dern eine solche Verachtung bezeiget, nichts är- gers sagen könnte.
Lord M. Wie würde sich meine Schwe- ster Lovelacen alle ihre thörichte Nachsicht gegen diesen ihren Liebling verwiesen haben: wenn sie bis itzo gelebt, und bey dieser Gelegenheit gegen- wärtig gewesen wäre!
Lady Sarah. Es mag seyn: aber erlau- ben sie, mein Lord, daß wir zusehen, ob etwas für diese arme Fräulein auszurichten ist.
Fräulein Charlotte. Wo Herr Lovelace nichts gegen die Gemüthsbeschaffenheit der Fräu- lein einzuwenden hat; und ich darf glauben, daß er sich nicht schämen werde, ihr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, wenn es auch gegen ihn selbst ausfallen sollte: so kann ich nicht anders se- hen, als daß Ehre und Großmuth ihn zu allem dem bewegen werde, was wir von ihm erwarten. Wären der Fräulein einige Leichtsinnigkeit und Schwachheiten vorzuwerfen: so wollte ich zu ih- rem Besten den Mund nicht aufthun; ob ich gleich in geheim Mitleiden mit ihr haben, und ihr hartes Verhängniß bedauren würde. Und gleichwohl möchte es auch denn, bey einem so be- sondern Falle, nicht an Bewegungsgründen feh- len, welche Ehre und Dankbarkeit an die Hand geben würden, sie zu verbinden, mein Herr, daß sie ihre Gelübde, welche sie offenbar gebrochen ha- ben, wieder bestätigten und erfülleten.
Lady Elisabeth. Meine Neffe Charlotte hat sie mit so vieler Gerechtigkeit aufgefordert,
und
dern eine ſolche Verachtung bezeiget, nichts aͤr- gers ſagen koͤnnte.
Lord M. Wie wuͤrde ſich meine Schwe- ſter Lovelacen alle ihre thoͤrichte Nachſicht gegen dieſen ihren Liebling verwieſen haben: wenn ſie bis itzo gelebt, und bey dieſer Gelegenheit gegen- waͤrtig geweſen waͤre!
Lady Sarah. Es mag ſeyn: aber erlau- ben ſie, mein Lord, daß wir zuſehen, ob etwas fuͤr dieſe arme Fraͤulein auszurichten iſt.
Fraͤulein Charlotte. Wo Herr Lovelace nichts gegen die Gemuͤthsbeſchaffenheit der Fraͤu- lein einzuwenden hat; und ich darf glauben, daß er ſich nicht ſchaͤmen werde, ihr Gerechtigkeit widerfahren zu laſſen, wenn es auch gegen ihn ſelbſt ausfallen ſollte: ſo kann ich nicht anders ſe- hen, als daß Ehre und Großmuth ihn zu allem dem bewegen werde, was wir von ihm erwarten. Waͤren der Fraͤulein einige Leichtſinnigkeit und Schwachheiten vorzuwerfen: ſo wollte ich zu ih- rem Beſten den Mund nicht aufthun; ob ich gleich in geheim Mitleiden mit ihr haben, und ihr hartes Verhaͤngniß bedauren wuͤrde. Und gleichwohl moͤchte es auch denn, bey einem ſo be- ſondern Falle, nicht an Bewegungsgruͤnden feh- len, welche Ehre und Dankbarkeit an die Hand geben wuͤrden, ſie zu verbinden, mein Herr, daß ſie ihre Geluͤbde, welche ſie offenbar gebrochen ha- ben, wieder beſtaͤtigten und erfuͤlleten.
Lady Eliſabeth. Meine Neffe Charlotte hat ſie mit ſo vieler Gerechtigkeit aufgefordert,
und
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dern eine ſolche Verachtung bezeiget, nichts aͤr-
gers ſagen koͤnnte.
Lord M. Wie wuͤrde ſich meine Schwe-
ſter Lovelacen alle ihre thoͤrichte Nachſicht gegen
dieſen ihren Liebling verwieſen haben: wenn ſie
bis itzo gelebt, und bey dieſer Gelegenheit gegen-
waͤrtig geweſen waͤre!
Lady Sarah. Es mag ſeyn: aber erlau-
ben ſie, mein Lord, daß wir zuſehen, ob etwas
fuͤr dieſe arme Fraͤulein auszurichten iſt.
Fraͤulein Charlotte. Wo Herr Lovelace
nichts gegen die Gemuͤthsbeſchaffenheit der Fraͤu-
lein einzuwenden hat; und ich darf glauben, daß
er ſich nicht ſchaͤmen werde, ihr Gerechtigkeit
widerfahren zu laſſen, wenn es auch gegen ihn
ſelbſt ausfallen ſollte: ſo kann ich nicht anders ſe-
hen, als daß Ehre und Großmuth ihn zu allem
dem bewegen werde, was wir von ihm erwarten.
Waͤren der Fraͤulein einige Leichtſinnigkeit und
Schwachheiten vorzuwerfen: ſo wollte ich zu ih-
rem Beſten den Mund nicht aufthun; ob ich
gleich in geheim Mitleiden mit ihr haben, und
ihr hartes Verhaͤngniß bedauren wuͤrde. Und
gleichwohl moͤchte es auch denn, bey einem ſo be-
ſondern Falle, nicht an Bewegungsgruͤnden feh-
len, welche Ehre und Dankbarkeit an die Hand
geben wuͤrden, ſie zu verbinden, mein Herr, daß
ſie ihre Geluͤbde, welche ſie offenbar gebrochen ha-
ben, wieder beſtaͤtigten und erfuͤlleten.
Lady Eliſabeth. Meine Neffe Charlotte
hat ſie mit ſo vieler Gerechtigkeit aufgefordert,
und
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/228>, abgerufen am 24.11.2024.
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