Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



hingerissen! - - Kannst du mir sagen, wodurch?
- - O Teufel der Jugend und Teufel der Ränke,
wie verleitet ihr mich! - - Wie oft endigen wir
mit solchem Erfolg, der die empfindlichsten Ge-
wissensbisse nach sich ziehet, was wir mit Ver-
messenheit und Uebermuth angefangen ha-
ben! - -

Jtzt, da ich dieses schreibe, ist inzwischen der
Ausschlag für die Ehe. Denn ich verzweifele
daran, daß ich meine Absicht, die mir sonst am
Herzen liegt, bey ihr erhalten sollte.

Die Fräulein sagt zu Dorcas, daß ihr das
Herz gebrochen sey, und daß sie nicht lange mehr
leben werde. Jch denke nichts davon: wenn
wir heyrathen. Einmal weiß sie noch nicht, was
in einem Stande, dem alle von dem schönen Ge-
schlechte mit großem Vergnügen entgegensehen,
ein ruhiges Gemüth ohne Furcht und Sorge
über sie für Wirkungen haben werde. Wie oft
hat sich die ganze heilige Versammlung der Car-
dinäle auf diese Art in ihrer Wahl eines Pabstes
betrogen: indem sie nicht bedacht, daß die neue
Würde an sich schon hinreichend sey, neues Leben
zu geben! - - Eine Gemüthsruhe auf einige
Monate wird meiner bezaubernden Schönen
ganz andere Begriffe von Dingen beybringen:
und ich kann sicher sagen, wie ich bereits sonst ge-
sagt habe (*); wenn ich einmal verheyrathet bin,
so bin ich Zeit Lebens verheyrathet.

Hier-
(*) Siehe den XXXV. Brief dieses Theils.



hingeriſſen! ‒ ‒ Kannſt du mir ſagen, wodurch?
‒ ‒ O Teufel der Jugend und Teufel der Raͤnke,
wie verleitet ihr mich! ‒ ‒ Wie oft endigen wir
mit ſolchem Erfolg, der die empfindlichſten Ge-
wiſſensbiſſe nach ſich ziehet, was wir mit Ver-
meſſenheit und Uebermuth angefangen ha-
ben! ‒ ‒

Jtzt, da ich dieſes ſchreibe, iſt inzwiſchen der
Ausſchlag fuͤr die Ehe. Denn ich verzweifele
daran, daß ich meine Abſicht, die mir ſonſt am
Herzen liegt, bey ihr erhalten ſollte.

Die Fraͤulein ſagt zu Dorcas, daß ihr das
Herz gebrochen ſey, und daß ſie nicht lange mehr
leben werde. Jch denke nichts davon: wenn
wir heyrathen. Einmal weiß ſie noch nicht, was
in einem Stande, dem alle von dem ſchoͤnen Ge-
ſchlechte mit großem Vergnuͤgen entgegenſehen,
ein ruhiges Gemuͤth ohne Furcht und Sorge
uͤber ſie fuͤr Wirkungen haben werde. Wie oft
hat ſich die ganze heilige Verſammlung der Car-
dinaͤle auf dieſe Art in ihrer Wahl eines Pabſtes
betrogen: indem ſie nicht bedacht, daß die neue
Wuͤrde an ſich ſchon hinreichend ſey, neues Leben
zu geben! ‒ ‒ Eine Gemuͤthsruhe auf einige
Monate wird meiner bezaubernden Schoͤnen
ganz andere Begriffe von Dingen beybringen:
und ich kann ſicher ſagen, wie ich bereits ſonſt ge-
ſagt habe (*); wenn ich einmal verheyrathet bin,
ſo bin ich Zeit Lebens verheyrathet.

Hier-
(*) Siehe den XXXV. Brief dieſes Theils.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0708" n="702"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
hingeri&#x017F;&#x017F;en! &#x2012; &#x2012; Kann&#x017F;t du mir &#x017F;agen, wodurch?<lb/>
&#x2012; &#x2012; O Teufel der Jugend und Teufel der Ra&#x0364;nke,<lb/>
wie verleitet ihr mich! &#x2012; &#x2012; Wie oft endigen wir<lb/>
mit &#x017F;olchem Erfolg, der die empfindlich&#x017F;ten Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;ensbi&#x017F;&#x017F;e nach &#x017F;ich ziehet, was wir mit Ver-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;enheit und Uebermuth angefangen ha-<lb/>
ben! &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <p>Jtzt, da ich die&#x017F;es &#x017F;chreibe, i&#x017F;t inzwi&#x017F;chen der<lb/>
Aus&#x017F;chlag fu&#x0364;r die Ehe. Denn ich verzweifele<lb/>
daran, daß ich meine Ab&#x017F;icht, die mir &#x017F;on&#x017F;t am<lb/>
Herzen liegt, bey ihr erhalten &#x017F;ollte.</p><lb/>
          <p>Die Fra&#x0364;ulein &#x017F;agt zu Dorcas, daß ihr das<lb/>
Herz gebrochen &#x017F;ey, und daß &#x017F;ie nicht lange mehr<lb/>
leben werde. Jch denke nichts davon: wenn<lb/>
wir heyrathen. Einmal weiß &#x017F;ie noch nicht, was<lb/>
in einem Stande, dem alle von dem &#x017F;cho&#x0364;nen Ge-<lb/>
&#x017F;chlechte mit großem Vergnu&#x0364;gen entgegen&#x017F;ehen,<lb/>
ein ruhiges Gemu&#x0364;th ohne Furcht und Sorge<lb/>
u&#x0364;ber &#x017F;ie fu&#x0364;r Wirkungen haben werde. Wie oft<lb/>
hat &#x017F;ich die ganze heilige Ver&#x017F;ammlung der Car-<lb/>
dina&#x0364;le auf die&#x017F;e Art in ihrer Wahl eines Pab&#x017F;tes<lb/>
betrogen: indem &#x017F;ie nicht bedacht, daß die neue<lb/>
Wu&#x0364;rde an &#x017F;ich &#x017F;chon hinreichend &#x017F;ey, neues Leben<lb/>
zu geben! &#x2012; &#x2012; Eine Gemu&#x0364;thsruhe auf einige<lb/>
Monate wird meiner bezaubernden Scho&#x0364;nen<lb/>
ganz andere Begriffe von Dingen beybringen:<lb/>
und ich kann &#x017F;icher &#x017F;agen, wie ich bereits &#x017F;on&#x017F;t ge-<lb/>
&#x017F;agt habe <note place="foot" n="(*)">Siehe den <hi rendition="#aq">XXXV.</hi> Brief die&#x017F;es Theils.</note>; wenn ich einmal verheyrathet bin,<lb/>
&#x017F;o bin ich Zeit Lebens verheyrathet.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Hier-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[702/0708] hingeriſſen! ‒ ‒ Kannſt du mir ſagen, wodurch? ‒ ‒ O Teufel der Jugend und Teufel der Raͤnke, wie verleitet ihr mich! ‒ ‒ Wie oft endigen wir mit ſolchem Erfolg, der die empfindlichſten Ge- wiſſensbiſſe nach ſich ziehet, was wir mit Ver- meſſenheit und Uebermuth angefangen ha- ben! ‒ ‒ Jtzt, da ich dieſes ſchreibe, iſt inzwiſchen der Ausſchlag fuͤr die Ehe. Denn ich verzweifele daran, daß ich meine Abſicht, die mir ſonſt am Herzen liegt, bey ihr erhalten ſollte. Die Fraͤulein ſagt zu Dorcas, daß ihr das Herz gebrochen ſey, und daß ſie nicht lange mehr leben werde. Jch denke nichts davon: wenn wir heyrathen. Einmal weiß ſie noch nicht, was in einem Stande, dem alle von dem ſchoͤnen Ge- ſchlechte mit großem Vergnuͤgen entgegenſehen, ein ruhiges Gemuͤth ohne Furcht und Sorge uͤber ſie fuͤr Wirkungen haben werde. Wie oft hat ſich die ganze heilige Verſammlung der Car- dinaͤle auf dieſe Art in ihrer Wahl eines Pabſtes betrogen: indem ſie nicht bedacht, daß die neue Wuͤrde an ſich ſchon hinreichend ſey, neues Leben zu geben! ‒ ‒ Eine Gemuͤthsruhe auf einige Monate wird meiner bezaubernden Schoͤnen ganz andere Begriffe von Dingen beybringen: und ich kann ſicher ſagen, wie ich bereits ſonſt ge- ſagt habe (*); wenn ich einmal verheyrathet bin, ſo bin ich Zeit Lebens verheyrathet. Hier- (*) Siehe den XXXV. Brief dieſes Theils.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/708
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 702. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/708>, abgerufen am 24.11.2024.