sprochen hatte, so bald mir der Capitain ihre Ent- schließung gemeldet hätte.
Rachdem er es gethan; erinnerte ich sie ih- res Versprechens: und sie kam wieder herunter. Sie wiederholte eben dasselbe, was er mir gesagt hatte, und erklärte sich, daß dieß ihr Schluß wä- re, bey dem es bleiben sollte.
Jch that ihr desfalls auf die ehrerbietigste und eifrigste Weise Vorstellung. Sie nöthigte mich, viele von den Gründen, welche ich vorher schon für mich angeführet hatte, zu wiederholen. Der Capitain stand mir mit gleichem Eifer bey. Endlich fielen wir beyde vor ihr auf die Knie.
Nun war sie in der Enge. Mir ward ein- mal bange, daß sie in Ohnmacht sinken möchte. Dennoch wollte keiner von uns aufstehen, ehe ihm etwas zugestanden wäre. Jch redete für mich selbst: der Capitain für seinen werthen Freund, ihren Onkel. Beyde stellten wir vor, daß künftiges Unglück vermieden und die Ruhe und Glückseligkeit zwoer Familien hergestellet werden müßte.
Sie gestand, daß sie dem Streite nicht ge- wachsen wäre. Sie seufzete, sie gluchsete, sie weinte, sie rang ihre Hände.
Jch war in meinen Gelübden und Betheu- rungen vollkommen beredt. Jhre Thränenvollen Augen sahen auf mich nieder. Die reizenden Wangen glüheten. Jn einem jeden liebenswür- digen Zuge ihres Gesichtes ließ sich die Angst au- genscheinlich merken. Endlich schienen ihre be-
bende
ſprochen hatte, ſo bald mir der Capitain ihre Ent- ſchließung gemeldet haͤtte.
Rachdem er es gethan; erinnerte ich ſie ih- res Verſprechens: und ſie kam wieder herunter. Sie wiederholte eben daſſelbe, was er mir geſagt hatte, und erklaͤrte ſich, daß dieß ihr Schluß waͤ- re, bey dem es bleiben ſollte.
Jch that ihr desfalls auf die ehrerbietigſte und eifrigſte Weiſe Vorſtellung. Sie noͤthigte mich, viele von den Gruͤnden, welche ich vorher ſchon fuͤr mich angefuͤhret hatte, zu wiederholen. Der Capitain ſtand mir mit gleichem Eifer bey. Endlich fielen wir beyde vor ihr auf die Knie.
Nun war ſie in der Enge. Mir ward ein- mal bange, daß ſie in Ohnmacht ſinken moͤchte. Dennoch wollte keiner von uns aufſtehen, ehe ihm etwas zugeſtanden waͤre. Jch redete fuͤr mich ſelbſt: der Capitain fuͤr ſeinen werthen Freund, ihren Onkel. Beyde ſtellten wir vor, daß kuͤnftiges Ungluͤck vermieden und die Ruhe und Gluͤckſeligkeit zwoer Familien hergeſtellet werden muͤßte.
Sie geſtand, daß ſie dem Streite nicht ge- wachſen waͤre. Sie ſeufzete, ſie gluchſete, ſie weinte, ſie rang ihre Haͤnde.
Jch war in meinen Geluͤbden und Betheu- rungen vollkommen beredt. Jhre Thraͤnenvollen Augen ſahen auf mich nieder. Die reizenden Wangen gluͤheten. Jn einem jeden liebenswuͤr- digen Zuge ihres Geſichtes ließ ſich die Angſt au- genſcheinlich merken. Endlich ſchienen ihre be-
bende
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ſprochen hatte, ſo bald mir der Capitain ihre Ent-
ſchließung gemeldet haͤtte.
Rachdem er es gethan; erinnerte ich ſie ih-
res Verſprechens: und ſie kam wieder herunter.
Sie wiederholte eben daſſelbe, was er mir geſagt
hatte, und erklaͤrte ſich, daß dieß ihr Schluß waͤ-
re, bey dem es bleiben ſollte.
Jch that ihr desfalls auf die ehrerbietigſte
und eifrigſte Weiſe Vorſtellung. Sie noͤthigte
mich, viele von den Gruͤnden, welche ich vorher
ſchon fuͤr mich angefuͤhret hatte, zu wiederholen.
Der Capitain ſtand mir mit gleichem Eifer bey.
Endlich fielen wir beyde vor ihr auf die Knie.
Nun war ſie in der Enge. Mir ward ein-
mal bange, daß ſie in Ohnmacht ſinken moͤchte.
Dennoch wollte keiner von uns aufſtehen, ehe
ihm etwas zugeſtanden waͤre. Jch redete fuͤr
mich ſelbſt: der Capitain fuͤr ſeinen werthen
Freund, ihren Onkel. Beyde ſtellten wir vor,
daß kuͤnftiges Ungluͤck vermieden und die Ruhe
und Gluͤckſeligkeit zwoer Familien hergeſtellet
werden muͤßte.
Sie geſtand, daß ſie dem Streite nicht ge-
wachſen waͤre. Sie ſeufzete, ſie gluchſete, ſie
weinte, ſie rang ihre Haͤnde.
Jch war in meinen Geluͤbden und Betheu-
rungen vollkommen beredt. Jhre Thraͤnenvollen
Augen ſahen auf mich nieder. Die reizenden
Wangen gluͤheten. Jn einem jeden liebenswuͤr-
digen Zuge ihres Geſichtes ließ ſich die Angſt au-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/476>, abgerufen am 24.11.2024.
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