Jch stellte inzwischen vor, daß ich mich an Sie gewandt hätte. Jch erwartete alle Stunden, sagte ich, von Jhnen eine Antwort auf einen mei- ner Briefe, welche mein künstiges Schicksal ent- scheiden würde.
Sie erboten sich dagegen, sich selbst in Per- son zu ihrem eignen Besten, wie sie es mit vie- ler Höflichkeit ausdrückten, an Sie zu wenden. Sie baten mich, an Sie zu schreiben, daß Sie Jhre Antwort beschleunigen möchten.
Jch versetzte, ich wüßte gewiß, daß Sie den Au- genblick schreiben würden, so bald der Erfolg von einem Gesuch bey einer dritten Person Sie in den Stand dazu setzen würde - - Allein was die Er- füllung ihres Begehrens für ihren Anverwandten beträfe: so käme die nicht auf die erwartete Ant- wort an. Denn davon, sie würden es mir ver- verzeihen, wäre die Frage nicht. Jch wünschte ihm alles Gutes. Jch wünschte, daß er glücklich seyn möchte. Aber ich wäre überzeuget, daß we- der ich ihn, noch er mich, glücklich machen könnte.
O! wie versprach hierauf der nichtswürdige Mensch von neuem! - - Wie gelobte er! - - Wie flehentlich bat er! - - Und wie nachdrück- liche Vorstellungen thaten die Weibsleute! Sie verpfändeten sich selbst und die Ehre ihrer ganzen Famlie für sein gerechtes, sein liebreiches, sein zärtliches Bezeigen gegen mich.
Kurz, meine werthe Freundinn, mir ward so hart zugesetzet, daß ich einen vortheilhaftern
Vertrag,
G 3
Jch ſtellte inzwiſchen vor, daß ich mich an Sie gewandt haͤtte. Jch erwartete alle Stunden, ſagte ich, von Jhnen eine Antwort auf einen mei- ner Briefe, welche mein kuͤnſtiges Schickſal ent- ſcheiden wuͤrde.
Sie erboten ſich dagegen, ſich ſelbſt in Per- ſon zu ihrem eignen Beſten, wie ſie es mit vie- ler Hoͤflichkeit ausdruͤckten, an Sie zu wenden. Sie baten mich, an Sie zu ſchreiben, daß Sie Jhre Antwort beſchleunigen moͤchten.
Jch verſetzte, ich wuͤßte gewiß, daß Sie den Au- genblick ſchreiben wuͤrden, ſo bald der Erfolg von einem Geſuch bey einer dritten Perſon Sie in den Stand dazu ſetzen wuͤrde ‒ ‒ Allein was die Er- fuͤllung ihres Begehrens fuͤr ihren Anverwandten betraͤfe: ſo kaͤme die nicht auf die erwartete Ant- wort an. Denn davon, ſie wuͤrden es mir ver- verzeihen, waͤre die Frage nicht. Jch wuͤnſchte ihm alles Gutes. Jch wuͤnſchte, daß er gluͤcklich ſeyn moͤchte. Aber ich waͤre uͤberzeuget, daß we- der ich ihn, noch er mich, gluͤcklich machen koͤnnte.
O! wie verſprach hierauf der nichtswuͤrdige Menſch von neuem! ‒ ‒ Wie gelobte er! ‒ ‒ Wie flehentlich bat er! ‒ ‒ Und wie nachdruͤck- liche Vorſtellungen thaten die Weibsleute! Sie verpfaͤndeten ſich ſelbſt und die Ehre ihrer ganzen Famlie fuͤr ſein gerechtes, ſein liebreiches, ſein zaͤrtliches Bezeigen gegen mich.
Kurz, meine werthe Freundinn, mir ward ſo hart zugeſetzet, daß ich einen vortheilhaftern
Vertrag,
G 3
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Jch ſtellte inzwiſchen vor, daß ich mich an
Sie gewandt haͤtte. Jch erwartete alle Stunden,
ſagte ich, von Jhnen eine Antwort auf einen mei-
ner Briefe, welche mein kuͤnſtiges Schickſal ent-
ſcheiden wuͤrde.
Sie erboten ſich dagegen, ſich ſelbſt in Per-
ſon zu ihrem eignen Beſten, wie ſie es mit vie-
ler Hoͤflichkeit ausdruͤckten, an Sie zu wenden.
Sie baten mich, an Sie zu ſchreiben, daß Sie
Jhre Antwort beſchleunigen moͤchten.
Jch verſetzte, ich wuͤßte gewiß, daß Sie den Au-
genblick ſchreiben wuͤrden, ſo bald der Erfolg von
einem Geſuch bey einer dritten Perſon Sie in den
Stand dazu ſetzen wuͤrde ‒ ‒ Allein was die Er-
fuͤllung ihres Begehrens fuͤr ihren Anverwandten
betraͤfe: ſo kaͤme die nicht auf die erwartete Ant-
wort an. Denn davon, ſie wuͤrden es mir ver-
verzeihen, waͤre die Frage nicht. Jch wuͤnſchte
ihm alles Gutes. Jch wuͤnſchte, daß er gluͤcklich
ſeyn moͤchte. Aber ich waͤre uͤberzeuget, daß we-
der ich ihn, noch er mich, gluͤcklich machen
koͤnnte.
O! wie verſprach hierauf der nichtswuͤrdige
Menſch von neuem! ‒ ‒ Wie gelobte er! ‒ ‒
Wie flehentlich bat er! ‒ ‒ Und wie nachdruͤck-
liche Vorſtellungen thaten die Weibsleute! Sie
verpfaͤndeten ſich ſelbſt und die Ehre ihrer ganzen
Famlie fuͤr ſein gerechtes, ſein liebreiches, ſein
zaͤrtliches Bezeigen gegen mich.
Kurz, meine werthe Freundinn, mir ward
ſo hart zugeſetzet, daß ich einen vortheilhaftern
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/107>, abgerufen am 21.11.2024.
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