daran zweifle ich gar nicht, daß Jhnen, so wohl für Jhre Person, als in Ansehung Jhres Guts, Gerechtigkeit widerfahre. Sie können noch vie- le beglückte Tage erleben, und noch viel Gutes thun: wenn Sie nur unvermeidliche Zufälle nicht bis zu einer sündlichen Kleinmüthigkeit erhöhen wollen.
Wozu, meine Wertheste, dauret noch diese nagende Sorge um eine Aussöhnung mit Ver- wandten, die eben so nichtswürdig als unver- söhnlich sind, die ihren Willen von einem nach allem greifenden Bruder lenken lassen, welcher seine Rechnung dabey findet, daß er den Riß of- fen erhält? Jch sehe nun augenscheinlich, daß der schändlichste Kerl alle seine Anschläge auf diese übertriebene Sorge gebauet habe. Er hat ge- merket, daß Sie mehr, als jemals Grund zu hoffen war; nach der Aussöhnung lechzeten. Die Absicht, die Hoffnung, gestehe ich, ist ausneh- mend reizungsvoll: wären Jhre Angehörigen nur Christen, oder auch nur Heiden mit mensch- lichen Herzen gewesen.
Jch werde diesen kurzen Brief; denn ich bin genöthigt ihn kurz zu machen; durch den jungen Rogers, wie wir ihn nennen, absenden. Es ist eben der, den ich zu Jhnen nach Hampstead schickte: ein unschuldiger Bauer; ob er sich gleich gern in fremde Sachen menget. Haben Sie die Güte, ihn vor sich zu lassen: damit er mir er- zählen könne, wie Sie aussehen, und wie Sie sich befinden.
Herr
daran zweifle ich gar nicht, daß Jhnen, ſo wohl fuͤr Jhre Perſon, als in Anſehung Jhres Guts, Gerechtigkeit widerfahre. Sie koͤnnen noch vie- le begluͤckte Tage erleben, und noch viel Gutes thun: wenn Sie nur unvermeidliche Zufaͤlle nicht bis zu einer ſuͤndlichen Kleinmuͤthigkeit erhoͤhen wollen.
Wozu, meine Wertheſte, dauret noch dieſe nagende Sorge um eine Ausſoͤhnung mit Ver- wandten, die eben ſo nichtswuͤrdig als unver- ſoͤhnlich ſind, die ihren Willen von einem nach allem greifenden Bruder lenken laſſen, welcher ſeine Rechnung dabey findet, daß er den Riß of- fen erhaͤlt? Jch ſehe nun augenſcheinlich, daß der ſchaͤndlichſte Kerl alle ſeine Anſchlaͤge auf dieſe uͤbertriebene Sorge gebauet habe. Er hat ge- merket, daß Sie mehr, als jemals Grund zu hoffen war; nach der Ausſoͤhnung lechzeten. Die Abſicht, die Hoffnung, geſtehe ich, iſt ausneh- mend reizungsvoll: waͤren Jhre Angehoͤrigen nur Chriſten, oder auch nur Heiden mit menſch- lichen Herzen geweſen.
Jch werde dieſen kurzen Brief; denn ich bin genoͤthigt ihn kurz zu machen; durch den jungen Rogers, wie wir ihn nennen, abſenden. Es iſt eben der, den ich zu Jhnen nach Hampſtead ſchickte: ein unſchuldiger Bauer; ob er ſich gleich gern in fremde Sachen menget. Haben Sie die Guͤte, ihn vor ſich zu laſſen: damit er mir er- zaͤhlen koͤnne, wie Sie ausſehen, und wie Sie ſich befinden.
Herr
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daran zweifle ich gar nicht, daß Jhnen, ſo wohl
fuͤr Jhre Perſon, als in Anſehung Jhres Guts,
Gerechtigkeit widerfahre. Sie koͤnnen noch vie-
le begluͤckte Tage erleben, und noch viel Gutes
thun: wenn Sie nur unvermeidliche Zufaͤlle nicht
bis zu einer ſuͤndlichen Kleinmuͤthigkeit erhoͤhen
wollen.
Wozu, meine Wertheſte, dauret noch dieſe
nagende Sorge um eine Ausſoͤhnung mit Ver-
wandten, die eben ſo nichtswuͤrdig als unver-
ſoͤhnlich ſind, die ihren Willen von einem nach
allem greifenden Bruder lenken laſſen, welcher
ſeine Rechnung dabey findet, daß er den Riß of-
fen erhaͤlt? Jch ſehe nun augenſcheinlich, daß
der ſchaͤndlichſte Kerl alle ſeine Anſchlaͤge auf dieſe
uͤbertriebene Sorge gebauet habe. Er hat ge-
merket, daß Sie mehr, als jemals Grund zu
hoffen war; nach der Ausſoͤhnung lechzeten. Die
Abſicht, die Hoffnung, geſtehe ich, iſt ausneh-
mend reizungsvoll: waͤren Jhre Angehoͤrigen
nur Chriſten, oder auch nur Heiden mit menſch-
lichen Herzen geweſen.
Jch werde dieſen kurzen Brief; denn ich bin
genoͤthigt ihn kurz zu machen; durch den jungen
Rogers, wie wir ihn nennen, abſenden. Es
iſt eben der, den ich zu Jhnen nach Hampſtead
ſchickte: ein unſchuldiger Bauer; ob er ſich gleich
gern in fremde Sachen menget. Haben Sie die
Guͤte, ihn vor ſich zu laſſen: damit er mir er-
zaͤhlen koͤnne, wie Sie ausſehen, und wie Sie
ſich befinden.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/176>, abgerufen am 21.11.2024.
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