Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



Wir haben einen glücklichen Vorschlag gethan.
Der Onkel hat wegen unserer Vermählung sich
einige Zweifel in den Kopf gesetzet. Er kann
nicht glauben, es wird auch sonst niemand glau-
ben, daß es möglich ist, daß ein so verliebter Mann
bey einer so reizenden Fräulein - -

Sie verstunden alle diesen Wink - - Die
beyden Witwen bekannten, es wäre ein sehr au-
ßerordentlicher Fall. Die Weibsleute haben ho-
he Gedanken von dem, was sie für uns thun kön-
nen: das habe ich schon sonst irgendwo ange-
merket, wie ich glaube. - - Jungfer Rawlins
bat, wenn es mir beliebte, ihnen den Vorschlag zu
eröffnen, und sahe so aus, als wenn es nicht nö-
thig wäre, daß ich in meiner Rede fortführe.

Jch ersuchte sie, sich gegen die Fräulein nicht
merken zu lassen, daß ich ihnen erzählt hätte, wo-
rinn der Vorschlag bestünde.

Das versprachen sie mir.

Der Vorschlag sagte ich hierauf wäre dieser.
Die Trauung sollte, dem Herrn Harlowe zu ge-
fallen, noch einmal vollzogen werden, damit er
gänzlich beruhiget würde. Er sollte in geheim
selbst gegenwärtig seyn und mir seine Base mit
seinen eignen Händen geben - - Sie wäre ab-
getreten, es zu überlegen.

Du siehst, Bruder, daß ich mir eine Ent-
schuldigung vorbehalten habe, meine Wahrheits-
liebe vor den Weibsleuten allhier zu retten: wenn
ich etwa zum Heyrathen geneigt werden möchte,
und sie die Gegenwart der Jungfer Rawlins bey

der



Wir haben einen gluͤcklichen Vorſchlag gethan.
Der Onkel hat wegen unſerer Vermaͤhlung ſich
einige Zweifel in den Kopf geſetzet. Er kann
nicht glauben, es wird auch ſonſt niemand glau-
ben, daß es moͤglich iſt, daß ein ſo verliebter Mann
bey einer ſo reizenden Fraͤulein ‒ ‒

Sie verſtunden alle dieſen Wink ‒ ‒ Die
beyden Witwen bekannten, es waͤre ein ſehr au-
ßerordentlicher Fall. Die Weibsleute haben ho-
he Gedanken von dem, was ſie fuͤr uns thun koͤn-
nen: das habe ich ſchon ſonſt irgendwo ange-
merket, wie ich glaube. ‒ ‒ Jungfer Rawlins
bat, wenn es mir beliebte, ihnen den Vorſchlag zu
eroͤffnen, und ſahe ſo aus, als wenn es nicht noͤ-
thig waͤre, daß ich in meiner Rede fortfuͤhre.

Jch erſuchte ſie, ſich gegen die Fraͤulein nicht
merken zu laſſen, daß ich ihnen erzaͤhlt haͤtte, wo-
rinn der Vorſchlag beſtuͤnde.

Das verſprachen ſie mir.

Der Vorſchlag ſagte ich hierauf waͤre dieſer.
Die Trauung ſollte, dem Herrn Harlowe zu ge-
fallen, noch einmal vollzogen werden, damit er
gaͤnzlich beruhiget wuͤrde. Er ſollte in geheim
ſelbſt gegenwaͤrtig ſeyn und mir ſeine Baſe mit
ſeinen eignen Haͤnden geben ‒ ‒ Sie waͤre ab-
getreten, es zu uͤberlegen.

Du ſiehſt, Bruder, daß ich mir eine Ent-
ſchuldigung vorbehalten habe, meine Wahrheits-
liebe vor den Weibsleuten allhier zu retten: wenn
ich etwa zum Heyrathen geneigt werden moͤchte,
und ſie die Gegenwart der Jungfer Rawlins bey

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0458" n="452"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Wir haben einen glu&#x0364;cklichen Vor&#x017F;chlag gethan.<lb/>
Der Onkel hat wegen un&#x017F;erer Verma&#x0364;hlung &#x017F;ich<lb/>
einige Zweifel in den Kopf ge&#x017F;etzet. Er kann<lb/>
nicht glauben, es wird auch &#x017F;on&#x017F;t niemand glau-<lb/>
ben, daß es mo&#x0364;glich i&#x017F;t, daß ein &#x017F;o verliebter Mann<lb/>
bey einer &#x017F;o reizenden Fra&#x0364;ulein &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <p>Sie ver&#x017F;tunden alle die&#x017F;en Wink &#x2012; &#x2012; Die<lb/>
beyden Witwen bekannten, es wa&#x0364;re ein &#x017F;ehr au-<lb/>
ßerordentlicher Fall. Die Weibsleute haben ho-<lb/>
he Gedanken von dem, was &#x017F;ie fu&#x0364;r uns thun ko&#x0364;n-<lb/>
nen: das habe ich &#x017F;chon &#x017F;on&#x017F;t irgendwo ange-<lb/>
merket, wie ich glaube. &#x2012; &#x2012; Jungfer Rawlins<lb/>
bat, wenn es mir beliebte, ihnen den Vor&#x017F;chlag zu<lb/>
ero&#x0364;ffnen, und &#x017F;ahe &#x017F;o aus, als wenn es nicht no&#x0364;-<lb/>
thig wa&#x0364;re, daß ich in meiner Rede fortfu&#x0364;hre.</p><lb/>
          <p>Jch er&#x017F;uchte &#x017F;ie, &#x017F;ich gegen die Fra&#x0364;ulein nicht<lb/>
merken zu la&#x017F;&#x017F;en, daß ich ihnen erza&#x0364;hlt ha&#x0364;tte, wo-<lb/>
rinn der Vor&#x017F;chlag be&#x017F;tu&#x0364;nde.</p><lb/>
          <p>Das ver&#x017F;prachen &#x017F;ie mir.</p><lb/>
          <p>Der Vor&#x017F;chlag &#x017F;agte ich hierauf wa&#x0364;re die&#x017F;er.<lb/>
Die Trauung &#x017F;ollte, dem Herrn Harlowe zu ge-<lb/>
fallen, noch einmal vollzogen werden, damit er<lb/>
ga&#x0364;nzlich beruhiget wu&#x0364;rde. Er &#x017F;ollte in geheim<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t gegenwa&#x0364;rtig &#x017F;eyn und mir &#x017F;eine Ba&#x017F;e mit<lb/>
&#x017F;einen eignen Ha&#x0364;nden geben &#x2012; &#x2012; Sie wa&#x0364;re ab-<lb/>
getreten, es zu u&#x0364;berlegen.</p><lb/>
          <p>Du &#x017F;ieh&#x017F;t, Bruder, daß ich mir eine Ent-<lb/>
&#x017F;chuldigung vorbehalten habe, meine Wahrheits-<lb/>
liebe vor den Weibsleuten allhier zu retten: wenn<lb/>
ich etwa zum Heyrathen geneigt werden mo&#x0364;chte,<lb/>
und &#x017F;ie die Gegenwart der Jungfer Rawlins bey<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[452/0458] Wir haben einen gluͤcklichen Vorſchlag gethan. Der Onkel hat wegen unſerer Vermaͤhlung ſich einige Zweifel in den Kopf geſetzet. Er kann nicht glauben, es wird auch ſonſt niemand glau- ben, daß es moͤglich iſt, daß ein ſo verliebter Mann bey einer ſo reizenden Fraͤulein ‒ ‒ Sie verſtunden alle dieſen Wink ‒ ‒ Die beyden Witwen bekannten, es waͤre ein ſehr au- ßerordentlicher Fall. Die Weibsleute haben ho- he Gedanken von dem, was ſie fuͤr uns thun koͤn- nen: das habe ich ſchon ſonſt irgendwo ange- merket, wie ich glaube. ‒ ‒ Jungfer Rawlins bat, wenn es mir beliebte, ihnen den Vorſchlag zu eroͤffnen, und ſahe ſo aus, als wenn es nicht noͤ- thig waͤre, daß ich in meiner Rede fortfuͤhre. Jch erſuchte ſie, ſich gegen die Fraͤulein nicht merken zu laſſen, daß ich ihnen erzaͤhlt haͤtte, wo- rinn der Vorſchlag beſtuͤnde. Das verſprachen ſie mir. Der Vorſchlag ſagte ich hierauf waͤre dieſer. Die Trauung ſollte, dem Herrn Harlowe zu ge- fallen, noch einmal vollzogen werden, damit er gaͤnzlich beruhiget wuͤrde. Er ſollte in geheim ſelbſt gegenwaͤrtig ſeyn und mir ſeine Baſe mit ſeinen eignen Haͤnden geben ‒ ‒ Sie waͤre ab- getreten, es zu uͤberlegen. Du ſiehſt, Bruder, daß ich mir eine Ent- ſchuldigung vorbehalten habe, meine Wahrheits- liebe vor den Weibsleuten allhier zu retten: wenn ich etwa zum Heyrathen geneigt werden moͤchte, und ſie die Gegenwart der Jungfer Rawlins bey der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/458
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/458>, abgerufen am 24.11.2024.