Jn Wahrheit, sagte ich zu den Frauenzim- mern; dreiste genug, wirst du sprechen; die- se Heftigkeit ist meiner Geliebten nach ihrer Art nicht natürlich - - Misverständniß - -
Misverständniß, du elender Kerl! - - Und brauche ich Entschuldigungen von dir?
O! was für Verachtung regte sich dabey in allen ihren lieblichen Zügen!
Sie wandte hiemit ihr Gesicht von mir weg und fuhr fort zu reden. Jch habe keine Geduld, o du betrügerischer Verräther, dich anzusehen - - Weg von mir! Weg von mir! Wie unter- stehst du dich mit einem so unverschämten Ange- sichte mir vor Augen zu kommen?
Nunmehr, dachte ich, erforderte der Chara- cter eines Ehemannes, daß ich zornig würde.
Sie werden schon einmal, Madame, diese Aufführung gegen mich bereuen - - Bey meiner Seele, sie werden es thun - Sie wissen, ich ha- be es nicht an ihnen verschuldet - - Sie wissen, ich habe es nicht.
Weiß ich, daß ihr es nicht verschuldet habt? - Elender Kerl! Weiß ich das?
Sie wissen es, Madame - - Und niemals ist einem Manne von meinem Ansehen und Stande; das hielte ich für dienlich mit einflies- sen zu lassen; so begegnet worden. Die Fräu- lein hub hiebey ihre Hände auf; aber sie konnte vor Unwillen nicht reden - - Jedoch, fuhr ich fort, es ist alles von gleichem Schlage mit dem Vorwurf, den sie auf mich bringen wollen, daß
ich
Jn Wahrheit, ſagte ich zu den Frauenzim- mern; dreiſte genug, wirſt du ſprechen; die- ſe Heftigkeit iſt meiner Geliebten nach ihrer Art nicht natuͤrlich ‒ ‒ Misverſtaͤndniß ‒ ‒
Misverſtaͤndniß, du elender Kerl! ‒ ‒ Und brauche ich Entſchuldigungen von dir?
O! was fuͤr Verachtung regte ſich dabey in allen ihren lieblichen Zuͤgen!
Sie wandte hiemit ihr Geſicht von mir weg und fuhr fort zu reden. Jch habe keine Geduld, o du betruͤgeriſcher Verraͤther, dich anzuſehen ‒ ‒ Weg von mir! Weg von mir! Wie unter- ſtehſt du dich mit einem ſo unverſchaͤmten Ange- ſichte mir vor Augen zu kommen?
Nunmehr, dachte ich, erforderte der Chara- cter eines Ehemannes, daß ich zornig wuͤrde.
Sie werden ſchon einmal, Madame, dieſe Auffuͤhrung gegen mich bereuen ‒ ‒ Bey meiner Seele, ſie werden es thun ‒ Sie wiſſen, ich ha- be es nicht an ihnen verſchuldet ‒ ‒ Sie wiſſen, ich habe es nicht.
Weiß ich, daß ihr es nicht verſchuldet habt? ‒ Elender Kerl! Weiß ich das?
Sie wiſſen es, Madame ‒ ‒ Und niemals iſt einem Manne von meinem Anſehen und Stande; das hielte ich fuͤr dienlich mit einflieſ- ſen zu laſſen; ſo begegnet worden. Die Fraͤu- lein hub hiebey ihre Haͤnde auf; aber ſie konnte vor Unwillen nicht reden ‒ ‒ Jedoch, fuhr ich fort, es iſt alles von gleichem Schlage mit dem Vorwurf, den ſie auf mich bringen wollen, daß
ich
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Jn Wahrheit, ſagte ich zu den Frauenzim-
mern; dreiſte genug, wirſt du ſprechen; die-
ſe Heftigkeit iſt meiner Geliebten nach ihrer Art
nicht natuͤrlich ‒ ‒ Misverſtaͤndniß ‒ ‒
Misverſtaͤndniß, du elender Kerl! ‒ ‒ Und
brauche ich Entſchuldigungen von dir?
O! was fuͤr Verachtung regte ſich dabey in
allen ihren lieblichen Zuͤgen!
Sie wandte hiemit ihr Geſicht von mir weg
und fuhr fort zu reden. Jch habe keine Geduld,
o du betruͤgeriſcher Verraͤther, dich anzuſehen
‒ ‒ Weg von mir! Weg von mir! Wie unter-
ſtehſt du dich mit einem ſo unverſchaͤmten Ange-
ſichte mir vor Augen zu kommen?
Nunmehr, dachte ich, erforderte der Chara-
cter eines Ehemannes, daß ich zornig wuͤrde.
Sie werden ſchon einmal, Madame, dieſe
Auffuͤhrung gegen mich bereuen ‒ ‒ Bey meiner
Seele, ſie werden es thun ‒ Sie wiſſen, ich ha-
be es nicht an ihnen verſchuldet ‒ ‒ Sie wiſſen,
ich habe es nicht.
Weiß ich, daß ihr es nicht verſchuldet habt?
‒ Elender Kerl! Weiß ich das?
Sie wiſſen es, Madame ‒ ‒ Und niemals
iſt einem Manne von meinem Anſehen und
Stande; das hielte ich fuͤr dienlich mit einflieſ-
ſen zu laſſen; ſo begegnet worden. Die Fraͤu-
lein hub hiebey ihre Haͤnde auf; aber ſie konnte
vor Unwillen nicht reden ‒ ‒ Jedoch, fuhr ich
fort, es iſt alles von gleichem Schlage mit dem
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/248>, abgerufen am 24.11.2024.
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