Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



entwischte: so gut ich auch, nach ihren und der
Fräulein Howe Gedanken, mit ihm bekannt seyn
soll.

Was ich am meisten besorge, ist dieß, daß sie
sich unter ihre eigne Verwandten begeben wird.
Und thut sie das: so bin ich versichert, daß sie ih-
rer rührenden Beredtsamkeit nicht zu widerstehen
vermögend seyn werden. Jedoch der Brief des
Capitains an mich, wie du sehen wirst, ist vor-
trefflich ausgesonnen, demjenigen vorzubeugen,
was ich in diesem Stücke befürchte: vornehmlich
in Ansehung der Stelle, wo er schreibt, daß ihr
Onkel es seiner Freyheit nicht überlassen zu seyn
glaubte, gerades Weges mit ihr Briefe zu wech-
seln, oder von ihr Vorschläge anzunehmen - son-
dern nur durch den Capitain Tomlinson;
wie sich daraus unleugbar schließen lässet (*).

Jch muß gestehen, ob ich gleich ein so feyer-
liches Gelübde gethan, mich zu rächen, daß ich
ihr gar gern ihre wiedergeschenkte Gunst als
ein Verdienst gegen mich angerechnet, und der
Vermittelung des Capitain Tomlinsons so wenig,
als möglich, zugeschrieben hätte. Meinem Stol-
ze war daran gelegen. Und dieß war eine von
den Ursachen, warum ich ihn nicht mit mir brach-
te. Eine andre war dieses, daß, wenn ich genö-
thigt würde, zu seiner Hülfe meine Zuflucht zu
nehmen, ich besser im Stande seyn möchte, nach-

dem
(*) Siehe in dem XV. Briefe dieses Theils den Brief
von Tomlinson.



entwiſchte: ſo gut ich auch, nach ihren und der
Fraͤulein Howe Gedanken, mit ihm bekannt ſeyn
ſoll.

Was ich am meiſten beſorge, iſt dieß, daß ſie
ſich unter ihre eigne Verwandten begeben wird.
Und thut ſie das: ſo bin ich verſichert, daß ſie ih-
rer ruͤhrenden Beredtſamkeit nicht zu widerſtehen
vermoͤgend ſeyn werden. Jedoch der Brief des
Capitains an mich, wie du ſehen wirſt, iſt vor-
trefflich ausgeſonnen, demjenigen vorzubeugen,
was ich in dieſem Stuͤcke befuͤrchte: vornehmlich
in Anſehung der Stelle, wo er ſchreibt, daß ihr
Onkel es ſeiner Freyheit nicht uͤberlaſſen zu ſeyn
glaubte, gerades Weges mit ihr Briefe zu wech-
ſeln, oder von ihr Vorſchlaͤge anzunehmen ‒ ſon-
dern nur durch den Capitain Tomlinſon;
wie ſich daraus unleugbar ſchließen laͤſſet (*).

Jch muß geſtehen, ob ich gleich ein ſo feyer-
liches Geluͤbde gethan, mich zu raͤchen, daß ich
ihr gar gern ihre wiedergeſchenkte Gunſt als
ein Verdienſt gegen mich angerechnet, und der
Vermittelung des Capitain Tomlinſons ſo wenig,
als moͤglich, zugeſchrieben haͤtte. Meinem Stol-
ze war daran gelegen. Und dieß war eine von
den Urſachen, warum ich ihn nicht mit mir brach-
te. Eine andre war dieſes, daß, wenn ich genoͤ-
thigt wuͤrde, zu ſeiner Huͤlfe meine Zuflucht zu
nehmen, ich beſſer im Stande ſeyn moͤchte, nach-

dem
(*) Siehe in dem XV. Briefe dieſes Theils den Brief
von Tomlinſon.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0326" n="320"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
entwi&#x017F;chte: &#x017F;o gut ich auch, nach ihren und der<lb/>
Fra&#x0364;ulein Howe Gedanken, mit ihm bekannt &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;oll.</p><lb/>
          <p>Was ich am mei&#x017F;ten be&#x017F;orge, i&#x017F;t dieß, daß &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich unter ihre eigne Verwandten begeben wird.<lb/>
Und thut &#x017F;ie das: &#x017F;o bin ich ver&#x017F;ichert, daß &#x017F;ie ih-<lb/>
rer ru&#x0364;hrenden Beredt&#x017F;amkeit nicht zu wider&#x017F;tehen<lb/>
vermo&#x0364;gend &#x017F;eyn werden. Jedoch der Brief des<lb/>
Capitains an mich, wie du &#x017F;ehen wir&#x017F;t, i&#x017F;t vor-<lb/>
trefflich ausge&#x017F;onnen, demjenigen vorzubeugen,<lb/>
was ich in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke befu&#x0364;rchte: vornehmlich<lb/>
in An&#x017F;ehung der Stelle, wo er &#x017F;chreibt, daß ihr<lb/>
Onkel es &#x017F;einer Freyheit nicht u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en zu &#x017F;eyn<lb/>
glaubte, gerades Weges mit ihr Briefe zu wech-<lb/>
&#x017F;eln, oder von ihr Vor&#x017F;chla&#x0364;ge anzunehmen &#x2012; &#x017F;on-<lb/>
dern <hi rendition="#fr">nur durch den Capitain Tomlin&#x017F;on;</hi><lb/>
wie &#x017F;ich daraus unleugbar &#x017F;chließen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et <note place="foot" n="(*)">Siehe in dem <hi rendition="#aq">XV.</hi> Briefe die&#x017F;es Theils den Brief<lb/>
von <hi rendition="#fr">Tomlin&#x017F;on.</hi></note>.</p><lb/>
          <p>Jch muß ge&#x017F;tehen, ob ich gleich ein &#x017F;o feyer-<lb/>
liches Gelu&#x0364;bde gethan, mich zu ra&#x0364;chen, daß ich<lb/>
ihr gar gern <hi rendition="#fr">ihre wiederge&#x017F;chenkte Gun&#x017F;t</hi> als<lb/>
ein Verdien&#x017F;t gegen mich angerechnet, und der<lb/>
Vermittelung des Capitain Tomlin&#x017F;ons &#x017F;o wenig,<lb/>
als mo&#x0364;glich, zuge&#x017F;chrieben ha&#x0364;tte. Meinem Stol-<lb/>
ze war daran gelegen. Und dieß war eine von<lb/>
den Ur&#x017F;achen, warum ich ihn nicht mit mir brach-<lb/>
te. Eine andre war die&#x017F;es, daß, wenn ich geno&#x0364;-<lb/>
thigt wu&#x0364;rde, zu &#x017F;einer Hu&#x0364;lfe meine Zuflucht zu<lb/>
nehmen, ich be&#x017F;&#x017F;er im Stande &#x017F;eyn mo&#x0364;chte, nach-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0326] entwiſchte: ſo gut ich auch, nach ihren und der Fraͤulein Howe Gedanken, mit ihm bekannt ſeyn ſoll. Was ich am meiſten beſorge, iſt dieß, daß ſie ſich unter ihre eigne Verwandten begeben wird. Und thut ſie das: ſo bin ich verſichert, daß ſie ih- rer ruͤhrenden Beredtſamkeit nicht zu widerſtehen vermoͤgend ſeyn werden. Jedoch der Brief des Capitains an mich, wie du ſehen wirſt, iſt vor- trefflich ausgeſonnen, demjenigen vorzubeugen, was ich in dieſem Stuͤcke befuͤrchte: vornehmlich in Anſehung der Stelle, wo er ſchreibt, daß ihr Onkel es ſeiner Freyheit nicht uͤberlaſſen zu ſeyn glaubte, gerades Weges mit ihr Briefe zu wech- ſeln, oder von ihr Vorſchlaͤge anzunehmen ‒ ſon- dern nur durch den Capitain Tomlinſon; wie ſich daraus unleugbar ſchließen laͤſſet (*). Jch muß geſtehen, ob ich gleich ein ſo feyer- liches Geluͤbde gethan, mich zu raͤchen, daß ich ihr gar gern ihre wiedergeſchenkte Gunſt als ein Verdienſt gegen mich angerechnet, und der Vermittelung des Capitain Tomlinſons ſo wenig, als moͤglich, zugeſchrieben haͤtte. Meinem Stol- ze war daran gelegen. Und dieß war eine von den Urſachen, warum ich ihn nicht mit mir brach- te. Eine andre war dieſes, daß, wenn ich genoͤ- thigt wuͤrde, zu ſeiner Huͤlfe meine Zuflucht zu nehmen, ich beſſer im Stande ſeyn moͤchte, nach- dem (*) Siehe in dem XV. Briefe dieſes Theils den Brief von Tomlinſon.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/326
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/326>, abgerufen am 24.11.2024.