Jch habe nicht Zeit, dir die eigentlichen Um- stände, wie wir unsern Handel getrieben haben, zu melden.
Meine Geliebte läßt itzo einige von ihren Kleidern zusammen packen: - - um nimmer- mehr einen Fuß wieder in dieß Haus zu setzen. Sie wird es auch niemals wieder thun, das kann ich zuversichtlich sagen, wenn sie noch einmal aus demselben heraus ist.
Allein ich habe nicht die geringste Hoffnung zur Vergebung, nicht einmal zu einer bedingten Vergebung, bisher erlangen können! - - Die Harlowischgesinnte Schöne will sich meiner Barmherzigkeit nicht würdig machen! Sie will auf den nächsten Brief von der Fräulein Howe warten: und alsdenn, wo sie eine Schwie- rigkeit bey ihren neuen Anschlägen findet; dabey habe ich ihr für nichts zu danken; will sie - - Was will sie? - - Ey alsdenn will sie sich noch erst Zeit nehmen, zu überlegen, ob sie mir vergeben kann oder mich auf ewig abweisen muß. Eine Gleichgültigkeit, die in meinem Herzen das Andenken von tausend andern dieser Art wieder lebendig machet! - - Und gleichwohl erklären sich Lady Elisabeth und Fräulein Montague, daß ich mit einem so stolzen Aufschub, der mich auf das ungewisse abweiset, zufrieden seyn müsse. Man möchte fast in die Versuchung gerathen, Bruder, zu denken, als wenn sie wünschten, daß die Fräulein meine Rache reizen möchte.
Sie
Jch habe nicht Zeit, dir die eigentlichen Um- ſtaͤnde, wie wir unſern Handel getrieben haben, zu melden.
Meine Geliebte laͤßt itzo einige von ihren Kleidern zuſammen packen: ‒ ‒ um nimmer- mehr einen Fuß wieder in dieß Haus zu ſetzen. Sie wird es auch niemals wieder thun, das kann ich zuverſichtlich ſagen, wenn ſie noch einmal aus demſelben heraus iſt.
Allein ich habe nicht die geringſte Hoffnung zur Vergebung, nicht einmal zu einer bedingten Vergebung, bisher erlangen koͤnnen! ‒ ‒ Die Harlowiſchgeſinnte Schoͤne will ſich meiner Barmherzigkeit nicht wuͤrdig machen! Sie will auf den naͤchſten Brief von der Fraͤulein Howe warten: und alsdenn, wo ſie eine Schwie- rigkeit bey ihren neuen Anſchlaͤgen findet; dabey habe ich ihr fuͤr nichts zu danken; will ſie ‒ ‒ Was will ſie? ‒ ‒ Ey alsdenn will ſie ſich noch erſt Zeit nehmen, zu uͤberlegen, ob ſie mir vergeben kann oder mich auf ewig abweiſen muß. Eine Gleichguͤltigkeit, die in meinem Herzen das Andenken von tauſend andern dieſer Art wieder lebendig machet! ‒ ‒ Und gleichwohl erklaͤren ſich Lady Eliſabeth und Fraͤulein Montague, daß ich mit einem ſo ſtolzen Aufſchub, der mich auf das ungewiſſe abweiſet, zufrieden ſeyn muͤſſe. Man moͤchte faſt in die Verſuchung gerathen, Bruder, zu denken, als wenn ſie wuͤnſchten, daß die Fraͤulein meine Rache reizen moͤchte.
Sie
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Jch habe nicht Zeit, dir die eigentlichen Um-
ſtaͤnde, wie wir unſern Handel getrieben haben,
zu melden.
Meine Geliebte laͤßt itzo einige von ihren
Kleidern zuſammen packen: ‒ ‒ um nimmer-
mehr einen Fuß wieder in dieß Haus zu ſetzen.
Sie wird es auch niemals wieder thun, das kann
ich zuverſichtlich ſagen, wenn ſie noch einmal aus
demſelben heraus iſt.
Allein ich habe nicht die geringſte Hoffnung
zur Vergebung, nicht einmal zu einer bedingten
Vergebung, bisher erlangen koͤnnen! ‒ ‒ Die
Harlowiſchgeſinnte Schoͤne will ſich meiner
Barmherzigkeit nicht wuͤrdig machen! Sie
will auf den naͤchſten Brief von der Fraͤulein
Howe warten: und alsdenn, wo ſie eine Schwie-
rigkeit bey ihren neuen Anſchlaͤgen findet;
dabey habe ich ihr fuͤr nichts zu danken; will ſie
‒ ‒ Was will ſie? ‒ ‒ Ey alsdenn will ſie ſich
noch erſt Zeit nehmen, zu uͤberlegen, ob ſie mir
vergeben kann oder mich auf ewig abweiſen muß.
Eine Gleichguͤltigkeit, die in meinem Herzen das
Andenken von tauſend andern dieſer Art wieder
lebendig machet! ‒ ‒ Und gleichwohl erklaͤren
ſich Lady Eliſabeth und Fraͤulein Montague, daß
ich mit einem ſo ſtolzen Aufſchub, der mich auf
das ungewiſſe abweiſet, zufrieden ſeyn muͤſſe.
Man moͤchte faſt in die Verſuchung gerathen,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/581>, abgerufen am 24.11.2024.
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