Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



nicht, wie meinen Onkel den Lord M. und die
Lady Sarah verlanget, ihnen Glück zu wünschen?
weil sie mir und ihrer ganzen Familie zum Glü-
cke dienen? Jst es möglich, daß sie an dem ver-
sprochenen Besuche der Lady Elisabeth und meiner
Base Montague kein Vergnügen finden? Daß
sie sich den Schutz nicht gesallen lassen, den ih-
nen diese anbieten, wenn sie mit meinem nicht
zufrieden sind? - Wünschen sie gar nicht ihres
Onkels Freund zu sehen? - - Bleiben sie doch
nur so lange, bis der Capitain Tomlinson kommt
- Hören sie von ihm die Zeitung, wie vollkom-
men ihr Onkel unserer beyden Wünsche genehm
halte.

Sie schien ganz in die Enge getrieben, wäre
beynahe zur Erden gesunken und ward genöthigt,
sich an das Tafelwerk zu lehnen, wie ich zu ihren
Füssen kniete. Endlich brach ein Strohm von
Thränen aus ihren nicht mehr so zornigen Augen
hervor - - Gütiger Himmel, sprach sie mit Er-
hebung ihres liebenswürdigen Angesichtes und
mit zusammengeschlagenen Händen, wie soll es
endlich mit mir werden? - - Errette mich von
diesem gefährlichen Menschen und lenke mich auf
den rechten Weg! - - Jch weis nicht, was ich
thue, was ich thun kann, was ich thun soll.

Da ich gestanden hatte, daß unsere Vermäh-
lung nur halb vollendet wäre: so hörten die bey-
den Weibsleute bey diesem ganzen Aufzuge nichts,
das meiner Erzählung widersprochen, offenbar
widersprochen, hätte. Sie glaubten in ihrem

wie-
U 3



nicht, wie meinen Onkel den Lord M. und die
Lady Sarah verlanget, ihnen Gluͤck zu wuͤnſchen?
weil ſie mir und ihrer ganzen Familie zum Gluͤ-
cke dienen? Jſt es moͤglich, daß ſie an dem ver-
ſprochenen Beſuche der Lady Eliſabeth und meiner
Baſe Montague kein Vergnuͤgen finden? Daß
ſie ſich den Schutz nicht geſallen laſſen, den ih-
nen dieſe anbieten, wenn ſie mit meinem nicht
zufrieden ſind? ‒ Wuͤnſchen ſie gar nicht ihres
Onkels Freund zu ſehen? ‒ ‒ Bleiben ſie doch
nur ſo lange, bis der Capitain Tomlinſon kommt
‒ Hoͤren ſie von ihm die Zeitung, wie vollkom-
men ihr Onkel unſerer beyden Wuͤnſche genehm
halte.

Sie ſchien ganz in die Enge getrieben, waͤre
beynahe zur Erden geſunken und ward genoͤthigt,
ſich an das Tafelwerk zu lehnen, wie ich zu ihren
Fuͤſſen kniete. Endlich brach ein Strohm von
Thraͤnen aus ihren nicht mehr ſo zornigen Augen
hervor ‒ ‒ Guͤtiger Himmel, ſprach ſie mit Er-
hebung ihres liebenswuͤrdigen Angeſichtes und
mit zuſammengeſchlagenen Haͤnden, wie ſoll es
endlich mit mir werden? ‒ ‒ Errette mich von
dieſem gefaͤhrlichen Menſchen und lenke mich auf
den rechten Weg! ‒ ‒ Jch weis nicht, was ich
thue, was ich thun kann, was ich thun ſoll.

Da ich geſtanden hatte, daß unſere Vermaͤh-
lung nur halb vollendet waͤre: ſo hoͤrten die bey-
den Weibsleute bey dieſem ganzen Aufzuge nichts,
das meiner Erzaͤhlung widerſprochen, offenbar
widerſprochen, haͤtte. Sie glaubten in ihrem

wie-
U 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0315" n="309"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
nicht, wie meinen Onkel den Lord M. und die<lb/>
Lady Sarah verlanget, ihnen Glu&#x0364;ck zu wu&#x0364;n&#x017F;chen?<lb/>
weil &#x017F;ie mir und ihrer ganzen Familie zum Glu&#x0364;-<lb/>
cke dienen? J&#x017F;t es mo&#x0364;glich, daß &#x017F;ie an dem ver-<lb/>
&#x017F;prochenen Be&#x017F;uche der Lady Eli&#x017F;abeth und meiner<lb/>
Ba&#x017F;e Montague kein Vergnu&#x0364;gen finden? Daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich den Schutz nicht ge&#x017F;allen la&#x017F;&#x017F;en, den ih-<lb/>
nen <hi rendition="#fr">die&#x017F;e</hi> anbieten, wenn &#x017F;ie mit <hi rendition="#fr">meinem</hi> nicht<lb/>
zufrieden &#x017F;ind? &#x2012; Wu&#x0364;n&#x017F;chen &#x017F;ie gar nicht ihres<lb/>
Onkels Freund zu &#x017F;ehen? &#x2012; &#x2012; Bleiben &#x017F;ie doch<lb/>
nur &#x017F;o lange, bis der Capitain Tomlin&#x017F;on kommt<lb/>
&#x2012; Ho&#x0364;ren &#x017F;ie von ihm die Zeitung, wie vollkom-<lb/>
men ihr Onkel un&#x017F;erer beyden Wu&#x0364;n&#x017F;che genehm<lb/>
halte.</p><lb/>
          <p>Sie &#x017F;chien ganz in die Enge getrieben, wa&#x0364;re<lb/>
beynahe zur Erden ge&#x017F;unken und ward geno&#x0364;thigt,<lb/>
&#x017F;ich an das Tafelwerk zu lehnen, wie ich zu ihren<lb/>
Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en kniete. Endlich brach ein Strohm von<lb/>
Thra&#x0364;nen aus ihren nicht mehr &#x017F;o zornigen Augen<lb/>
hervor &#x2012; &#x2012; Gu&#x0364;tiger Himmel, &#x017F;prach &#x017F;ie mit Er-<lb/>
hebung ihres liebenswu&#x0364;rdigen Ange&#x017F;ichtes und<lb/>
mit zu&#x017F;ammenge&#x017F;chlagenen Ha&#x0364;nden, wie &#x017F;oll es<lb/>
endlich mit mir werden? &#x2012; &#x2012; Errette mich von<lb/>
die&#x017F;em gefa&#x0364;hrlichen Men&#x017F;chen und lenke mich auf<lb/>
den rechten Weg! &#x2012; &#x2012; Jch weis nicht, was ich<lb/>
thue, was ich thun kann, was ich thun &#x017F;oll.</p><lb/>
          <p>Da ich ge&#x017F;tanden hatte, daß un&#x017F;ere Verma&#x0364;h-<lb/>
lung nur halb vollendet wa&#x0364;re: &#x017F;o ho&#x0364;rten die bey-<lb/>
den Weibsleute bey die&#x017F;em ganzen Aufzuge nichts,<lb/>
das meiner Erza&#x0364;hlung wider&#x017F;prochen, offenbar<lb/>
wider&#x017F;prochen, ha&#x0364;tte. Sie glaubten in ihrem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wie-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0315] nicht, wie meinen Onkel den Lord M. und die Lady Sarah verlanget, ihnen Gluͤck zu wuͤnſchen? weil ſie mir und ihrer ganzen Familie zum Gluͤ- cke dienen? Jſt es moͤglich, daß ſie an dem ver- ſprochenen Beſuche der Lady Eliſabeth und meiner Baſe Montague kein Vergnuͤgen finden? Daß ſie ſich den Schutz nicht geſallen laſſen, den ih- nen dieſe anbieten, wenn ſie mit meinem nicht zufrieden ſind? ‒ Wuͤnſchen ſie gar nicht ihres Onkels Freund zu ſehen? ‒ ‒ Bleiben ſie doch nur ſo lange, bis der Capitain Tomlinſon kommt ‒ Hoͤren ſie von ihm die Zeitung, wie vollkom- men ihr Onkel unſerer beyden Wuͤnſche genehm halte. Sie ſchien ganz in die Enge getrieben, waͤre beynahe zur Erden geſunken und ward genoͤthigt, ſich an das Tafelwerk zu lehnen, wie ich zu ihren Fuͤſſen kniete. Endlich brach ein Strohm von Thraͤnen aus ihren nicht mehr ſo zornigen Augen hervor ‒ ‒ Guͤtiger Himmel, ſprach ſie mit Er- hebung ihres liebenswuͤrdigen Angeſichtes und mit zuſammengeſchlagenen Haͤnden, wie ſoll es endlich mit mir werden? ‒ ‒ Errette mich von dieſem gefaͤhrlichen Menſchen und lenke mich auf den rechten Weg! ‒ ‒ Jch weis nicht, was ich thue, was ich thun kann, was ich thun ſoll. Da ich geſtanden hatte, daß unſere Vermaͤh- lung nur halb vollendet waͤre: ſo hoͤrten die bey- den Weibsleute bey dieſem ganzen Aufzuge nichts, das meiner Erzaͤhlung widerſprochen, offenbar widerſprochen, haͤtte. Sie glaubten in ihrem wie- U 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/315
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/315>, abgerufen am 26.09.2024.