Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


Da ich nun so leichtsinnig von dem Joche-
tragen schwatze; an vertraute Freunde schrei-
ben
ist ja nichts anders, Bruder, als schwa-
tzen:
so wirst du fertig seyn, das weiß ich gewiß,
mich nach meiner Gesinnung über diesen Punkt
zu befragen.

Jch will dir so viel von meinem Herzen sa-
gen, als ich selbst davon weiß - - Wenn ich
von ihr bin: so kann ich es noch nicht ändern,
daß ich mich nicht über das Heyrathen bedenken
und oft gar dawider entschließen sollte. Dann
setze ich mir vor, meinen Anschlag, den ich so
lieb habe, ins Werk zu richten, und sie zu einem
vertraulichen Leben ohne Vermählung zu bewe-
gen. Allein so bald ich bey ihr bin: sage, schwö-
re und thue ich gern alles, was ihr nach meinen
Gedanken am gefälligsten ist. Ja wäre nur ein
Pfarrer bey der Hand: so würde ich ohne allen
Zweifel auf einmal in den Stand hineinplum-
pen.

Jch habe oft, bey gemeinen Fällen, daran
gedacht, was es für ein Glück für viele unbe-
dächtliche Mannspersonen ist; es giebt so wohl
unbedächtliche Mannspersonen, als unbedächtli-
che Mägdchen, Bruder, und vielleicht werden je-
ne
eben so oft ins Garn gezogen, als diese; daß
festgesetzte Gebräuche und große Anstalten zur
feyerlichen Vollziehung dieses unauflöslichen
Bündnisses erfordert werden, und eine Manns-
person gemeiniglich Zeit hat, sich noch zwischen
dem heissen Abend und dem kühlern Morgen zu

besin-


Da ich nun ſo leichtſinnig von dem Joche-
tragen ſchwatze; an vertraute Freunde ſchrei-
ben
iſt ja nichts anders, Bruder, als ſchwa-
tzen:
ſo wirſt du fertig ſeyn, das weiß ich gewiß,
mich nach meiner Geſinnung uͤber dieſen Punkt
zu befragen.

Jch will dir ſo viel von meinem Herzen ſa-
gen, als ich ſelbſt davon weiß ‒ ‒ Wenn ich
von ihr bin: ſo kann ich es noch nicht aͤndern,
daß ich mich nicht uͤber das Heyrathen bedenken
und oft gar dawider entſchließen ſollte. Dann
ſetze ich mir vor, meinen Anſchlag, den ich ſo
lieb habe, ins Werk zu richten, und ſie zu einem
vertraulichen Leben ohne Vermaͤhlung zu bewe-
gen. Allein ſo bald ich bey ihr bin: ſage, ſchwoͤ-
re und thue ich gern alles, was ihr nach meinen
Gedanken am gefaͤlligſten iſt. Ja waͤre nur ein
Pfarrer bey der Hand: ſo wuͤrde ich ohne allen
Zweifel auf einmal in den Stand hineinplum-
pen.

Jch habe oft, bey gemeinen Faͤllen, daran
gedacht, was es fuͤr ein Gluͤck fuͤr viele unbe-
daͤchtliche Mannsperſonen iſt; es giebt ſo wohl
unbedaͤchtliche Mannsperſonen, als unbedaͤchtli-
che Maͤgdchen, Bruder, und vielleicht werden je-
ne
eben ſo oft ins Garn gezogen, als dieſe; daß
feſtgeſetzte Gebraͤuche und große Anſtalten zur
feyerlichen Vollziehung dieſes unaufloͤslichen
Buͤndniſſes erfordert werden, und eine Manns-
perſon gemeiniglich Zeit hat, ſich noch zwiſchen
dem heiſſen Abend und dem kuͤhlern Morgen zu

beſin-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0706" n="700"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Da ich nun &#x017F;o leicht&#x017F;innig von dem Joche-<lb/>
tragen &#x017F;chwatze; <hi rendition="#fr">an vertraute Freunde &#x017F;chrei-<lb/>
ben</hi> i&#x017F;t ja nichts anders, Bruder, <hi rendition="#fr">als &#x017F;chwa-<lb/>
tzen:</hi> &#x017F;o wir&#x017F;t du fertig &#x017F;eyn, das weiß ich gewiß,<lb/>
mich nach meiner Ge&#x017F;innung u&#x0364;ber die&#x017F;en Punkt<lb/>
zu befragen.</p><lb/>
          <p>Jch will dir &#x017F;o viel von meinem Herzen &#x017F;a-<lb/>
gen, als ich &#x017F;elb&#x017F;t davon weiß &#x2012; &#x2012; Wenn ich<lb/><hi rendition="#fr">von</hi> ihr bin: &#x017F;o kann ich es noch nicht a&#x0364;ndern,<lb/>
daß ich mich nicht u&#x0364;ber das Heyrathen bedenken<lb/>
und oft gar dawider ent&#x017F;chließen &#x017F;ollte. Dann<lb/>
&#x017F;etze ich mir vor, meinen An&#x017F;chlag, den ich &#x017F;o<lb/>
lieb habe, ins Werk zu richten, und &#x017F;ie zu einem<lb/>
vertraulichen Leben ohne Verma&#x0364;hlung zu bewe-<lb/>
gen. Allein &#x017F;o bald ich <hi rendition="#fr">bey</hi> ihr bin: &#x017F;age, &#x017F;chwo&#x0364;-<lb/>
re und thue ich gern alles, was ihr nach meinen<lb/>
Gedanken am gefa&#x0364;llig&#x017F;ten i&#x017F;t. Ja wa&#x0364;re nur ein<lb/>
Pfarrer bey der Hand: &#x017F;o wu&#x0364;rde ich ohne allen<lb/>
Zweifel auf einmal in den Stand hineinplum-<lb/>
pen.</p><lb/>
          <p>Jch habe oft, bey <hi rendition="#fr">gemeinen</hi> Fa&#x0364;llen, daran<lb/>
gedacht, was es fu&#x0364;r ein Glu&#x0364;ck fu&#x0364;r viele unbe-<lb/>
da&#x0364;chtliche Mannsper&#x017F;onen i&#x017F;t; es giebt &#x017F;o wohl<lb/>
unbeda&#x0364;chtliche Mannsper&#x017F;onen, als unbeda&#x0364;chtli-<lb/>
che Ma&#x0364;gdchen, Bruder, und vielleicht werden <hi rendition="#fr">je-<lb/>
ne</hi> eben &#x017F;o oft ins Garn gezogen, als <hi rendition="#fr">die&#x017F;e;</hi> daß<lb/>
fe&#x017F;tge&#x017F;etzte Gebra&#x0364;uche und große An&#x017F;talten zur<lb/>
feyerlichen Vollziehung die&#x017F;es unauflo&#x0364;slichen<lb/>
Bu&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;es erfordert werden, und eine Manns-<lb/>
per&#x017F;on gemeiniglich Zeit hat, &#x017F;ich noch zwi&#x017F;chen<lb/>
dem hei&#x017F;&#x017F;en Abend und dem ku&#x0364;hlern Morgen zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">be&#x017F;in-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[700/0706] Da ich nun ſo leichtſinnig von dem Joche- tragen ſchwatze; an vertraute Freunde ſchrei- ben iſt ja nichts anders, Bruder, als ſchwa- tzen: ſo wirſt du fertig ſeyn, das weiß ich gewiß, mich nach meiner Geſinnung uͤber dieſen Punkt zu befragen. Jch will dir ſo viel von meinem Herzen ſa- gen, als ich ſelbſt davon weiß ‒ ‒ Wenn ich von ihr bin: ſo kann ich es noch nicht aͤndern, daß ich mich nicht uͤber das Heyrathen bedenken und oft gar dawider entſchließen ſollte. Dann ſetze ich mir vor, meinen Anſchlag, den ich ſo lieb habe, ins Werk zu richten, und ſie zu einem vertraulichen Leben ohne Vermaͤhlung zu bewe- gen. Allein ſo bald ich bey ihr bin: ſage, ſchwoͤ- re und thue ich gern alles, was ihr nach meinen Gedanken am gefaͤlligſten iſt. Ja waͤre nur ein Pfarrer bey der Hand: ſo wuͤrde ich ohne allen Zweifel auf einmal in den Stand hineinplum- pen. Jch habe oft, bey gemeinen Faͤllen, daran gedacht, was es fuͤr ein Gluͤck fuͤr viele unbe- daͤchtliche Mannsperſonen iſt; es giebt ſo wohl unbedaͤchtliche Mannsperſonen, als unbedaͤchtli- che Maͤgdchen, Bruder, und vielleicht werden je- ne eben ſo oft ins Garn gezogen, als dieſe; daß feſtgeſetzte Gebraͤuche und große Anſtalten zur feyerlichen Vollziehung dieſes unaufloͤslichen Buͤndniſſes erfordert werden, und eine Manns- perſon gemeiniglich Zeit hat, ſich noch zwiſchen dem heiſſen Abend und dem kuͤhlern Morgen zu beſin-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/706
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/706>, abgerufen am 24.11.2024.