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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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ich allein nicht, von seiner beschrieenen Gemüths-
art, wie es scheint, erwartet. Aber gesetzt, man
bestünde darauf, weil seine Handlungen gegen
mich wirklich Lebensstrafe verdienen, daß ich
ihn und seine Mitschuldige öffentlich vor Gericht
belangen sollte: wie, denken Sie, könnte ich das
ertragen?

Da mein guter Name, schon vor der ab-
scheulichen und des Todes würdigen That, ja
selbst von der Stunde an, als ich meines Va-
ters Haus verließ, in den Augen der Welt ver-
lohren gewesen: und da alle meine Hoffnung zur
Glückseligkeit in dieser Welt gänzlich verschwun-
den ist: so lassen Sie mich in Ruhe unvermerkt
zu Grabe gehen; und lassen nicht anders, als
durch eine einzige Freundschaftsthräne, und nicht
mehrere, die von Jhrem holdseligen Auge, mei-
ne eigne, allerliebste, Anna Howe, an dem glück-
lichen Tage, der allen meinen Kummer verschar-
ren soll, herabfließe, das Angedenken erneuret
werden, daß eine solche Person in der Welt ge-
wesen sey als

Sonnabends,
den 8ten Jul. Clarissa Harlowe.


Der
K 2



ich allein nicht, von ſeiner beſchrieenen Gemuͤths-
art, wie es ſcheint, erwartet. Aber geſetzt, man
beſtuͤnde darauf, weil ſeine Handlungen gegen
mich wirklich Lebensſtrafe verdienen, daß ich
ihn und ſeine Mitſchuldige oͤffentlich vor Gericht
belangen ſollte: wie, denken Sie, koͤnnte ich das
ertragen?

Da mein guter Name, ſchon vor der ab-
ſcheulichen und des Todes wuͤrdigen That, ja
ſelbſt von der Stunde an, als ich meines Va-
ters Haus verließ, in den Augen der Welt ver-
lohren geweſen: und da alle meine Hoffnung zur
Gluͤckſeligkeit in dieſer Welt gaͤnzlich verſchwun-
den iſt: ſo laſſen Sie mich in Ruhe unvermerkt
zu Grabe gehen; und laſſen nicht anders, als
durch eine einzige Freundſchaftsthraͤne, und nicht
mehrere, die von Jhrem holdſeligen Auge, mei-
ne eigne, allerliebſte, Anna Howe, an dem gluͤck-
lichen Tage, der allen meinen Kummer verſchar-
ren ſoll, herabfließe, das Angedenken erneuret
werden, daß eine ſolche Perſon in der Welt ge-
weſen ſey als

Sonnabends,
den 8ten Jul. Clariſſa Harlowe.


Der
K 2
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[147/0153] ich allein nicht, von ſeiner beſchrieenen Gemuͤths- art, wie es ſcheint, erwartet. Aber geſetzt, man beſtuͤnde darauf, weil ſeine Handlungen gegen mich wirklich Lebensſtrafe verdienen, daß ich ihn und ſeine Mitſchuldige oͤffentlich vor Gericht belangen ſollte: wie, denken Sie, koͤnnte ich das ertragen? Da mein guter Name, ſchon vor der ab- ſcheulichen und des Todes wuͤrdigen That, ja ſelbſt von der Stunde an, als ich meines Va- ters Haus verließ, in den Augen der Welt ver- lohren geweſen: und da alle meine Hoffnung zur Gluͤckſeligkeit in dieſer Welt gaͤnzlich verſchwun- den iſt: ſo laſſen Sie mich in Ruhe unvermerkt zu Grabe gehen; und laſſen nicht anders, als durch eine einzige Freundſchaftsthraͤne, und nicht mehrere, die von Jhrem holdſeligen Auge, mei- ne eigne, allerliebſte, Anna Howe, an dem gluͤck- lichen Tage, der allen meinen Kummer verſchar- ren ſoll, herabfließe, das Angedenken erneuret werden, daß eine ſolche Perſon in der Welt ge- weſen ſey als Sonnabends, den 8ten Jul. Clariſſa Harlowe. Der K 2

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/153>, abgerufen am 24.11.2024.