ich ein ernsthaftes und zorniges Wesen annahm. Aber ich finde auch zugleich, wenn ich mir den Vortheil, den mir dieses über sie giebet, an- maße, daß ich selbst ein feiger Tropf bin; wel- ches ich mir sonst nicht hätte in den Sinn kom- men lassen: da ich aus Furcht, sie möchte sich Gewalt thun, so leicht habe in Schrecken gera- then können.
Der neun und vierzigste Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
By allem Widerwillen meiner Geliebten ge- gen mich, läßt mich doch mein Herz nicht anders gedenken, als daß sie zuletzt alles überse- hen, und sich, einerley Joch mit mir zu tragen, gefallen lassen wird. Sollte sie auch morgen sterben; und sie wüßte es vorher: würde wohl ein Frauenzimmer von ihrem Verstande, von ihrer Bedenklichkeit, unter ihren Umständen, von ei- ner so stolzen Familie, nicht lieber verheyrathet sterben, als in einem andern Stande? - - Es ist kein Zweifel daran: wenn sie den Mann auch noch so herzlich hassete. Jst dieß aber: so ist itzo nur ein Mann, den sie bekommen könnte - - und das bin ich.
Da
ich ein ernſthaftes und zorniges Weſen annahm. Aber ich finde auch zugleich, wenn ich mir den Vortheil, den mir dieſes uͤber ſie giebet, an- maße, daß ich ſelbſt ein feiger Tropf bin; wel- ches ich mir ſonſt nicht haͤtte in den Sinn kom- men laſſen: da ich aus Furcht, ſie moͤchte ſich Gewalt thun, ſo leicht habe in Schrecken gera- then koͤnnen.
Der neun und vierzigſte Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
By allem Widerwillen meiner Geliebten ge- gen mich, laͤßt mich doch mein Herz nicht anders gedenken, als daß ſie zuletzt alles uͤberſe- hen, und ſich, einerley Joch mit mir zu tragen, gefallen laſſen wird. Sollte ſie auch morgen ſterben; und ſie wuͤßte es vorher: wuͤrde wohl ein Frauenzimmer von ihrem Verſtande, von ihrer Bedenklichkeit, unter ihren Umſtaͤnden, von ei- ner ſo ſtolzen Familie, nicht lieber verheyrathet ſterben, als in einem andern Stande? ‒ ‒ Es iſt kein Zweifel daran: wenn ſie den Mann auch noch ſo herzlich haſſete. Jſt dieß aber: ſo iſt itzo nur ein Mann, den ſie bekommen koͤnnte ‒ ‒ und das bin ich.
Da
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ich ein ernſthaftes und zorniges Weſen annahm.
Aber ich finde auch zugleich, wenn ich mir
den Vortheil, den mir dieſes uͤber ſie giebet, an-
maße, daß ich ſelbſt ein feiger Tropf bin; wel-
ches ich mir ſonſt nicht haͤtte in den Sinn kom-
men laſſen: da ich aus Furcht, ſie moͤchte ſich
Gewalt thun, ſo leicht habe in Schrecken gera-
then koͤnnen.
Der neun und vierzigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Joh. Belford.
By allem Widerwillen meiner Geliebten ge-
gen mich, laͤßt mich doch mein Herz nicht
anders gedenken, als daß ſie zuletzt alles uͤberſe-
hen, und ſich, einerley Joch mit mir zu tragen,
gefallen laſſen wird. Sollte ſie auch morgen
ſterben; und ſie wuͤßte es vorher: wuͤrde wohl ein
Frauenzimmer von ihrem Verſtande, von ihrer
Bedenklichkeit, unter ihren Umſtaͤnden, von ei-
ner ſo ſtolzen Familie, nicht lieber verheyrathet
ſterben, als in einem andern Stande? ‒ ‒ Es
iſt kein Zweifel daran: wenn ſie den Mann
auch noch ſo herzlich haſſete. Jſt dieß aber: ſo
iſt itzo nur ein Mann, den ſie bekommen koͤnnte
‒ ‒ und das bin ich.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/705>, abgerufen am 24.11.2024.
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