Jch denke, sie würden doch wohl Zeit gefunden haben, uns die wirkliche Vollziehung ihrer Hochzeit wissen zu lassen. Jch möchte dieses klei- ne Stück der Höflichkeit von ihnen erwartet ha- ben. Jedoch vielleicht war die Trauung schon zu der Zeit vollzogen, als sie mich ersuchten Va- tersstelle bey ihrer Fräulein zu vertreten - - Allein ich werde in Zorn gerathen: wo ich in meinen Muthmaßungen weiter gehe - - Und wenig gesagt, ist bald verbessert.
Aber ich kann ihnen vermelden, daß die Lady Elisabeth, was auch Lady Sarah thun mag, ih- nen nicht so bald verzeihen will, als ich gethan habe. Frauenzimmer empfinden gering- schätzige Begegnungen länger als Manns- personen. Sie, die so viel von diesem Ge- schlechte wissen; das sage ich jedoch ihnen nicht zum Lobe; hätten auch das wohl wissen mögen. Vorher aber sind sie niemals mit einem so lie- benswürdigen Frauenzimmer bekannt gewesen. Jch hoffe, es wird unter ihnen nur eine Seele seyn. Sie haben schon eher, als itzo, von mir gehöret, daß ich sie enterben und alles, was ich kann, ihr vermachen will, wo sie mit ihr nicht ein guter Ehemann werden.
Jch
S 4
Herrn Robert Lovelace.
M. Hall, Mittwochens den 7ten Jun.
Herr Vetter Lovelace.
Jch denke, ſie wuͤrden doch wohl Zeit gefunden haben, uns die wirkliche Vollziehung ihrer Hochzeit wiſſen zu laſſen. Jch moͤchte dieſes klei- ne Stuͤck der Hoͤflichkeit von ihnen erwartet ha- ben. Jedoch vielleicht war die Trauung ſchon zu der Zeit vollzogen, als ſie mich erſuchten Va- tersſtelle bey ihrer Fraͤulein zu vertreten ‒ ‒ Allein ich werde in Zorn gerathen: wo ich in meinen Muthmaßungen weiter gehe ‒ ‒ Und wenig geſagt, iſt bald verbeſſert.
Aber ich kann ihnen vermelden, daß die Lady Eliſabeth, was auch Lady Sarah thun mag, ih- nen nicht ſo bald verzeihen will, als ich gethan habe. Frauenzimmer empfinden gering- ſchaͤtzige Begegnungen laͤnger als Manns- perſonen. Sie, die ſo viel von dieſem Ge- ſchlechte wiſſen; das ſage ich jedoch ihnen nicht zum Lobe; haͤtten auch das wohl wiſſen moͤgen. Vorher aber ſind ſie niemals mit einem ſo lie- benswuͤrdigen Frauenzimmer bekannt geweſen. Jch hoffe, es wird unter ihnen nur eine Seele ſeyn. Sie haben ſchon eher, als itzo, von mir gehoͤret, daß ich ſie enterben und alles, was ich kann, ihr vermachen will, wo ſie mit ihr nicht ein guter Ehemann werden.
Jch
S 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0285"n="279"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><floatingText><body><div><head><hirendition="#b">Herrn Robert Lovelace.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#et">M. Hall, Mittwochens den<lb/>
7ten Jun.</hi></dateline><lb/><salute><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Herr Vetter Lovelace.</hi></hi></salute><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>ch denke, ſie wuͤrden doch wohl Zeit gefunden<lb/>
haben, uns die wirkliche Vollziehung ihrer<lb/>
Hochzeit wiſſen zu laſſen. Jch moͤchte dieſes klei-<lb/>
ne Stuͤck der Hoͤflichkeit von ihnen erwartet ha-<lb/>
ben. Jedoch vielleicht war die Trauung ſchon<lb/>
zu der Zeit vollzogen, als ſie mich erſuchten Va-<lb/>
tersſtelle bey ihrer Fraͤulein zu vertreten ‒‒<lb/>
Allein ich werde in Zorn gerathen: wo ich in<lb/>
meinen Muthmaßungen weiter gehe ‒‒ Und<lb/><hirendition="#fr">wenig geſagt, iſt bald verbeſſert.</hi></p><lb/><p>Aber ich kann ihnen vermelden, daß die Lady<lb/>
Eliſabeth, was auch Lady Sarah thun mag, ih-<lb/>
nen nicht ſo bald verzeihen will, als ich gethan<lb/>
habe. <hirendition="#fr">Frauenzimmer empfinden gering-<lb/>ſchaͤtzige Begegnungen laͤnger als Manns-<lb/>
perſonen.</hi> Sie, die ſo viel von dieſem Ge-<lb/>ſchlechte wiſſen; das ſage ich jedoch ihnen nicht<lb/>
zum Lobe; haͤtten <hirendition="#fr">auch das</hi> wohl wiſſen moͤgen.<lb/>
Vorher aber ſind ſie niemals mit einem ſo lie-<lb/>
benswuͤrdigen Frauenzimmer bekannt geweſen. Jch<lb/>
hoffe, es wird unter ihnen nur eine Seele ſeyn.<lb/>
Sie haben ſchon eher, als itzo, von mir gehoͤret,<lb/>
daß ich ſie enterben und alles, was ich kann, ihr<lb/>
vermachen will, wo ſie mit ihr nicht ein guter<lb/>
Ehemann werden.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">S 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Jch</fw><lb/></div></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
[279/0285]
Herrn Robert Lovelace.
M. Hall, Mittwochens den
7ten Jun.
Herr Vetter Lovelace.
Jch denke, ſie wuͤrden doch wohl Zeit gefunden
haben, uns die wirkliche Vollziehung ihrer
Hochzeit wiſſen zu laſſen. Jch moͤchte dieſes klei-
ne Stuͤck der Hoͤflichkeit von ihnen erwartet ha-
ben. Jedoch vielleicht war die Trauung ſchon
zu der Zeit vollzogen, als ſie mich erſuchten Va-
tersſtelle bey ihrer Fraͤulein zu vertreten ‒ ‒
Allein ich werde in Zorn gerathen: wo ich in
meinen Muthmaßungen weiter gehe ‒ ‒ Und
wenig geſagt, iſt bald verbeſſert.
Aber ich kann ihnen vermelden, daß die Lady
Eliſabeth, was auch Lady Sarah thun mag, ih-
nen nicht ſo bald verzeihen will, als ich gethan
habe. Frauenzimmer empfinden gering-
ſchaͤtzige Begegnungen laͤnger als Manns-
perſonen. Sie, die ſo viel von dieſem Ge-
ſchlechte wiſſen; das ſage ich jedoch ihnen nicht
zum Lobe; haͤtten auch das wohl wiſſen moͤgen.
Vorher aber ſind ſie niemals mit einem ſo lie-
benswuͤrdigen Frauenzimmer bekannt geweſen. Jch
hoffe, es wird unter ihnen nur eine Seele ſeyn.
Sie haben ſchon eher, als itzo, von mir gehoͤret,
daß ich ſie enterben und alles, was ich kann, ihr
vermachen will, wo ſie mit ihr nicht ein guter
Ehemann werden.
Jch
S 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/285>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.