Jch habe die gehörige Aufmerksamkeit dar- auf gewandt, sprach sie: und auch auf die an- dern Briefe. Also ist es wohl überlegt, was ich sage. Und was habe ich von meinem Bruder und meiner Schwester zu fürchten? - - Sie können nur mein Glück bey meinem Vater und meinen Onkeln völlig zernichten. Das mögen sie thun: und Glück dazu! Sie, mein Herr, haben mich in Absicht auf die Glücksgüter erniedriget; das danke ich ihnen: aber Gott sey gelobet, daß mit mei- nen Glücksumständen mein Gemüth nicht zugleich niedriger geworden ist. Es hat sich vielmehr über das Glück und über euch erhoben. Und jene dürfen mich nur ein halbes Wort merken lassen: so sollen sie mein Gut, weswegen sie mich benei- det haben, und eine Verzicht auf alles künstige Antheil an meiner Familie, das ihnen Sorge machen kann, bekommen.
Jch hob meine Hände und Augen mit still- schweigender Verwunderung über sie auf!
Mein Bruder mag mich für entehret halten. Zum Preise ihrer beschrienen Gemüthsart, wo- durch ich verführ et und von den Meinigen ge- bracht bin, mag er es immerhin für unmög- lich ansehen, bey ihnen zu seyn und unschuldig zu bleiben. Sie haben die harten Urtheile mei- ner Verwandten über sie nur mehr als zu viel in allen Stücken ihrer Aufführung gerechtfertiget. Jch aber will nun, da ich von ihnen entflohen bin, und mich ihre geheimnißvolle Anschläge nicht mehr treffen, mich in meine Unschuld einhüllen;
dabey
Jch habe die gehoͤrige Aufmerkſamkeit dar- auf gewandt, ſprach ſie: und auch auf die an- dern Briefe. Alſo iſt es wohl uͤberlegt, was ich ſage. Und was habe ich von meinem Bruder und meiner Schweſter zu fuͤrchten? ‒ ‒ Sie koͤnnen nur mein Gluͤck bey meinem Vater und meinen Onkeln voͤllig zernichten. Das moͤgen ſie thun: und Gluͤck dazu! Sie, mein Herr, haben mich in Abſicht auf die Gluͤcksguͤter erniedriget; das danke ich ihnen: aber Gott ſey gelobet, daß mit mei- nen Gluͤcksumſtaͤnden mein Gemuͤth nicht zugleich niedriger geworden iſt. Es hat ſich vielmehr uͤber das Gluͤck und uͤber euch erhoben. Und jene duͤrfen mich nur ein halbes Wort merken laſſen: ſo ſollen ſie mein Gut, weswegen ſie mich benei- det haben, und eine Verzicht auf alles kuͤnſtige Antheil an meiner Familie, das ihnen Sorge machen kann, bekommen.
Jch hob meine Haͤnde und Augen mit ſtill- ſchweigender Verwunderung uͤber ſie auf!
Mein Bruder mag mich fuͤr entehret halten. Zum Preiſe ihrer beſchrienen Gemuͤthsart, wo- durch ich verfuͤhr et und von den Meinigen ge- bracht bin, mag er es immerhin fuͤr unmoͤg- lich anſehen, bey ihnen zu ſeyn und unſchuldig zu bleiben. Sie haben die harten Urtheile mei- ner Verwandten uͤber ſie nur mehr als zu viel in allen Stuͤcken ihrer Auffuͤhrung gerechtfertiget. Jch aber will nun, da ich von ihnen entflohen bin, und mich ihre geheimnißvolle Anſchlaͤge nicht mehr treffen, mich in meine Unſchuld einhuͤllen;
dabey
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Jch habe die gehoͤrige Aufmerkſamkeit dar-
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dern Briefe. Alſo iſt es wohl uͤberlegt, was ich
ſage. Und was habe ich von meinem Bruder
und meiner Schweſter zu fuͤrchten? ‒ ‒ Sie
koͤnnen nur mein Gluͤck bey meinem Vater und
meinen Onkeln voͤllig zernichten. Das moͤgen
ſie thun: und Gluͤck dazu! Sie, mein Herr, haben
mich in Abſicht auf die Gluͤcksguͤter erniedriget; das
danke ich ihnen: aber Gott ſey gelobet, daß mit mei-
nen Gluͤcksumſtaͤnden mein Gemuͤth nicht zugleich
niedriger geworden iſt. Es hat ſich vielmehr uͤber
das Gluͤck und uͤber euch erhoben. Und jene
duͤrfen mich nur ein halbes Wort merken laſſen:
ſo ſollen ſie mein Gut, weswegen ſie mich benei-
det haben, und eine Verzicht auf alles kuͤnſtige
Antheil an meiner Familie, das ihnen Sorge
machen kann, bekommen.
Jch hob meine Haͤnde und Augen mit ſtill-
ſchweigender Verwunderung uͤber ſie auf!
Mein Bruder mag mich fuͤr entehret halten.
Zum Preiſe ihrer beſchrienen Gemuͤthsart, wo-
durch ich verfuͤhr et und von den Meinigen ge-
bracht bin, mag er es immerhin fuͤr unmoͤg-
lich anſehen, bey ihnen zu ſeyn und unſchuldig
zu bleiben. Sie haben die harten Urtheile mei-
ner Verwandten uͤber ſie nur mehr als zu viel in
allen Stuͤcken ihrer Auffuͤhrung gerechtfertiget.
Jch aber will nun, da ich von ihnen entflohen
bin, und mich ihre geheimnißvolle Anſchlaͤge nicht
mehr treffen, mich in meine Unſchuld einhuͤllen;
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/318>, abgerufen am 24.11.2024.
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