in dem Hause haben dagegen versichert, daß es daselbst nicht geschehen, aber doch unstreitig wäre, daß die Fräulein glücklich und zufrieden lebte: und Frau Moore und Frau Bevis haben dabey den Unglücksstiftern einen Stich gegeben; weil sie wußten, daß Frau Townsend mit der Fräulein Howe bekannt ist.
Da meine Schöne nunmehr weder Briefe bekommen noch wegschicken kann: so bin ich die- ser Frau Townsend und ihrer Anstifterinn wegen ganz geruhig. Jch bilde mir ein, die Fräulein Howe werde nicht wissen, was sie von der Sache denken soll. Sie wird sich fürchten, durch Wil- sons Hand einen Brief gehen zu lassen. Viel- leicht muthmaßet sie, daß ihre Freundinn sie ge- ringe schätze, oder ihre Gesinnung zu meinem Vortheil geändert habe, und sich schäme, es zuge- stehen; weil sie auf das, was sie geschrieben, keine Antwort bekommen hat; und glauben wird, daß der Bauerkerl ihren letzten Brief ihrer Freundinn selbst in die Hände geliefert habe.
Jmmittelst ist mir ein kleiner Anschlag von einer neuen Art eingefallen. Er soll bloß zum Zeitvertreib dienen: zu weiter nichts. Abwech- selung ist so etwas angenehmes, daß man ihren Reizungen nicht widerstehen kann. Es ist mir nicht möglich zu leben, wenn ich nicht einen klei- nen Streich spiele. Meine Geliebte fühlet keine Regungen, keine von denen Regungen, die ich ger- ne bey ihr sehen möchte. Sie verbindet mich zu vollkommener Ehrerbietung. Jch bin itzo mehr
geneigt,
in dem Hauſe haben dagegen verſichert, daß es daſelbſt nicht geſchehen, aber doch unſtreitig waͤre, daß die Fraͤulein gluͤcklich und zufrieden lebte: und Frau Moore und Frau Bevis haben dabey den Ungluͤcksſtiftern einen Stich gegeben; weil ſie wußten, daß Frau Townſend mit der Fraͤulein Howe bekannt iſt.
Da meine Schoͤne nunmehr weder Briefe bekommen noch wegſchicken kann: ſo bin ich die- ſer Frau Townſend und ihrer Anſtifterinn wegen ganz geruhig. Jch bilde mir ein, die Fraͤulein Howe werde nicht wiſſen, was ſie von der Sache denken ſoll. Sie wird ſich fuͤrchten, durch Wil- ſons Hand einen Brief gehen zu laſſen. Viel- leicht muthmaßet ſie, daß ihre Freundinn ſie ge- ringe ſchaͤtze, oder ihre Geſinnung zu meinem Vortheil geaͤndert habe, und ſich ſchaͤme, es zuge- ſtehen; weil ſie auf das, was ſie geſchrieben, keine Antwort bekommen hat; und glauben wird, daß der Bauerkerl ihren letzten Brief ihrer Freundinn ſelbſt in die Haͤnde geliefert habe.
Jmmittelſt iſt mir ein kleiner Anſchlag von einer neuen Art eingefallen. Er ſoll bloß zum Zeitvertreib dienen: zu weiter nichts. Abwech- ſelung iſt ſo etwas angenehmes, daß man ihren Reizungen nicht widerſtehen kann. Es iſt mir nicht moͤglich zu leben, wenn ich nicht einen klei- nen Streich ſpiele. Meine Geliebte fuͤhlet keine Regungen, keine von denen Regungen, die ich ger- ne bey ihr ſehen moͤchte. Sie verbindet mich zu vollkommener Ehrerbietung. Jch bin itzo mehr
geneigt,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0645"n="639"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><hirendition="#fr">in dem Hauſe</hi> haben dagegen verſichert, daß es<lb/>
daſelbſt nicht geſchehen, aber doch unſtreitig waͤre,<lb/>
daß die Fraͤulein gluͤcklich und zufrieden lebte:<lb/>
und Frau Moore und Frau Bevis haben dabey<lb/>
den <hirendition="#fr">Ungluͤcksſtiftern</hi> einen Stich gegeben;<lb/>
weil ſie wußten, daß Frau Townſend mit der<lb/>
Fraͤulein Howe bekannt iſt.</p><lb/><p>Da meine Schoͤne nunmehr weder Briefe<lb/>
bekommen noch wegſchicken kann: ſo bin ich die-<lb/>ſer Frau Townſend und ihrer Anſtifterinn wegen<lb/>
ganz geruhig. Jch bilde mir ein, die Fraͤulein<lb/>
Howe werde nicht wiſſen, was ſie von der Sache<lb/>
denken ſoll. Sie wird ſich fuͤrchten, durch Wil-<lb/>ſons Hand einen Brief gehen zu laſſen. Viel-<lb/>
leicht muthmaßet ſie, daß ihre Freundinn ſie ge-<lb/>
ringe ſchaͤtze, oder ihre Geſinnung zu meinem<lb/>
Vortheil geaͤndert habe, und ſich ſchaͤme, es zuge-<lb/>ſtehen; weil ſie auf das, was ſie geſchrieben, keine<lb/>
Antwort bekommen hat; und glauben wird, daß<lb/>
der Bauerkerl ihren letzten Brief ihrer Freundinn<lb/>ſelbſt in die Haͤnde geliefert habe.</p><lb/><p>Jmmittelſt iſt mir ein kleiner Anſchlag von<lb/>
einer <hirendition="#fr">neuen</hi> Art eingefallen. Er ſoll bloß zum<lb/>
Zeitvertreib dienen: zu weiter nichts. Abwech-<lb/>ſelung iſt ſo etwas angenehmes, daß man ihren<lb/>
Reizungen nicht widerſtehen kann. Es iſt mir<lb/>
nicht moͤglich zu leben, wenn ich nicht einen klei-<lb/>
nen Streich ſpiele. Meine Geliebte fuͤhlet keine<lb/>
Regungen, keine von denen Regungen, die ich ger-<lb/>
ne bey ihr ſehen moͤchte. Sie verbindet mich zu<lb/>
vollkommener Ehrerbietung. Jch bin itzo mehr<lb/><fwplace="bottom"type="catch">geneigt,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[639/0645]
in dem Hauſe haben dagegen verſichert, daß es
daſelbſt nicht geſchehen, aber doch unſtreitig waͤre,
daß die Fraͤulein gluͤcklich und zufrieden lebte:
und Frau Moore und Frau Bevis haben dabey
den Ungluͤcksſtiftern einen Stich gegeben;
weil ſie wußten, daß Frau Townſend mit der
Fraͤulein Howe bekannt iſt.
Da meine Schoͤne nunmehr weder Briefe
bekommen noch wegſchicken kann: ſo bin ich die-
ſer Frau Townſend und ihrer Anſtifterinn wegen
ganz geruhig. Jch bilde mir ein, die Fraͤulein
Howe werde nicht wiſſen, was ſie von der Sache
denken ſoll. Sie wird ſich fuͤrchten, durch Wil-
ſons Hand einen Brief gehen zu laſſen. Viel-
leicht muthmaßet ſie, daß ihre Freundinn ſie ge-
ringe ſchaͤtze, oder ihre Geſinnung zu meinem
Vortheil geaͤndert habe, und ſich ſchaͤme, es zuge-
ſtehen; weil ſie auf das, was ſie geſchrieben, keine
Antwort bekommen hat; und glauben wird, daß
der Bauerkerl ihren letzten Brief ihrer Freundinn
ſelbſt in die Haͤnde geliefert habe.
Jmmittelſt iſt mir ein kleiner Anſchlag von
einer neuen Art eingefallen. Er ſoll bloß zum
Zeitvertreib dienen: zu weiter nichts. Abwech-
ſelung iſt ſo etwas angenehmes, daß man ihren
Reizungen nicht widerſtehen kann. Es iſt mir
nicht moͤglich zu leben, wenn ich nicht einen klei-
nen Streich ſpiele. Meine Geliebte fuͤhlet keine
Regungen, keine von denen Regungen, die ich ger-
ne bey ihr ſehen moͤchte. Sie verbindet mich zu
vollkommener Ehrerbietung. Jch bin itzo mehr
geneigt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/645>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.