Weibsleute so reich geputzet waren, und das Volk darüber murmelte: so stieg ich in einem unglücklichen Augenblick mit Zittern heraus, und war genöthigt, mich mit beyden Händen auf der vorgegebenen Lady Elisabeths Arm zu lehnen; viel zu sehr erschrocken, daß ich die gewöhnlichen Regeln des äußerlichen Wohlstandes hätte beob- achten sollen. - - O daß ich auf der Schwelle des schändlichen Hauses todt niedergesunken wäre!
Wir werden nur wenige Augenblicke hier bleiben, meine Wertheste! - - nur wenige Au- genblicke, sagte eben diese scheinbare, und doch liederliche, Betrügerinn - - außer Athem vor Freude, wie ich nachher gedacht habe, daß sie über das unglückliche Schlachtopfer so gesiegt hatten.
Kommen sie, Frau Sinclair; so, denke ich, heißen sie; zeigen sie uns den Weg - - Sie folgte also derselben, und leitete mich. Jch bin sehr durstig. Sie haben mich mit ihrer wun- derlichen Furcht, meine Wertheste, in Schrecken gesetzt. Jch muß Thee gemacht haben: wo es in einem Augenblick geschehen kann. Wir ha- ben noch weiter zu gehen, Frau Sinclair, und müssen diesen Abend nach Hampstead zurück.
Er soll im Augenblick bereit seyn, schrie das nichtswürdige Weib. Wir haben kochend Wasser.
So machen sie denn geschwinde - - Kom- men sie, fuhr sie gegen mich fort, wie sie mich
durch
Sechster Theil. J
Weibsleute ſo reich geputzet waren, und das Volk daruͤber murmelte: ſo ſtieg ich in einem ungluͤcklichen Augenblick mit Zittern heraus, und war genoͤthigt, mich mit beyden Haͤnden auf der vorgegebenen Lady Eliſabeths Arm zu lehnen; viel zu ſehr erſchrocken, daß ich die gewoͤhnlichen Regeln des aͤußerlichen Wohlſtandes haͤtte beob- achten ſollen. ‒ ‒ O daß ich auf der Schwelle des ſchaͤndlichen Hauſes todt niedergeſunken waͤre!
Wir werden nur wenige Augenblicke hier bleiben, meine Wertheſte! ‒ ‒ nur wenige Au- genblicke, ſagte eben dieſe ſcheinbare, und doch liederliche, Betruͤgerinn ‒ ‒ außer Athem vor Freude, wie ich nachher gedacht habe, daß ſie uͤber das ungluͤckliche Schlachtopfer ſo geſiegt hatten.
Kommen ſie, Frau Sinclair; ſo, denke ich, heißen ſie; zeigen ſie uns den Weg ‒ ‒ Sie folgte alſo derſelben, und leitete mich. Jch bin ſehr durſtig. Sie haben mich mit ihrer wun- derlichen Furcht, meine Wertheſte, in Schrecken geſetzt. Jch muß Thee gemacht haben: wo es in einem Augenblick geſchehen kann. Wir ha- ben noch weiter zu gehen, Frau Sinclair, und muͤſſen dieſen Abend nach Hampſtead zuruͤck.
Er ſoll im Augenblick bereit ſeyn, ſchrie das nichtswuͤrdige Weib. Wir haben kochend Waſſer.
So machen ſie denn geſchwinde ‒ ‒ Kom- men ſie, fuhr ſie gegen mich fort, wie ſie mich
durch
Sechſter Theil. J
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0135"n="129"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Weibsleute ſo reich geputzet waren, und das<lb/>
Volk daruͤber murmelte: ſo ſtieg ich in einem<lb/>
ungluͤcklichen Augenblick mit Zittern heraus, und<lb/>
war genoͤthigt, mich mit beyden Haͤnden auf der<lb/>
vorgegebenen Lady Eliſabeths Arm zu lehnen;<lb/>
viel zu ſehr erſchrocken, daß ich die gewoͤhnlichen<lb/>
Regeln des aͤußerlichen Wohlſtandes haͤtte beob-<lb/>
achten ſollen. ‒‒ O daß ich auf der Schwelle<lb/>
des ſchaͤndlichen Hauſes todt niedergeſunken<lb/>
waͤre!</p><lb/><p>Wir werden nur wenige Augenblicke hier<lb/>
bleiben, meine Wertheſte! ‒‒ nur wenige Au-<lb/>
genblicke, ſagte eben dieſe ſcheinbare, und doch<lb/>
liederliche, Betruͤgerinn ‒‒ außer Athem vor<lb/>
Freude, wie ich nachher gedacht habe, daß ſie<lb/>
uͤber das ungluͤckliche Schlachtopfer ſo geſiegt<lb/>
hatten.</p><lb/><p>Kommen ſie, Frau Sinclair; ſo, denke ich,<lb/>
heißen ſie; zeigen ſie uns den Weg ‒‒ Sie<lb/>
folgte alſo derſelben, und leitete mich. Jch bin<lb/>ſehr durſtig. Sie haben mich mit ihrer wun-<lb/>
derlichen Furcht, meine Wertheſte, in Schrecken<lb/>
geſetzt. Jch muß Thee gemacht haben: wo es<lb/>
in einem Augenblick geſchehen kann. Wir ha-<lb/>
ben noch weiter zu gehen, Frau Sinclair, und<lb/>
muͤſſen dieſen Abend nach Hampſtead zuruͤck.</p><lb/><p>Er ſoll im Augenblick bereit ſeyn, ſchrie das<lb/>
nichtswuͤrdige Weib. Wir haben kochend<lb/>
Waſſer.</p><lb/><p>So machen ſie denn geſchwinde ‒‒ Kom-<lb/>
men ſie, fuhr ſie gegen mich fort, wie ſie mich<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Sechſter Theil.</hi> J</fw><fwplace="bottom"type="catch">durch</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[129/0135]
Weibsleute ſo reich geputzet waren, und das
Volk daruͤber murmelte: ſo ſtieg ich in einem
ungluͤcklichen Augenblick mit Zittern heraus, und
war genoͤthigt, mich mit beyden Haͤnden auf der
vorgegebenen Lady Eliſabeths Arm zu lehnen;
viel zu ſehr erſchrocken, daß ich die gewoͤhnlichen
Regeln des aͤußerlichen Wohlſtandes haͤtte beob-
achten ſollen. ‒ ‒ O daß ich auf der Schwelle
des ſchaͤndlichen Hauſes todt niedergeſunken
waͤre!
Wir werden nur wenige Augenblicke hier
bleiben, meine Wertheſte! ‒ ‒ nur wenige Au-
genblicke, ſagte eben dieſe ſcheinbare, und doch
liederliche, Betruͤgerinn ‒ ‒ außer Athem vor
Freude, wie ich nachher gedacht habe, daß ſie
uͤber das ungluͤckliche Schlachtopfer ſo geſiegt
hatten.
Kommen ſie, Frau Sinclair; ſo, denke ich,
heißen ſie; zeigen ſie uns den Weg ‒ ‒ Sie
folgte alſo derſelben, und leitete mich. Jch bin
ſehr durſtig. Sie haben mich mit ihrer wun-
derlichen Furcht, meine Wertheſte, in Schrecken
geſetzt. Jch muß Thee gemacht haben: wo es
in einem Augenblick geſchehen kann. Wir ha-
ben noch weiter zu gehen, Frau Sinclair, und
muͤſſen dieſen Abend nach Hampſtead zuruͤck.
Er ſoll im Augenblick bereit ſeyn, ſchrie das
nichtswuͤrdige Weib. Wir haben kochend
Waſſer.
So machen ſie denn geſchwinde ‒ ‒ Kom-
men ſie, fuhr ſie gegen mich fort, wie ſie mich
durch
Sechſter Theil. J
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/135>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.