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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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ihre Umstände abschilderst, da sie vermuthete, daß
sie von deiner vermeynten Tante und Base be-
rückt, verlassen und verrathen wäre.

Man wird es kaum für glaublich halten.
Du hast sie bey dieser Gelegenheit ihres Verstan-
des beraubt, und halb sprachlos, halb in Ohn-
macht dir zu den Füßen liegend sehen, und doch
bey deinem bösen Vorhaben bleiben können!
Das wird so gar denen kaum glaublich vorkom-
men, die dich kennen: wenn sie die Fräulein
auch gesehen haben.

Die arme, arme Fräulein! Wie hat sie mit
solchen edlen Eigenschaften, welche die vortreff-
lichste Ehe geschmückt haben würden, in die Hän-
de desjenigen Mannes fallen müssen, der allein
in der ganzen Welt ihr so zu begegnen vermö-
gend gewesen ist, als du mit ihr umgegangen
bist! Was ist das für eine unmenschliche Grau-
samkeit gewesen, daß du den alten Drachen, wie
du das Weib gar wohl nennest, auf die vorher in
Schrecken gesetzte Unschuld losgelassen! Was für
ein elendes Probestück unmenschlicher Grausam-
keit! das bloß zu dem Ende abgeleget ist, damit
du dasjenige durch Schrecken erhalten mögest,
was du durch Liebe, ob sie gleich durch die hinter-
listigsten Ränke unterstützet war, zu erhalten nicht
die geringste Hoffnung hattest.

O Lovelace! Lovelace! Hätte ich vor-
her daran gezweifelt: so würde ich nun
überzeuget seyn, daß es eine andere Welt
nach dieser geben müsse; damit den unrecht-

mäßig
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ihre Umſtaͤnde abſchilderſt, da ſie vermuthete, daß
ſie von deiner vermeynten Tante und Baſe be-
ruͤckt, verlaſſen und verrathen waͤre.

Man wird es kaum fuͤr glaublich halten.
Du haſt ſie bey dieſer Gelegenheit ihres Verſtan-
des beraubt, und halb ſprachlos, halb in Ohn-
macht dir zu den Fuͤßen liegend ſehen, und doch
bey deinem boͤſen Vorhaben bleiben koͤnnen!
Das wird ſo gar denen kaum glaublich vorkom-
men, die dich kennen: wenn ſie die Fraͤulein
auch geſehen haben.

Die arme, arme Fraͤulein! Wie hat ſie mit
ſolchen edlen Eigenſchaften, welche die vortreff-
lichſte Ehe geſchmuͤckt haben wuͤrden, in die Haͤn-
de desjenigen Mannes fallen muͤſſen, der allein
in der ganzen Welt ihr ſo zu begegnen vermoͤ-
gend geweſen iſt, als du mit ihr umgegangen
biſt! Was iſt das fuͤr eine unmenſchliche Grau-
ſamkeit geweſen, daß du den alten Drachen, wie
du das Weib gar wohl nenneſt, auf die vorher in
Schrecken geſetzte Unſchuld losgelaſſen! Was fuͤr
ein elendes Probeſtuͤck unmenſchlicher Grauſam-
keit! das bloß zu dem Ende abgeleget iſt, damit
du dasjenige durch Schrecken erhalten moͤgeſt,
was du durch Liebe, ob ſie gleich durch die hinter-
liſtigſten Raͤnke unterſtuͤtzet war, zu erhalten nicht
die geringſte Hoffnung hatteſt.

O Lovelace! Lovelace! Haͤtte ich vor-
her daran gezweifelt: ſo wuͤrde ich nun
uͤberzeuget ſeyn, daß es eine andere Welt
nach dieſer geben muͤſſe; damit den unrecht-

maͤßig
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[599/0605] ihre Umſtaͤnde abſchilderſt, da ſie vermuthete, daß ſie von deiner vermeynten Tante und Baſe be- ruͤckt, verlaſſen und verrathen waͤre. Man wird es kaum fuͤr glaublich halten. Du haſt ſie bey dieſer Gelegenheit ihres Verſtan- des beraubt, und halb ſprachlos, halb in Ohn- macht dir zu den Fuͤßen liegend ſehen, und doch bey deinem boͤſen Vorhaben bleiben koͤnnen! Das wird ſo gar denen kaum glaublich vorkom- men, die dich kennen: wenn ſie die Fraͤulein auch geſehen haben. Die arme, arme Fraͤulein! Wie hat ſie mit ſolchen edlen Eigenſchaften, welche die vortreff- lichſte Ehe geſchmuͤckt haben wuͤrden, in die Haͤn- de desjenigen Mannes fallen muͤſſen, der allein in der ganzen Welt ihr ſo zu begegnen vermoͤ- gend geweſen iſt, als du mit ihr umgegangen biſt! Was iſt das fuͤr eine unmenſchliche Grau- ſamkeit geweſen, daß du den alten Drachen, wie du das Weib gar wohl nenneſt, auf die vorher in Schrecken geſetzte Unſchuld losgelaſſen! Was fuͤr ein elendes Probeſtuͤck unmenſchlicher Grauſam- keit! das bloß zu dem Ende abgeleget iſt, damit du dasjenige durch Schrecken erhalten moͤgeſt, was du durch Liebe, ob ſie gleich durch die hinter- liſtigſten Raͤnke unterſtuͤtzet war, zu erhalten nicht die geringſte Hoffnung hatteſt. O Lovelace! Lovelace! Haͤtte ich vor- her daran gezweifelt: ſo wuͤrde ich nun uͤberzeuget ſeyn, daß es eine andere Welt nach dieſer geben muͤſſe; damit den unrecht- maͤßig P p 4

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/605>, abgerufen am 24.11.2024.