vortrefflich sie schreibet! riefen die jüngferlichen Meerkätzchen und sahen ihre saubere Hand an. - - Jhre Vollkommenheiten gereichen mir zum Verbrechen. - - Was können sie wohl für ein Ende von diesen Dingen erwarten? rief die Lady Sarah - - Verdammte, verdammte Hän- del! schrie der Lord, und schüttelte sein lockeres und wackelndes Fleisch an den Kinnbacken, wel- ches, wie die Wammen an dem Halse einer al- ten Kuhe, herunter hing.
Jch meines Theils wußte kaum, ob ich sin- gen oder sagen sollte, was ich auf diese vereinigte Angriffe von allen zu antworten hatte. - - Fein sachte und gemach, liebe Frauenzimmer - - Ei- ne auf einmal, ich bitte sie. Jch soll doch, wie ich hoffe, nicht niedergehetzt werden, ohne daß man mich auch höre. Haben sie die Güte, mir diese Briefe zu zeigen. Jch bitte, zeigen sie mir dieselben.
Da sind sie! - - Das ist der erste - - Le- sen sie ihn laut, wo sie können.
Jch öffnete einen Brief von meiner Schönen, der am Donnerstage, den 29ten Jun. das sollte unser Hochzeittag seyn; geschrieben und an die Lady Elisabeth Lawrance gerichtet war. - - Aus dem Jnhalt sehe ich, zu meinem großen Ver- gnügen, daß das liebe Kind noch am Leben, noch gesund und trefflich munter ist. Aber die Aufschrift und Anzeige des Orts, wohin die Antwort zu senden wäre, war so ausgekratzt, daß ich sie nicht lesen konnte: welches mich sehr kränkte.
Sie
vortrefflich ſie ſchreibet! riefen die juͤngferlichen Meerkaͤtzchen und ſahen ihre ſaubere Hand an. ‒ ‒ Jhre Vollkommenheiten gereichen mir zum Verbrechen. ‒ ‒ Was koͤnnen ſie wohl fuͤr ein Ende von dieſen Dingen erwarten? rief die Lady Sarah ‒ ‒ Verdammte, verdammte Haͤn- del! ſchrie der Lord, und ſchuͤttelte ſein lockeres und wackelndes Fleiſch an den Kinnbacken, wel- ches, wie die Wammen an dem Halſe einer al- ten Kuhe, herunter hing.
Jch meines Theils wußte kaum, ob ich ſin- gen oder ſagen ſollte, was ich auf dieſe vereinigte Angriffe von allen zu antworten hatte. ‒ ‒ Fein ſachte und gemach, liebe Frauenzimmer ‒ ‒ Ei- ne auf einmal, ich bitte ſie. Jch ſoll doch, wie ich hoffe, nicht niedergehetzt werden, ohne daß man mich auch hoͤre. Haben ſie die Guͤte, mir dieſe Briefe zu zeigen. Jch bitte, zeigen ſie mir dieſelben.
Da ſind ſie! ‒ ‒ Das iſt der erſte ‒ ‒ Le- ſen ſie ihn laut, wo ſie koͤnnen.
Jch oͤffnete einen Brief von meiner Schoͤnen, der am Donnerſtage, den 29ten Jun. das ſollte unſer Hochzeittag ſeyn; geſchrieben und an die Lady Eliſabeth Lawrance gerichtet war. ‒ ‒ Aus dem Jnhalt ſehe ich, zu meinem großen Ver- gnuͤgen, daß das liebe Kind noch am Leben, noch geſund und trefflich munter iſt. Aber die Aufſchrift und Anzeige des Orts, wohin die Antwort zu ſenden waͤre, war ſo ausgekratzt, daß ich ſie nicht leſen konnte: welches mich ſehr kraͤnkte.
Sie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0198"n="192"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
vortrefflich ſie ſchreibet! riefen die juͤngferlichen<lb/>
Meerkaͤtzchen und ſahen ihre ſaubere Hand an. ‒‒<lb/><hirendition="#fr">Jhre Vollkommenheiten gereichen mir zum<lb/>
Verbrechen.</hi>‒‒ Was koͤnnen ſie wohl fuͤr<lb/>
ein Ende von dieſen Dingen erwarten? rief die<lb/>
Lady Sarah ‒‒ Verdammte, verdammte Haͤn-<lb/>
del! ſchrie der Lord, und ſchuͤttelte ſein lockeres<lb/>
und wackelndes Fleiſch an den Kinnbacken, wel-<lb/>
ches, wie die Wammen an dem Halſe einer al-<lb/>
ten Kuhe, herunter hing.</p><lb/><p>Jch meines Theils wußte kaum, ob ich ſin-<lb/>
gen oder ſagen ſollte, was ich auf dieſe vereinigte<lb/>
Angriffe von allen zu antworten hatte. ‒‒ Fein<lb/>ſachte und gemach, liebe Frauenzimmer ‒‒ Ei-<lb/>
ne auf einmal, ich bitte ſie. Jch ſoll doch, wie<lb/>
ich hoffe, nicht niedergehetzt werden, ohne daß<lb/>
man mich auch hoͤre. Haben ſie die Guͤte, mir<lb/>
dieſe Briefe zu zeigen. Jch bitte, zeigen ſie mir<lb/>
dieſelben.</p><lb/><p>Da ſind ſie! ‒‒ Das iſt der erſte ‒‒ Le-<lb/>ſen ſie ihn laut, wo ſie koͤnnen.</p><lb/><p>Jch oͤffnete einen Brief von meiner Schoͤnen,<lb/>
der am <hirendition="#fr">Donnerſtage, den 29ten Jun.</hi> das<lb/>ſollte unſer Hochzeittag ſeyn; geſchrieben und an<lb/>
die Lady Eliſabeth Lawrance gerichtet war. ‒‒<lb/>
Aus dem Jnhalt ſehe ich, zu meinem großen Ver-<lb/>
gnuͤgen, daß das liebe Kind noch am Leben, noch<lb/>
geſund und trefflich munter iſt. Aber die Aufſchrift<lb/>
und Anzeige des Orts, wohin die Antwort zu ſenden<lb/>
waͤre, war ſo ausgekratzt, daß ich ſie nicht leſen<lb/>
konnte: welches mich ſehr kraͤnkte.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Sie</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[192/0198]
vortrefflich ſie ſchreibet! riefen die juͤngferlichen
Meerkaͤtzchen und ſahen ihre ſaubere Hand an. ‒ ‒
Jhre Vollkommenheiten gereichen mir zum
Verbrechen. ‒ ‒ Was koͤnnen ſie wohl fuͤr
ein Ende von dieſen Dingen erwarten? rief die
Lady Sarah ‒ ‒ Verdammte, verdammte Haͤn-
del! ſchrie der Lord, und ſchuͤttelte ſein lockeres
und wackelndes Fleiſch an den Kinnbacken, wel-
ches, wie die Wammen an dem Halſe einer al-
ten Kuhe, herunter hing.
Jch meines Theils wußte kaum, ob ich ſin-
gen oder ſagen ſollte, was ich auf dieſe vereinigte
Angriffe von allen zu antworten hatte. ‒ ‒ Fein
ſachte und gemach, liebe Frauenzimmer ‒ ‒ Ei-
ne auf einmal, ich bitte ſie. Jch ſoll doch, wie
ich hoffe, nicht niedergehetzt werden, ohne daß
man mich auch hoͤre. Haben ſie die Guͤte, mir
dieſe Briefe zu zeigen. Jch bitte, zeigen ſie mir
dieſelben.
Da ſind ſie! ‒ ‒ Das iſt der erſte ‒ ‒ Le-
ſen ſie ihn laut, wo ſie koͤnnen.
Jch oͤffnete einen Brief von meiner Schoͤnen,
der am Donnerſtage, den 29ten Jun. das
ſollte unſer Hochzeittag ſeyn; geſchrieben und an
die Lady Eliſabeth Lawrance gerichtet war. ‒ ‒
Aus dem Jnhalt ſehe ich, zu meinem großen Ver-
gnuͤgen, daß das liebe Kind noch am Leben, noch
geſund und trefflich munter iſt. Aber die Aufſchrift
und Anzeige des Orts, wohin die Antwort zu ſenden
waͤre, war ſo ausgekratzt, daß ich ſie nicht leſen
konnte: welches mich ſehr kraͤnkte.
Sie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/198>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.