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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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Welt, wenn es ihr so gut, als ihnen selbst, be-
kannt wäre, eben so wenig gefallen würden, als
dergleichen Leute einander gefallen. Glücklich ist
der Ehestand, wo weder Mann noch Weib dem
andern Theil irgend etwas Böses, das von ei-
nem freyen Willen oder von einem Vorsatz ab-
hinge, überhaupt in der Aufführung vorzuwer-
fen hat! - - Denn selbst diejenigen Personen,
welche böse Herzen haben, werden für Leute von
guten Herzen Ehrerbietung hegen.

Zwey saubere Zimmer, mit nicht außeror-
dentlichem, aber reinem Aufputze, in dem ersten
Stockwerk, gehören mir. Das eine davon nen-
nen sie den Speisesaal.

Noch eine Treppe höher hat eine rechtschaffene
Witwe, Frau Lovick mit Namen, eingemiethet,
welche zwar von geringen Glücksumständen ist,
aber, wie mich Frau Smithen versichert, bey
vornehmen Leuten von ihrer Bekanntschaft, we-
gen ihrer Gottseligkeit, ihrer Klugheit und ihres
Verstandes, in großem Ansehen stehet. Mit
dieser bin ich gesonnen, mich wohl bekannt zu
machen.

Jch danke Jhnen, liebste Freundinn, für ih-
ren gütigen, ihren zu recht gelegener Zeit ertheil-
ten Zuspruch und Trost. Jch hoffe, der Him-
mel werde mir mehr Gnade verleihen, als daß
ich in Verzweifelung gerathen sollte, wenn man
das Wort in geistlichem Verstande nimmt:
sonderlich da ich mir selbst den Trost, welchen
Sie mir geben, zueignen kann, daß weder mein

Wille,



Welt, wenn es ihr ſo gut, als ihnen ſelbſt, be-
kannt waͤre, eben ſo wenig gefallen wuͤrden, als
dergleichen Leute einander gefallen. Gluͤcklich iſt
der Eheſtand, wo weder Mann noch Weib dem
andern Theil irgend etwas Boͤſes, das von ei-
nem freyen Willen oder von einem Vorſatz ab-
hinge, uͤberhaupt in der Auffuͤhrung vorzuwer-
fen hat! ‒ ‒ Denn ſelbſt diejenigen Perſonen,
welche boͤſe Herzen haben, werden fuͤr Leute von
guten Herzen Ehrerbietung hegen.

Zwey ſaubere Zimmer, mit nicht außeror-
dentlichem, aber reinem Aufputze, in dem erſten
Stockwerk, gehoͤren mir. Das eine davon nen-
nen ſie den Speiſeſaal.

Noch eine Treppe hoͤher hat eine rechtſchaffene
Witwe, Frau Lovick mit Namen, eingemiethet,
welche zwar von geringen Gluͤcksumſtaͤnden iſt,
aber, wie mich Frau Smithen verſichert, bey
vornehmen Leuten von ihrer Bekanntſchaft, we-
gen ihrer Gottſeligkeit, ihrer Klugheit und ihres
Verſtandes, in großem Anſehen ſtehet. Mit
dieſer bin ich geſonnen, mich wohl bekannt zu
machen.

Jch danke Jhnen, liebſte Freundinn, fuͤr ih-
ren guͤtigen, ihren zu recht gelegener Zeit ertheil-
ten Zuſpruch und Troſt. Jch hoffe, der Him-
mel werde mir mehr Gnade verleihen, als daß
ich in Verzweifelung gerathen ſollte, wenn man
das Wort in geiſtlichem Verſtande nimmt:
ſonderlich da ich mir ſelbſt den Troſt, welchen
Sie mir geben, zueignen kann, daß weder mein

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[175/0181] Welt, wenn es ihr ſo gut, als ihnen ſelbſt, be- kannt waͤre, eben ſo wenig gefallen wuͤrden, als dergleichen Leute einander gefallen. Gluͤcklich iſt der Eheſtand, wo weder Mann noch Weib dem andern Theil irgend etwas Boͤſes, das von ei- nem freyen Willen oder von einem Vorſatz ab- hinge, uͤberhaupt in der Auffuͤhrung vorzuwer- fen hat! ‒ ‒ Denn ſelbſt diejenigen Perſonen, welche boͤſe Herzen haben, werden fuͤr Leute von guten Herzen Ehrerbietung hegen. Zwey ſaubere Zimmer, mit nicht außeror- dentlichem, aber reinem Aufputze, in dem erſten Stockwerk, gehoͤren mir. Das eine davon nen- nen ſie den Speiſeſaal. Noch eine Treppe hoͤher hat eine rechtſchaffene Witwe, Frau Lovick mit Namen, eingemiethet, welche zwar von geringen Gluͤcksumſtaͤnden iſt, aber, wie mich Frau Smithen verſichert, bey vornehmen Leuten von ihrer Bekanntſchaft, we- gen ihrer Gottſeligkeit, ihrer Klugheit und ihres Verſtandes, in großem Anſehen ſtehet. Mit dieſer bin ich geſonnen, mich wohl bekannt zu machen. Jch danke Jhnen, liebſte Freundinn, fuͤr ih- ren guͤtigen, ihren zu recht gelegener Zeit ertheil- ten Zuſpruch und Troſt. Jch hoffe, der Him- mel werde mir mehr Gnade verleihen, als daß ich in Verzweifelung gerathen ſollte, wenn man das Wort in geiſtlichem Verſtande nimmt: ſonderlich da ich mir ſelbſt den Troſt, welchen Sie mir geben, zueignen kann, daß weder mein Wille,

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/181>, abgerufen am 21.11.2024.