rer nicht auf ewig verlustig werden sollte, wenn Sie dahin gingen.
Jch will Jhnen gestehen, gnädige Fräulein, daß ich das Papier, welches Dorcas hatte fallen lassen, gestern Nachmittags aufgehoben. Sie hat bekannt, daß sie Jhnen zu Jhrer Flucht hülfli- che Hand geleistet haben würde: wenn sie eine bequeme Gelegenheit dazu gefunden hätte. Es ist unstreitig von ungefähr geschehen, daß sie das Pappier verlohren hat. - - Hätte ich Sie in Absicht auf den künftigen Donnerstag gewin- nen können: so würde ich es nicht gebrauchet haben; indem ich mich alsdenn auf Jhr gegebe- benes Wort, die Meinige zu seyn, gänzlich ver- lassen hätte. Da ich Sie aber unbeweglich fand: so entschloß ich mich zu versuchen, ob ich nicht, wenn ich über die Verrätherey der Dor- cas zürnete, unter der Bedingung, daß ich ihr verzeihen möchte, selbst von Jhnen Verzeihung erlangen könnte; und wo nicht, daher Gelegen- heit zu nehmen, meine Einwilligung, daß Sie aus der Fr. Sinclairn Hause weggehen möch- ten, zu wiederrufen; weil die Folge davon für mich so unglücklich gewesen seyn müßte.
Jn so weit war in der That mein Verfah- ren ein niedriger Kunstgriff: und da mir das- selbe auf eine so erhabene und edle Art als ein Kunstgriff vorgehalten wurde; konnte ich nicht anders, als mich dessen selbst schämen.
Aber Sie müssen mir die Hoffnung gestat- ten, gnädige Fräulein, daß Sie mich für eine so
elende
rer nicht auf ewig verluſtig werden ſollte, wenn Sie dahin gingen.
Jch will Jhnen geſtehen, gnaͤdige Fraͤulein, daß ich das Papier, welches Dorcas hatte fallen laſſen, geſtern Nachmittags aufgehoben. Sie hat bekannt, daß ſie Jhnen zu Jhrer Flucht huͤlfli- che Hand geleiſtet haben wuͤrde: wenn ſie eine bequeme Gelegenheit dazu gefunden haͤtte. Es iſt unſtreitig von ungefaͤhr geſchehen, daß ſie das Pappier verlohren hat. ‒ ‒ Haͤtte ich Sie in Abſicht auf den kuͤnftigen Donnerſtag gewin- nen koͤnnen: ſo wuͤrde ich es nicht gebrauchet haben; indem ich mich alsdenn auf Jhr gegebe- benes Wort, die Meinige zu ſeyn, gaͤnzlich ver- laſſen haͤtte. Da ich Sie aber unbeweglich fand: ſo entſchloß ich mich zu verſuchen, ob ich nicht, wenn ich uͤber die Verraͤtherey der Dor- cas zuͤrnete, unter der Bedingung, daß ich ihr verzeihen moͤchte, ſelbſt von Jhnen Verzeihung erlangen koͤnnte; und wo nicht, daher Gelegen- heit zu nehmen, meine Einwilligung, daß Sie aus der Fr. Sinclairn Hauſe weggehen moͤch- ten, zu wiederrufen; weil die Folge davon fuͤr mich ſo ungluͤcklich geweſen ſeyn muͤßte.
Jn ſo weit war in der That mein Verfah- ren ein niedriger Kunſtgriff: und da mir daſ- ſelbe auf eine ſo erhabene und edle Art als ein Kunſtgriff vorgehalten wurde; konnte ich nicht anders, als mich deſſen ſelbſt ſchaͤmen.
Aber Sie muͤſſen mir die Hoffnung geſtat- ten, gnaͤdige Fraͤulein, daß Sie mich fuͤr eine ſo
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rer nicht auf ewig verluſtig werden ſollte, wenn
Sie dahin gingen.
Jch will Jhnen geſtehen, gnaͤdige Fraͤulein,
daß ich das Papier, welches Dorcas hatte fallen
laſſen, geſtern Nachmittags aufgehoben. Sie
hat bekannt, daß ſie Jhnen zu Jhrer Flucht huͤlfli-
che Hand geleiſtet haben wuͤrde: wenn ſie eine
bequeme Gelegenheit dazu gefunden haͤtte. Es
iſt unſtreitig von ungefaͤhr geſchehen, daß ſie
das Pappier verlohren hat. ‒ ‒ Haͤtte ich Sie
in Abſicht auf den kuͤnftigen Donnerſtag gewin-
nen koͤnnen: ſo wuͤrde ich es nicht gebrauchet
haben; indem ich mich alsdenn auf Jhr gegebe-
benes Wort, die Meinige zu ſeyn, gaͤnzlich ver-
laſſen haͤtte. Da ich Sie aber unbeweglich
fand: ſo entſchloß ich mich zu verſuchen, ob ich
nicht, wenn ich uͤber die Verraͤtherey der Dor-
cas zuͤrnete, unter der Bedingung, daß ich ihr
verzeihen moͤchte, ſelbſt von Jhnen Verzeihung
erlangen koͤnnte; und wo nicht, daher Gelegen-
heit zu nehmen, meine Einwilligung, daß Sie
aus der Fr. Sinclairn Hauſe weggehen moͤch-
ten, zu wiederrufen; weil die Folge davon fuͤr
mich ſo ungluͤcklich geweſen ſeyn muͤßte.
Jn ſo weit war in der That mein Verfah-
ren ein niedriger Kunſtgriff: und da mir daſ-
ſelbe auf eine ſo erhabene und edle Art als ein
Kunſtgriff vorgehalten wurde; konnte ich nicht
anders, als mich deſſen ſelbſt ſchaͤmen.
Aber Sie muͤſſen mir die Hoffnung geſtat-
ten, gnaͤdige Fraͤulein, daß Sie mich fuͤr eine ſo
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 824. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/830>, abgerufen am 24.11.2024.
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