Familie; sie sieht sie doch dafür an; vergebens flehen, daß sie ihrem Verwandten ihre Gunst wieder zuwenden wolle, und sich nach ihrer noch immer stolzern Bedenklichkeit, als nach Gesetzen, richten!
Es erwecke sich nicht weniger das Angeden- ken der Flüche, welche ihre ungestüme Freundinn auf mich geleget hat! Sie sind ja durch ihre Vorstellungen über mich gebracht und dadurch zu ihren eignen Flüchen geworden!
Es erwecke sich aber insonderheit noch mehr das Angedenken des geschmiedeten Anschlages mit ihrer Townsend, der zwischen ihnen auf die Bahn gebracht ist, und nun binnen einem oder zween Tagen ausbrechen soll: und das Angedenken der pöbelhaften Drohungen, welche jene kleine Furie wider mich ausgelassen hat.
Jst dieß nicht der entscheidende Augenblick, auf den ich lange gewartet habe? Soll Tomlin- son, sollen diese Weibsleute angenommen und be- schäfftiget, sollen so viele Triebwerke mit unsägli- chen Kosten in Bewegung gebracht seyn: und das alles umsonst?
Jst dieß nicht die Stunde, da sie ihre Probe aushalten muß - - und in ihr die Tugend des ganzen Geschlechts; eine Probe, worauf ich so lange vorher gesonnen, die ich so lange gedrohet habe? - - Ob ihre Kaltsinnigkeit in der That Kaltsinnigkeit ist? Ob ihre Tugend auf wahren Grundsätzen beruhet? Ob sie, wenn sie einmal untergelegen, nicht allemal unterliegen
wird?
Familie; ſie ſieht ſie doch dafuͤr an; vergebens flehen, daß ſie ihrem Verwandten ihre Gunſt wieder zuwenden wolle, und ſich nach ihrer noch immer ſtolzern Bedenklichkeit, als nach Geſetzen, richten!
Es erwecke ſich nicht weniger das Angeden- ken der Fluͤche, welche ihre ungeſtuͤme Freundinn auf mich geleget hat! Sie ſind ja durch ihre Vorſtellungen uͤber mich gebracht und dadurch zu ihren eignen Fluͤchen geworden!
Es erwecke ſich aber inſonderheit noch mehr das Angedenken des geſchmiedeten Anſchlages mit ihrer Townſend, der zwiſchen ihnen auf die Bahn gebracht iſt, und nun binnen einem oder zween Tagen ausbrechen ſoll: und das Angedenken der poͤbelhaften Drohungen, welche jene kleine Furie wider mich ausgelaſſen hat.
Jſt dieß nicht der entſcheidende Augenblick, auf den ich lange gewartet habe? Soll Tomlin- ſon, ſollen dieſe Weibsleute angenommen und be- ſchaͤfftiget, ſollen ſo viele Triebwerke mit unſaͤgli- chen Koſten in Bewegung gebracht ſeyn: und das alles umſonſt?
Jſt dieß nicht die Stunde, da ſie ihre Probe aushalten muß ‒ ‒ und in ihr die Tugend des ganzen Geſchlechts; eine Probe, worauf ich ſo lange vorher geſonnen, die ich ſo lange gedrohet habe? ‒ ‒ Ob ihre Kaltſinnigkeit in der That Kaltſinnigkeit iſt? Ob ihre Tugend auf wahren Grundſaͤtzen beruhet? Ob ſie, wenn ſie einmal untergelegen, nicht allemal unterliegen
wird?
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Familie; ſie ſieht ſie doch dafuͤr an; vergebens
flehen, daß ſie ihrem Verwandten ihre Gunſt
wieder zuwenden wolle, und ſich nach ihrer noch
immer ſtolzern Bedenklichkeit, als nach Geſetzen,
richten!
Es erwecke ſich nicht weniger das Angeden-
ken der Fluͤche, welche ihre ungeſtuͤme Freundinn
auf mich geleget hat! Sie ſind ja durch ihre
Vorſtellungen uͤber mich gebracht und dadurch
zu ihren eignen Fluͤchen geworden!
Es erwecke ſich aber inſonderheit noch mehr
das Angedenken des geſchmiedeten Anſchlages mit
ihrer Townſend, der zwiſchen ihnen auf die Bahn
gebracht iſt, und nun binnen einem oder zween
Tagen ausbrechen ſoll: und das Angedenken der
poͤbelhaften Drohungen, welche jene kleine
Furie wider mich ausgelaſſen hat.
Jſt dieß nicht der entſcheidende Augenblick,
auf den ich lange gewartet habe? Soll Tomlin-
ſon, ſollen dieſe Weibsleute angenommen und be-
ſchaͤfftiget, ſollen ſo viele Triebwerke mit unſaͤgli-
chen Koſten in Bewegung gebracht ſeyn: und
das alles umſonſt?
Jſt dieß nicht die Stunde, da ſie ihre Probe
aushalten muß ‒ ‒ und in ihr die Tugend des
ganzen Geſchlechts; eine Probe, worauf ich ſo
lange vorher geſonnen, die ich ſo lange gedrohet
habe? ‒ ‒ Ob ihre Kaltſinnigkeit in der That
Kaltſinnigkeit iſt? Ob ihre Tugend auf wahren
Grundſaͤtzen beruhet? Ob ſie, wenn ſie einmal
untergelegen, nicht allemal unterliegen
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/586>, abgerufen am 24.11.2024.
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