zu viel daran gelegen, stille darauf zu schweigen. Der andere, der ihnen selbst in die Hände gelie- fert ist (*), enthielte eine so inständige Bitte, mich nur mit einer Zeile zu beehren, daß ich erstaunte, wie mir diese Gefälligkeit versagt werden konnte - - Noch mehr aber bin ich erstaunt, daß ich seit dem nicht von ihnen gehört habe.
Der Kerl beschrieb den Zustand, worinn er sie gesehen hätte, und ihre Reden mit ihm, so wunderlich, daß ich nicht weiß, was ich daraus schließen soll: außer daß er ein einfältiger, unbe- dächtlicher und doch eingebildeter Klotz ist, der, weil er an Beschreibungen und an dem bäuri- schen Wunderbaren Lust hat, allen Dingen, die er erzählt, das Ansehen von einem bäurischen Abentheuer giebet. Daß dieß seine Art sey, werden sie leichtlich glauben, wenn sie seine Be- schreibung hören. Er beschrieb sie ausnehmend traurig (**), jedoch so viel stärker von Person und Bildung; so rosenroth, dieß war sein Wort, von Gesichte; so blühend von Farbe; und so fett an ihren Armen, daß man schließen möchte, sie würden von der Wirkung eines bösen Giftes geplaget; und das um so viel mehr, da er zu ih- nen hineingeführet worden, als sie auf einem Ru- hebette gelegen, von welchem sie nicht hätten auf- stehen oder sich aufrichten mögen.
Auf
(*) Siehe den XXXIII. Brief dieses Theils.
(**) Siehe den XXXII. Brief dieses Theils.
zu viel daran gelegen, ſtille darauf zu ſchweigen. Der andere, der ihnen ſelbſt in die Haͤnde gelie- fert iſt (*), enthielte eine ſo inſtaͤndige Bitte, mich nur mit einer Zeile zu beehren, daß ich erſtaunte, wie mir dieſe Gefaͤlligkeit verſagt werden konnte ‒ ‒ Noch mehr aber bin ich erſtaunt, daß ich ſeit dem nicht von ihnen gehoͤrt habe.
Der Kerl beſchrieb den Zuſtand, worinn er ſie geſehen haͤtte, und ihre Reden mit ihm, ſo wunderlich, daß ich nicht weiß, was ich daraus ſchließen ſoll: außer daß er ein einfaͤltiger, unbe- daͤchtlicher und doch eingebildeter Klotz iſt, der, weil er an Beſchreibungen und an dem baͤuri- ſchen Wunderbaren Luſt hat, allen Dingen, die er erzaͤhlt, das Anſehen von einem baͤuriſchen Abentheuer giebet. Daß dieß ſeine Art ſey, werden ſie leichtlich glauben, wenn ſie ſeine Be- ſchreibung hoͤren. Er beſchrieb ſie ausnehmend traurig (**), jedoch ſo viel ſtaͤrker von Perſon und Bildung; ſo roſenroth, dieß war ſein Wort, von Geſichte; ſo bluͤhend von Farbe; und ſo fett an ihren Armen, daß man ſchließen moͤchte, ſie wuͤrden von der Wirkung eines boͤſen Giftes geplaget; und das um ſo viel mehr, da er zu ih- nen hineingefuͤhret worden, als ſie auf einem Ru- hebette gelegen, von welchem ſie nicht haͤtten auf- ſtehen oder ſich aufrichten moͤgen.
Auf
(*) Siehe den XXXIII. Brief dieſes Theils.
(**) Siehe den XXXII. Brief dieſes Theils.
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[752/0758]
zu viel daran gelegen, ſtille darauf zu ſchweigen.
Der andere, der ihnen ſelbſt in die Haͤnde gelie-
fert iſt (*), enthielte eine ſo inſtaͤndige Bitte, mich
nur mit einer Zeile zu beehren, daß ich erſtaunte,
wie mir dieſe Gefaͤlligkeit verſagt werden konnte
‒ ‒ Noch mehr aber bin ich erſtaunt, daß ich ſeit
dem nicht von ihnen gehoͤrt habe.
Der Kerl beſchrieb den Zuſtand, worinn er
ſie geſehen haͤtte, und ihre Reden mit ihm, ſo
wunderlich, daß ich nicht weiß, was ich daraus
ſchließen ſoll: außer daß er ein einfaͤltiger, unbe-
daͤchtlicher und doch eingebildeter Klotz iſt, der,
weil er an Beſchreibungen und an dem baͤuri-
ſchen Wunderbaren Luſt hat, allen Dingen, die
er erzaͤhlt, das Anſehen von einem baͤuriſchen
Abentheuer giebet. Daß dieß ſeine Art ſey,
werden ſie leichtlich glauben, wenn ſie ſeine Be-
ſchreibung hoͤren. Er beſchrieb ſie ausnehmend
traurig (**), jedoch ſo viel ſtaͤrker von Perſon
und Bildung; ſo roſenroth, dieß war ſein Wort,
von Geſichte; ſo bluͤhend von Farbe; und ſo fett
an ihren Armen, daß man ſchließen moͤchte, ſie
wuͤrden von der Wirkung eines boͤſen Giftes
geplaget; und das um ſo viel mehr, da er zu ih-
nen hineingefuͤhret worden, als ſie auf einem Ru-
hebette gelegen, von welchem ſie nicht haͤtten auf-
ſtehen oder ſich aufrichten moͤgen.
Auf
(*) Siehe den XXXIII. Brief dieſes Theils.
(**) Siehe den XXXII. Brief dieſes Theils.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 752. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/758>, abgerufen am 24.11.2024.
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