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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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Frau Leesons Haus, antwortete er, wäre itzo
voller Unruhe; und da meine Heftigkeit von
nichts, als von ungegründeter Furcht her-
rühren könnte; O was für Gelobungen, was
für Betheurungen auf seine Ehre that
er hiebey! so hoffete er, ich würde ihre ge-
genwärtige Unruhe nicht vermehren wollen.
Charlotte wäre in der That bey unerwarteten
Begebenheiten, es möchte Freude, oder Traurig-
keit seyn, Ohnmachten zu haben gewohnt: und
die würden eine ganze Woche bey ihr anhalten;
wo sie nicht in wenigen Stunden vertrieben
wären.

Sie geben fleißig auf die Augen Ach-
tung und verstehen wohl daraus zu urthei-
len,
sagte der Bösewicht, vielleicht meiner in ge-
heim zu spotten. Sahen sie nicht bisweilen in
den Augen der Fräulein Montague, zu Hamp-
stead, etwas verwildertes? - - Jch war schon
damals ihretwegen besorgt - - Stille und Ruhe
thun ihr allein gut. Jhre Beysorge für diesel-
be,
und derselben Liebe für sie, würde die Krank-
heit des armen Mägdchens nur vermehren, wenn
sie dahin kommen sollten.

Jch erklärte mich noch immer, ganz unge-
dultig vor Kummer und Furcht, daß ich fest ent-
schlossen sey, nicht bis morgen in dem Hause zu
bleiben. Alles, was ich in der Welt hätte, mei-
ne Ringe, meine Uhr, mein weniges Geld, woll-
te ich für eine Kutsche hingeben: oder wo keine
zu bekommen wäre, wollte ich noch die Nacht zu

Fuße


Frau Leeſons Haus, antwortete er, waͤre itzo
voller Unruhe; und da meine Heftigkeit von
nichts, als von ungegruͤndeter Furcht her-
ruͤhren koͤnnte; O was fuͤr Gelobungen, was
fuͤr Betheurungen auf ſeine Ehre that
er hiebey! ſo hoffete er, ich wuͤrde ihre ge-
genwaͤrtige Unruhe nicht vermehren wollen.
Charlotte waͤre in der That bey unerwarteten
Begebenheiten, es moͤchte Freude, oder Traurig-
keit ſeyn, Ohnmachten zu haben gewohnt: und
die wuͤrden eine ganze Woche bey ihr anhalten;
wo ſie nicht in wenigen Stunden vertrieben
waͤren.

Sie geben fleißig auf die Augen Ach-
tung und verſtehen wohl daraus zu urthei-
len,
ſagte der Boͤſewicht, vielleicht meiner in ge-
heim zu ſpotten. Sahen ſie nicht bisweilen in
den Augen der Fraͤulein Montague, zu Hamp-
ſtead, etwas verwildertes? ‒ ‒ Jch war ſchon
damals ihretwegen beſorgt ‒ ‒ Stille und Ruhe
thun ihr allein gut. Jhre Beyſorge fuͤr dieſel-
be,
und derſelben Liebe fuͤr ſie, wuͤrde die Krank-
heit des armen Maͤgdchens nur vermehren, wenn
ſie dahin kommen ſollten.

Jch erklaͤrte mich noch immer, ganz unge-
dultig vor Kummer und Furcht, daß ich feſt ent-
ſchloſſen ſey, nicht bis morgen in dem Hauſe zu
bleiben. Alles, was ich in der Welt haͤtte, mei-
ne Ringe, meine Uhr, mein weniges Geld, woll-
te ich fuͤr eine Kutſche hingeben: oder wo keine
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Fuße
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[138/0144] Frau Leeſons Haus, antwortete er, waͤre itzo voller Unruhe; und da meine Heftigkeit von nichts, als von ungegruͤndeter Furcht her- ruͤhren koͤnnte; O was fuͤr Gelobungen, was fuͤr Betheurungen auf ſeine Ehre that er hiebey! ſo hoffete er, ich wuͤrde ihre ge- genwaͤrtige Unruhe nicht vermehren wollen. Charlotte waͤre in der That bey unerwarteten Begebenheiten, es moͤchte Freude, oder Traurig- keit ſeyn, Ohnmachten zu haben gewohnt: und die wuͤrden eine ganze Woche bey ihr anhalten; wo ſie nicht in wenigen Stunden vertrieben waͤren. Sie geben fleißig auf die Augen Ach- tung und verſtehen wohl daraus zu urthei- len, ſagte der Boͤſewicht, vielleicht meiner in ge- heim zu ſpotten. Sahen ſie nicht bisweilen in den Augen der Fraͤulein Montague, zu Hamp- ſtead, etwas verwildertes? ‒ ‒ Jch war ſchon damals ihretwegen beſorgt ‒ ‒ Stille und Ruhe thun ihr allein gut. Jhre Beyſorge fuͤr dieſel- be, und derſelben Liebe fuͤr ſie, wuͤrde die Krank- heit des armen Maͤgdchens nur vermehren, wenn ſie dahin kommen ſollten. Jch erklaͤrte mich noch immer, ganz unge- dultig vor Kummer und Furcht, daß ich feſt ent- ſchloſſen ſey, nicht bis morgen in dem Hauſe zu bleiben. Alles, was ich in der Welt haͤtte, mei- ne Ringe, meine Uhr, mein weniges Geld, woll- te ich fuͤr eine Kutſche hingeben: oder wo keine zu bekommen waͤre, wollte ich noch die Nacht zu Fuße

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/144>, abgerufen am 21.11.2024.