Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



ner eignen Verwandten gezeiget hat, nicht viel
zutraue.

Wenn du nicht solche jesuitische Bemänte-
lungen hättest: so sollte ich denken, du würdest
endlich von den Regungen des Gewissens gerüh-
ret, und durch den übeln Erfolg der letzten Er-
findung, wozu ich dir von Herzen Glück wünsche,
zur Schaam über deine verfluchte Ränke ge-
bracht seyn.

O! die göttliche Fräulein! - - Jedoch ich
will deine Schuld nicht vergrößern!

Wenn du aber schreibest, daß du bey deiner
gegenwärtigen Gemüthsfassung an das Hey-
rathen gedenkest, und doch so leicht in eine ande-
re Gemüthsfassung gerathen kannst; wenn ich
weiß, daß dein Herz sich wider diesen Stand auf-
lehnet, und bedenke, daß die vier Worte, welche
du durch Liebkosung von der Fräulein herauszu-
locken suchest, eben so viel zu deinem Zweck aus-
richten, als wenn sie vierzig schriebe; indem sie
zeigen werden, daß sie die größte Beleidigung,
die Frauensleuten widerfahren kann, zu verge-
ben im Stande ist; wenn ich endlich überlege, wie
leicht du Entschuldigungen finden kannst, zurück-
zuziehen: so mußt du dich über deine wirkliche
Absichten und künftige Beobachtung deiner Ehre
ein gutes Theil ausdrücklicher erklären, als du
thust. Denn ich kann einer Reue nicht trauen,
die nur auf eine Zeitlang da ist, die noch dazu
durch fehlgeschlagene Hoffnung, nicht durch gute

Grund-



ner eignen Verwandten gezeiget hat, nicht viel
zutraue.

Wenn du nicht ſolche jeſuitiſche Bemaͤnte-
lungen haͤtteſt: ſo ſollte ich denken, du wuͤrdeſt
endlich von den Regungen des Gewiſſens geruͤh-
ret, und durch den uͤbeln Erfolg der letzten Er-
findung, wozu ich dir von Herzen Gluͤck wuͤnſche,
zur Schaam uͤber deine verfluchte Raͤnke ge-
bracht ſeyn.

O! die goͤttliche Fraͤulein! ‒ ‒ Jedoch ich
will deine Schuld nicht vergroͤßern!

Wenn du aber ſchreibeſt, daß du bey deiner
gegenwaͤrtigen Gemuͤthsfaſſung an das Hey-
rathen gedenkeſt, und doch ſo leicht in eine ande-
re Gemuͤthsfaſſung gerathen kannſt; wenn ich
weiß, daß dein Herz ſich wider dieſen Stand auf-
lehnet, und bedenke, daß die vier Worte, welche
du durch Liebkoſung von der Fraͤulein herauszu-
locken ſucheſt, eben ſo viel zu deinem Zweck aus-
richten, als wenn ſie vierzig ſchriebe; indem ſie
zeigen werden, daß ſie die groͤßte Beleidigung,
die Frauensleuten widerfahren kann, zu verge-
ben im Stande iſt; wenn ich endlich uͤberlege, wie
leicht du Entſchuldigungen finden kannſt, zuruͤck-
zuziehen: ſo mußt du dich uͤber deine wirkliche
Abſichten und kuͤnftige Beobachtung deiner Ehre
ein gutes Theil ausdruͤcklicher erklaͤren, als du
thuſt. Denn ich kann einer Reue nicht trauen,
die nur auf eine Zeitlang da iſt, die noch dazu
durch fehlgeſchlagene Hoffnung, nicht durch gute

Grund-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0846" n="840"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ner eignen Verwandten gezeiget hat, nicht viel<lb/>
zutraue.</p><lb/>
          <p>Wenn du nicht &#x017F;olche je&#x017F;uiti&#x017F;che Bema&#x0364;nte-<lb/>
lungen ha&#x0364;tte&#x017F;t: &#x017F;o &#x017F;ollte ich denken, du wu&#x0364;rde&#x017F;t<lb/>
endlich von den Regungen des Gewi&#x017F;&#x017F;ens geru&#x0364;h-<lb/>
ret, und durch den u&#x0364;beln Erfolg der letzten Er-<lb/>
findung, wozu ich dir von Herzen Glu&#x0364;ck wu&#x0364;n&#x017F;che,<lb/>
zur Schaam u&#x0364;ber deine verfluchte Ra&#x0364;nke ge-<lb/>
bracht &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>O! die go&#x0364;ttliche Fra&#x0364;ulein! &#x2012; &#x2012; Jedoch ich<lb/>
will deine Schuld nicht vergro&#x0364;ßern!</p><lb/>
          <p>Wenn du aber &#x017F;chreibe&#x017F;t, daß du bey deiner<lb/><hi rendition="#fr">gegenwa&#x0364;rtigen Gemu&#x0364;thsfa&#x017F;&#x017F;ung</hi> an das Hey-<lb/>
rathen gedenke&#x017F;t, und doch &#x017F;o <hi rendition="#fr">leicht</hi> in eine ande-<lb/>
re Gemu&#x0364;thsfa&#x017F;&#x017F;ung gerathen kann&#x017F;t; wenn ich<lb/>
weiß, daß dein Herz &#x017F;ich wider die&#x017F;en Stand auf-<lb/>
lehnet, und bedenke, daß die vier Worte, welche<lb/>
du durch Liebko&#x017F;ung von der Fra&#x0364;ulein herauszu-<lb/>
locken &#x017F;uche&#x017F;t, eben &#x017F;o viel zu deinem Zweck aus-<lb/>
richten, als wenn &#x017F;ie vierzig &#x017F;chriebe; indem &#x017F;ie<lb/>
zeigen werden, daß &#x017F;ie die gro&#x0364;ßte Beleidigung,<lb/>
die Frauensleuten widerfahren kann, zu verge-<lb/>
ben im Stande i&#x017F;t; wenn ich endlich u&#x0364;berlege, wie<lb/>
leicht du Ent&#x017F;chuldigungen finden kann&#x017F;t, zuru&#x0364;ck-<lb/>
zuziehen: &#x017F;o mußt du dich u&#x0364;ber deine wirkliche<lb/>
Ab&#x017F;ichten und ku&#x0364;nftige Beobachtung deiner Ehre<lb/>
ein gutes Theil ausdru&#x0364;cklicher erkla&#x0364;ren, als du<lb/>
thu&#x017F;t. Denn ich kann einer Reue nicht trauen,<lb/>
die nur auf eine Zeitlang da i&#x017F;t, die noch dazu<lb/>
durch fehlge&#x017F;chlagene Hoffnung, nicht durch gute<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Grund-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[840/0846] ner eignen Verwandten gezeiget hat, nicht viel zutraue. Wenn du nicht ſolche jeſuitiſche Bemaͤnte- lungen haͤtteſt: ſo ſollte ich denken, du wuͤrdeſt endlich von den Regungen des Gewiſſens geruͤh- ret, und durch den uͤbeln Erfolg der letzten Er- findung, wozu ich dir von Herzen Gluͤck wuͤnſche, zur Schaam uͤber deine verfluchte Raͤnke ge- bracht ſeyn. O! die goͤttliche Fraͤulein! ‒ ‒ Jedoch ich will deine Schuld nicht vergroͤßern! Wenn du aber ſchreibeſt, daß du bey deiner gegenwaͤrtigen Gemuͤthsfaſſung an das Hey- rathen gedenkeſt, und doch ſo leicht in eine ande- re Gemuͤthsfaſſung gerathen kannſt; wenn ich weiß, daß dein Herz ſich wider dieſen Stand auf- lehnet, und bedenke, daß die vier Worte, welche du durch Liebkoſung von der Fraͤulein herauszu- locken ſucheſt, eben ſo viel zu deinem Zweck aus- richten, als wenn ſie vierzig ſchriebe; indem ſie zeigen werden, daß ſie die groͤßte Beleidigung, die Frauensleuten widerfahren kann, zu verge- ben im Stande iſt; wenn ich endlich uͤberlege, wie leicht du Entſchuldigungen finden kannſt, zuruͤck- zuziehen: ſo mußt du dich uͤber deine wirkliche Abſichten und kuͤnftige Beobachtung deiner Ehre ein gutes Theil ausdruͤcklicher erklaͤren, als du thuſt. Denn ich kann einer Reue nicht trauen, die nur auf eine Zeitlang da iſt, die noch dazu durch fehlgeſchlagene Hoffnung, nicht durch gute Grund-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/846
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 840. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/846>, abgerufen am 01.06.2024.