Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



fürchteten. Sie hatten auch wohl Ursache; und
ich selbst nicht weniger: da wir alle noch vor so
kurzer Zeit den Teufel in unsern Herzen ge-
habt.

Wo nicht Morgen, Madame: so sagen sie
nur, künftigen Donnerstag, an ihres Onkels
Geburtstage; sagen sie nur künftigen Don-
nerstag! - -

Dieß sage ich; dieß ist es, wovon sie sich
versichert halten können: Jch will nimmermehr,
nimmermehr die Jhrige seyn. - - Lassen sie mich
hoffen, daß ich auf die Erfüllung ihres Verspre-
chens einen Anspruch machen dürfe, nach wel-
chem sie mir erlauben wollten, so bald als der
Tag anbricht, dieß unschuldige Haus zu ver-
lassen; wie es vorher jemand nannte; wiewohl
meine Ohren längst zu solchen Verdrehungen der
Worte gewohnt sind.

Wenn auch mein Verderben davon abhinge,
Madame: so können sie das nicht; ohne nur,
unter gewissen Bedingungen. Jch hoffe sie
werden mich nicht schrecken - - denn ich
fürchtete mich noch immer vor dem verfluchten
Messer.

Nichts geringers, als ein Versuch gegen
meine Ehre, soll mich zur Verzweifelung bringen
- - Jch habe keine andere Absicht, als meine
Ehre zu vertheidigen. Auch bloß in der Absicht
habe ich mich mit ihrer schändlichen Unterhänd-
lerinn, die itzt unten ist, in ein Verständniß ein-
gelassen. Jch habe die Zuversicht zu Gott, daß

er



fuͤrchteten. Sie hatten auch wohl Urſache; und
ich ſelbſt nicht weniger: da wir alle noch vor ſo
kurzer Zeit den Teufel in unſern Herzen ge-
habt.

Wo nicht Morgen, Madame: ſo ſagen ſie
nur, kuͤnftigen Donnerſtag, an ihres Onkels
Geburtstage; ſagen ſie nur kuͤnftigen Don-
nerſtag! ‒ ‒

Dieß ſage ich; dieß iſt es, wovon ſie ſich
verſichert halten koͤnnen: Jch will nimmermehr,
nimmermehr die Jhrige ſeyn. ‒ ‒ Laſſen ſie mich
hoffen, daß ich auf die Erfuͤllung ihres Verſpre-
chens einen Anſpruch machen duͤrfe, nach wel-
chem ſie mir erlauben wollten, ſo bald als der
Tag anbricht, dieß unſchuldige Haus zu ver-
laſſen; wie es vorher jemand nannte; wiewohl
meine Ohren laͤngſt zu ſolchen Verdrehungen der
Worte gewohnt ſind.

Wenn auch mein Verderben davon abhinge,
Madame: ſo koͤnnen ſie das nicht; ohne nur,
unter gewiſſen Bedingungen. Jch hoffe ſie
werden mich nicht ſchrecken ‒ ‒ denn ich
fuͤrchtete mich noch immer vor dem verfluchten
Meſſer.

Nichts geringers, als ein Verſuch gegen
meine Ehre, ſoll mich zur Verzweifelung bringen
‒ ‒ Jch habe keine andere Abſicht, als meine
Ehre zu vertheidigen. Auch bloß in der Abſicht
habe ich mich mit ihrer ſchaͤndlichen Unterhaͤnd-
lerinn, die itzt unten iſt, in ein Verſtaͤndniß ein-
gelaſſen. Jch habe die Zuverſicht zu Gott, daß

er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0824" n="818"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
fu&#x0364;rchteten. Sie hatten auch wohl Ur&#x017F;ache; und<lb/>
ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht weniger: da wir alle noch vor &#x017F;o<lb/>
kurzer Zeit den Teufel in un&#x017F;ern Herzen ge-<lb/>
habt.</p><lb/>
          <p>Wo nicht Morgen, Madame: &#x017F;o &#x017F;agen &#x017F;ie<lb/>
nur, ku&#x0364;nftigen Donner&#x017F;tag, an ihres Onkels<lb/>
Geburtstage; &#x017F;agen &#x017F;ie nur ku&#x0364;nftigen Don-<lb/>
ner&#x017F;tag! &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <p>Dieß &#x017F;age ich; dieß i&#x017F;t es, wovon &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
ver&#x017F;ichert halten ko&#x0364;nnen: Jch <hi rendition="#fr">will</hi> nimmermehr,<lb/>
nimmermehr die Jhrige &#x017F;eyn. &#x2012; &#x2012; La&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mich<lb/>
hoffen, daß ich auf die Erfu&#x0364;llung ihres Ver&#x017F;pre-<lb/>
chens einen An&#x017F;pruch machen du&#x0364;rfe, nach wel-<lb/>
chem &#x017F;ie mir erlauben wollten, &#x017F;o bald als der<lb/>
Tag anbricht, dieß <hi rendition="#fr">un&#x017F;chuldige</hi> Haus zu ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en; wie es vorher jemand nannte; wiewohl<lb/>
meine Ohren la&#x0364;ng&#x017F;t zu &#x017F;olchen Verdrehungen der<lb/>
Worte gewohnt &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Wenn auch mein Verderben davon abhinge,<lb/>
Madame: &#x017F;o ko&#x0364;nnen &#x017F;ie das nicht; ohne nur,<lb/>
unter gewi&#x017F;&#x017F;en Bedingungen. Jch hoffe &#x017F;ie<lb/>
werden mich nicht &#x017F;chrecken &#x2012; &#x2012; denn ich<lb/>
fu&#x0364;rchtete mich noch immer vor dem verfluchten<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;er.</p><lb/>
          <p>Nichts geringers, als ein Ver&#x017F;uch gegen<lb/>
meine Ehre, &#x017F;oll mich zur Verzweifelung bringen<lb/>
&#x2012; &#x2012; Jch habe keine andere Ab&#x017F;icht, als meine<lb/>
Ehre zu vertheidigen. Auch bloß in der Ab&#x017F;icht<lb/>
habe ich mich mit ihrer &#x017F;cha&#x0364;ndlichen Unterha&#x0364;nd-<lb/>
lerinn, die itzt unten i&#x017F;t, in ein Ver&#x017F;ta&#x0364;ndniß ein-<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en. Jch habe die Zuver&#x017F;icht zu Gott, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[818/0824] fuͤrchteten. Sie hatten auch wohl Urſache; und ich ſelbſt nicht weniger: da wir alle noch vor ſo kurzer Zeit den Teufel in unſern Herzen ge- habt. Wo nicht Morgen, Madame: ſo ſagen ſie nur, kuͤnftigen Donnerſtag, an ihres Onkels Geburtstage; ſagen ſie nur kuͤnftigen Don- nerſtag! ‒ ‒ Dieß ſage ich; dieß iſt es, wovon ſie ſich verſichert halten koͤnnen: Jch will nimmermehr, nimmermehr die Jhrige ſeyn. ‒ ‒ Laſſen ſie mich hoffen, daß ich auf die Erfuͤllung ihres Verſpre- chens einen Anſpruch machen duͤrfe, nach wel- chem ſie mir erlauben wollten, ſo bald als der Tag anbricht, dieß unſchuldige Haus zu ver- laſſen; wie es vorher jemand nannte; wiewohl meine Ohren laͤngſt zu ſolchen Verdrehungen der Worte gewohnt ſind. Wenn auch mein Verderben davon abhinge, Madame: ſo koͤnnen ſie das nicht; ohne nur, unter gewiſſen Bedingungen. Jch hoffe ſie werden mich nicht ſchrecken ‒ ‒ denn ich fuͤrchtete mich noch immer vor dem verfluchten Meſſer. Nichts geringers, als ein Verſuch gegen meine Ehre, ſoll mich zur Verzweifelung bringen ‒ ‒ Jch habe keine andere Abſicht, als meine Ehre zu vertheidigen. Auch bloß in der Abſicht habe ich mich mit ihrer ſchaͤndlichen Unterhaͤnd- lerinn, die itzt unten iſt, in ein Verſtaͤndniß ein- gelaſſen. Jch habe die Zuverſicht zu Gott, daß er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/824
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 818. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/824>, abgerufen am 01.06.2024.