ausbedingen, und mich sowohl zu seinem Lobe als zur Ungeduld reizen wollte.
Jch hätte ihn übern Haufen stoßen können: aber er wollte seine Zeit haben auszureden - - "Der alte Grimes weiß nicht, daß ich den Brief "habe - - Jch muß wieder zu ihm kommen, "ehe er ihn vermisset - - Jch habe nur einen "Vorwand gemacht, auf wenige Augenblicke hin- "aus zu gehen - - Aber - Aber "- Dabey lachte der Schelm wieder - -" Er muß warten "- - der alte Grimes muß warten - - bis ich "wiederkomme, die Zeche zu bezahlen.
Der Teufel hole den Schwätzer! - - Al berner Bube! - - den Brief - - den Brief!
Darauf zog er sein weites Muhl ein, wie er es nennet, und gab mir den Brief, doch mehr mit einem verwegenen Stolz, als mit einem demüthigen Bezeigen. Alsdenn sprang er zur Seite, wie ein Hahn auf der Witwe Sor- lings Misthaufen, vor Freuden, daß er ein gro- ßes Fest gehabt hatte. Alle die Zeit über, daß ich den Brief gegen das Licht hielte, um zu ver- suchen, ob ich den Jnhalt nicht herausbringen könnte, ohne das Siegel zu brechen; denn er war in Eil abgefertiget und hatte keinen Um- schlag; stand er da und lachte, zuckte die Schul- tern, spielte mit den Füßen. Bald strich er sei- nen glänzenden Bart; bald drehete er seinen Hut auf dem Daume herum; bald gaffte er mir ins Gesichte und machte mit dem Kopfe allerhand
Wen-
ausbedingen, und mich ſowohl zu ſeinem Lobe als zur Ungeduld reizen wollte.
Jch haͤtte ihn uͤbern Haufen ſtoßen koͤnnen: aber er wollte ſeine Zeit haben auszureden ‒ ‒ „Der alte Grimes weiß nicht, daß ich den Brief „habe ‒ ‒ Jch muß wieder zu ihm kommen, „ehe er ihn vermiſſet ‒ ‒ Jch habe nur einen „Vorwand gemacht, auf wenige Augenblicke hin- „aus zu gehen ‒ ‒ Aber ‒ Aber „‒ Dabey lachte der Schelm wieder ‒ ‒„ Er muß warten „‒ ‒ der alte Grimes muß warten ‒ ‒ bis ich „wiederkomme, die Zeche zu bezahlen.
Der Teufel hole den Schwaͤtzer! ‒ ‒ Al berner Bube! ‒ ‒ den Brief ‒ ‒ den Brief!
Darauf zog er ſein weites Muhl ein, wie er es nennet, und gab mir den Brief, doch mehr mit einem verwegenen Stolz, als mit einem demuͤthigen Bezeigen. Alsdenn ſprang er zur Seite, wie ein Hahn auf der Witwe Sor- lings Miſthaufen, vor Freuden, daß er ein gro- ßes Feſt gehabt hatte. Alle die Zeit uͤber, daß ich den Brief gegen das Licht hielte, um zu ver- ſuchen, ob ich den Jnhalt nicht herausbringen koͤnnte, ohne das Siegel zu brechen; denn er war in Eil abgefertiget und hatte keinen Um- ſchlag; ſtand er da und lachte, zuckte die Schul- tern, ſpielte mit den Fuͤßen. Bald ſtrich er ſei- nen glaͤnzenden Bart; bald drehete er ſeinen Hut auf dem Daume herum; bald gaffte er mir ins Geſichte und machte mit dem Kopfe allerhand
Wen-
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ausbedingen, und mich ſowohl zu ſeinem Lobe als
zur Ungeduld reizen wollte.
Jch haͤtte ihn uͤbern Haufen ſtoßen koͤnnen:
aber er wollte ſeine Zeit haben auszureden ‒ ‒
„Der alte Grimes weiß nicht, daß ich den Brief
„habe ‒ ‒ Jch muß wieder zu ihm kommen,
„ehe er ihn vermiſſet ‒ ‒ Jch habe nur einen
„Vorwand gemacht, auf wenige Augenblicke hin-
„aus zu gehen ‒ ‒ Aber ‒ Aber „‒ Dabey
lachte der Schelm wieder ‒ ‒„ Er muß warten
„‒ ‒ der alte Grimes muß warten ‒ ‒ bis ich
„wiederkomme, die Zeche zu bezahlen.
Der Teufel hole den Schwaͤtzer! ‒ ‒ Al
berner Bube! ‒ ‒ den Brief ‒ ‒ den Brief!
Darauf zog er ſein weites Muhl ein, wie
er es nennet, und gab mir den Brief, doch mehr
mit einem verwegenen Stolz, als mit einem
demuͤthigen Bezeigen. Alsdenn ſprang er
zur Seite, wie ein Hahn auf der Witwe Sor-
lings Miſthaufen, vor Freuden, daß er ein gro-
ßes Feſt gehabt hatte. Alle die Zeit uͤber, daß
ich den Brief gegen das Licht hielte, um zu ver-
ſuchen, ob ich den Jnhalt nicht herausbringen
koͤnnte, ohne das Siegel zu brechen; denn er
war in Eil abgefertiget und hatte keinen Um-
ſchlag; ſtand er da und lachte, zuckte die Schul-
tern, ſpielte mit den Fuͤßen. Bald ſtrich er ſei-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/352>, abgerufen am 24.11.2024.
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