Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



durchlesen. Er ist mir nicht zurückgeschickt, wie
ich besorgte: und das, denke ich, ist ein gutes
Zeichen.

Jch sage ich denke und ich denke: denn
diese reizende Schöne verwirret mich zehn tau-
sendmal mehr, als ich sie; so verstrickt ich auch
in meinen eignen Erfindungen bin.



Der sieben und funfzigste Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Johann Belford.

Jch will des Todes seyn: wo ich weiß, was
ich entweder mit mir selbst, oder mit dieser
erstaunenswürdigen Fräulein machen soll - -
Bald ist sie sanft und geruhig: bald ungestüm. -
Allein ich weiß, du bist kein Freund davon, so
wenig als ich, daß man sich in seiner Erzählung
vorgreifet.

Auf mein wiederholtes Ansuchen kam sie
diesen Morgen um sechse zu mir. Sie war voll-
kommen angekleidet: denn sie hat ihre Kleider
nicht von dem Leibe gehabt, seit der Zeit, da sie
sich erklärte, daß sie dieselben in diesem Hause
niemals wieder ablegen wollte. Reizend sah sie
aus, bey allem Abbruch, den ihr ein heftiges Ma-
genwehe; Dorcas hat mir gesagt, daß sie sich
wirklich übel befunden habe; gethan hatte: da sie

noch
B b b 2



durchleſen. Er iſt mir nicht zuruͤckgeſchickt, wie
ich beſorgte: und das, denke ich, iſt ein gutes
Zeichen.

Jch ſage ich denke und ich denke: denn
dieſe reizende Schoͤne verwirret mich zehn tau-
ſendmal mehr, als ich ſie; ſo verſtrickt ich auch
in meinen eignen Erfindungen bin.



Der ſieben und funfzigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Hrn. Johann Belford.

Jch will des Todes ſeyn: wo ich weiß, was
ich entweder mit mir ſelbſt, oder mit dieſer
erſtaunenswuͤrdigen Fraͤulein machen ſoll ‒ ‒
Bald iſt ſie ſanft und geruhig: bald ungeſtuͤm. ‒
Allein ich weiß, du biſt kein Freund davon, ſo
wenig als ich, daß man ſich in ſeiner Erzaͤhlung
vorgreifet.

Auf mein wiederholtes Anſuchen kam ſie
dieſen Morgen um ſechſe zu mir. Sie war voll-
kommen angekleidet: denn ſie hat ihre Kleider
nicht von dem Leibe gehabt, ſeit der Zeit, da ſie
ſich erklaͤrte, daß ſie dieſelben in dieſem Hauſe
niemals wieder ablegen wollte. Reizend ſah ſie
aus, bey allem Abbruch, den ihr ein heftiges Ma-
genwehe; Dorcas hat mir geſagt, daß ſie ſich
wirklich uͤbel befunden habe; gethan hatte: da ſie

noch
B b b 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0761" n="755"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
durchle&#x017F;en. Er i&#x017F;t mir nicht zuru&#x0364;ckge&#x017F;chickt, wie<lb/>
ich be&#x017F;orgte: und das, denke ich, i&#x017F;t ein gutes<lb/>
Zeichen.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;age <hi rendition="#fr">ich denke</hi> und <hi rendition="#fr">ich denke:</hi> denn<lb/>
die&#x017F;e reizende Scho&#x0364;ne verwirret <hi rendition="#fr">mich</hi> zehn tau-<lb/>
&#x017F;endmal mehr, als ich <hi rendition="#fr">&#x017F;ie;</hi> &#x017F;o ver&#x017F;trickt ich auch<lb/>
in meinen eignen Erfindungen bin.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der &#x017F;ieben und funfzig&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Lovelace an Hrn. Johann Belford.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Donner&#x017F;tags, Mittags, den 22ten Jun.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">J</hi>ch will des Todes &#x017F;eyn: wo ich weiß, was<lb/>
ich entweder mit mir &#x017F;elb&#x017F;t, oder mit die&#x017F;er<lb/>
er&#x017F;taunenswu&#x0364;rdigen Fra&#x0364;ulein machen &#x017F;oll &#x2012; &#x2012;<lb/>
Bald i&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;anft und geruhig: bald unge&#x017F;tu&#x0364;m. &#x2012;<lb/>
Allein ich weiß, du bi&#x017F;t kein Freund davon, &#x017F;o<lb/>
wenig als ich, daß man &#x017F;ich in &#x017F;einer Erza&#x0364;hlung<lb/>
vorgreifet.</p><lb/>
          <p>Auf mein wiederholtes An&#x017F;uchen kam &#x017F;ie<lb/>
die&#x017F;en Morgen um &#x017F;ech&#x017F;e zu mir. Sie war voll-<lb/>
kommen angekleidet: denn &#x017F;ie hat ihre Kleider<lb/>
nicht von dem Leibe gehabt, &#x017F;eit der Zeit, da &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich erkla&#x0364;rte, daß &#x017F;ie die&#x017F;elben in die&#x017F;em Hau&#x017F;e<lb/>
niemals wieder ablegen wollte. Reizend &#x017F;ah &#x017F;ie<lb/>
aus, bey allem Abbruch, den ihr ein heftiges Ma-<lb/>
genwehe; Dorcas hat mir ge&#x017F;agt, daß &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
wirklich u&#x0364;bel befunden habe; gethan hatte: da &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b b 2</fw><fw place="bottom" type="catch">noch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[755/0761] durchleſen. Er iſt mir nicht zuruͤckgeſchickt, wie ich beſorgte: und das, denke ich, iſt ein gutes Zeichen. Jch ſage ich denke und ich denke: denn dieſe reizende Schoͤne verwirret mich zehn tau- ſendmal mehr, als ich ſie; ſo verſtrickt ich auch in meinen eignen Erfindungen bin. Der ſieben und funfzigſte Brief von Herrn Lovelace an Hrn. Johann Belford. Donnerſtags, Mittags, den 22ten Jun. Jch will des Todes ſeyn: wo ich weiß, was ich entweder mit mir ſelbſt, oder mit dieſer erſtaunenswuͤrdigen Fraͤulein machen ſoll ‒ ‒ Bald iſt ſie ſanft und geruhig: bald ungeſtuͤm. ‒ Allein ich weiß, du biſt kein Freund davon, ſo wenig als ich, daß man ſich in ſeiner Erzaͤhlung vorgreifet. Auf mein wiederholtes Anſuchen kam ſie dieſen Morgen um ſechſe zu mir. Sie war voll- kommen angekleidet: denn ſie hat ihre Kleider nicht von dem Leibe gehabt, ſeit der Zeit, da ſie ſich erklaͤrte, daß ſie dieſelben in dieſem Hauſe niemals wieder ablegen wollte. Reizend ſah ſie aus, bey allem Abbruch, den ihr ein heftiges Ma- genwehe; Dorcas hat mir geſagt, daß ſie ſich wirklich uͤbel befunden habe; gethan hatte: da ſie noch B b b 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/761
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 755. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/761>, abgerufen am 24.11.2024.