Drittens kamen die Beschuldigungen, daß ich falsche Briefe geschmiedet, und falsche Perso- nen aufgestellet hätte, wieder vor: und wir wären darüber beynahe aufs neue in Zank gerathen, ehe wir zu der folgenden Beschuldigung kommen konn- ten; die noch ärger war. Denn
Viertens ward mir vorgeworfen, "daß, "nachdem ich sie betrügerifcher Weise in das "schändliche Haus zurückgebracht, ich sie erstlich "ihrer Sinne, alsdenn ihrer Ehre, beraubet, und "nachher daselbst gefangen gehalten hätte.
Was würde es anders seyn, wenn ich dir die Bemäntelungen dieser schweren Vorwürfe erzäh- len sollte, als eine Wiederholung vieler von denen Gründen, die mein Verbrechen geringer vorstel- len können, und die ich schon in meinen Briefen an dich gebrauchet habe. - - Es mag also genug seyn, nur dieß zu sagen, daß ich, zur Beschöni- gung meiner Anschläge, auf die ausnehmende Bedenklichkeit der Fräulein, auf ihr Mistrauen, das sie in meine Ehre gesetzet, auf das zu Rän- ken aufgelegte Gemüth der Fräulein Howe, wo- durch es geschehen, daß Ränke an ihrer Seite, auch an meiner Seite Ränke veranlasset hätten, und auf den heftigen Zorn des schönen Gefchlechts sehr bestand. Jch betheurte, daß meine ganze Absicht, warum ich sie mit einem gelinden Zwange festgehalten, nur diese gewesen wäre, sie dadurch zu nöthigen, daß sie mir vergeben, und mich hey- rathen möchte, und dieß um der Ehre beyder Familien willen. Jch rühmte mich mit meinen
guten
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Drittens kamen die Beſchuldigungen, daß ich falſche Briefe geſchmiedet, und falſche Perſo- nen aufgeſtellet haͤtte, wieder vor: und wir waͤren daruͤber beynahe aufs neue in Zank gerathen, ehe wir zu der folgenden Beſchuldigung kommen konn- ten; die noch aͤrger war. Denn
Viertens ward mir vorgeworfen, „daß, „nachdem ich ſie betruͤgerifcher Weiſe in das „ſchaͤndliche Haus zuruͤckgebracht, ich ſie erſtlich „ihrer Sinne, alsdenn ihrer Ehre, beraubet, und „nachher daſelbſt gefangen gehalten haͤtte.
Was wuͤrde es anders ſeyn, wenn ich dir die Bemaͤntelungen dieſer ſchweren Vorwuͤrfe erzaͤh- len ſollte, als eine Wiederholung vieler von denen Gruͤnden, die mein Verbrechen geringer vorſtel- len koͤnnen, und die ich ſchon in meinen Briefen an dich gebrauchet habe. ‒ ‒ Es mag alſo genug ſeyn, nur dieß zu ſagen, daß ich, zur Beſchoͤni- gung meiner Anſchlaͤge, auf die ausnehmende Bedenklichkeit der Fraͤulein, auf ihr Mistrauen, das ſie in meine Ehre geſetzet, auf das zu Raͤn- ken aufgelegte Gemuͤth der Fraͤulein Howe, wo- durch es geſchehen, daß Raͤnke an ihrer Seite, auch an meiner Seite Raͤnke veranlaſſet haͤtten, und auf den heftigen Zorn des ſchoͤnen Gefchlechts ſehr beſtand. Jch betheurte, daß meine ganze Abſicht, warum ich ſie mit einem gelinden Zwange feſtgehalten, nur dieſe geweſen waͤre, ſie dadurch zu noͤthigen, daß ſie mir vergeben, und mich hey- rathen moͤchte, und dieß um der Ehre beyder Familien willen. Jch ruͤhmte mich mit meinen
guten
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Drittens kamen die Beſchuldigungen, daß
ich falſche Briefe geſchmiedet, und falſche Perſo-
nen aufgeſtellet haͤtte, wieder vor: und wir waͤren
daruͤber beynahe aufs neue in Zank gerathen, ehe
wir zu der folgenden Beſchuldigung kommen konn-
ten; die noch aͤrger war. Denn
Viertens ward mir vorgeworfen, „daß,
„nachdem ich ſie betruͤgerifcher Weiſe in das
„ſchaͤndliche Haus zuruͤckgebracht, ich ſie erſtlich
„ihrer Sinne, alsdenn ihrer Ehre, beraubet, und
„nachher daſelbſt gefangen gehalten haͤtte.
Was wuͤrde es anders ſeyn, wenn ich dir die
Bemaͤntelungen dieſer ſchweren Vorwuͤrfe erzaͤh-
len ſollte, als eine Wiederholung vieler von denen
Gruͤnden, die mein Verbrechen geringer vorſtel-
len koͤnnen, und die ich ſchon in meinen Briefen
an dich gebrauchet habe. ‒ ‒ Es mag alſo genug
ſeyn, nur dieß zu ſagen, daß ich, zur Beſchoͤni-
gung meiner Anſchlaͤge, auf die ausnehmende
Bedenklichkeit der Fraͤulein, auf ihr Mistrauen,
das ſie in meine Ehre geſetzet, auf das zu Raͤn-
ken aufgelegte Gemuͤth der Fraͤulein Howe, wo-
durch es geſchehen, daß Raͤnke an ihrer Seite,
auch an meiner Seite Raͤnke veranlaſſet haͤtten,
und auf den heftigen Zorn des ſchoͤnen Gefchlechts
ſehr beſtand. Jch betheurte, daß meine ganze
Abſicht, warum ich ſie mit einem gelinden Zwange
feſtgehalten, nur dieſe geweſen waͤre, ſie dadurch
zu noͤthigen, daß ſie mir vergeben, und mich hey-
rathen moͤchte, und dieß um der Ehre beyder
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/223>, abgerufen am 21.11.2024.
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