergnuͤgen zu haben, daß ich ein paar Zwillinge von Lovelace, an jeder ihrer ſchoͤnen Bruͤſte einen, die daraus ihre erſte Nahrung in ſich ſoͤgen, ſehen moͤchte.
Dieß
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Aber Belford, ich frage dich, ob nicht bey
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Zug, hier ein großer Kriegsbedienter und dort ein
großer Rath, mit ihren Trabanten und ihrem blin-
zenden Aufzuge, die Augen der bewundernden Zu-
ſchauer nach und nach vorbereite, den blendenden
Glanz der unter einem Himmel hervorleuchtenden
Majeſtaͤt zu ertragen? Sollte dieſe ſelbſtgleich nur
ein ſchlechter alter Mann ſeyn: ſo funkelt derſel-
be doch in der vereinigten Pracht ſeines weiten
Reiches.
Und ſollte ſich meine Geliebte nicht um ihrer
ſelbſt willen nach und nach von der Goͤttlichkeit
zur Menſchlichkeit herablaſſen? Jſt es Stolz,
der ſie zuruͤckhaͤlt: muß denn nicht ein ſolcher
Stolz geſtraft werden? Jſt es, wie bey den mor-
genlaͤndiſchen Kayſern, ſowohl ein Kunſtgriff als
Stolz: ſo iſt es etwas, das ſie unter allen Weibs-
perſonen allein nicht noͤthig hat zu gebrauchen.
Jſt es Schaam: was iſt denn das fuͤr eine
Schaam, daß ſie ſich ſchaͤmet, ihren Anbeter das
allerbewundernswuͤrdigſte von ihren perſoͤnlichen
Reizungen ſehen zu laſſen?
Jch will des Todes ſeyn, Belford, wenn ich
nicht die glanzreichſte Krone in der Welt fahren
laſſen wollte, um nur das Vergnuͤgen zu haben,
daß ich ein paar Zwillinge von Lovelace, an
jeder ihrer ſchoͤnen Bruͤſte einen, die daraus ihre
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/20>, abgerufen am 21.11.2024.
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