Lady Elisab. Das ist eine edle Gemüths- art, mein Herr. Wofern sie so denken, als sie reden: so können sie sich gewiß nicht weigern, der Fräulein alle Gerechtigkeit zu thun, die nun- mehr noch in ihrer Gewalt stehet.
Diese Forderung ließen sie alle einhellig an mich ergehen.
Jch stellte vor, daß ich versichert wäre, sie wollte mich nicht haben. Wenn sie einmal ei- nen Entschluß gefaßt hätte: so wäre sie nicht zu bewegen. Unbeweglichkeit wäre eine Harlowei- sche Sünde. Diese, und ihr Name, wäre al- les, was sie von ihren Anverwandten hätte.
Allein sie waren alle der Meynung, daß sie in ihren gegenwärtigen verlassenen Umständen zu bewegen seyn würde, mir zu vergeben. Die La- dy Sarah sagte, ihre Schwester und sie wollten sich Mühe geben, die Edle Leidensträgerinn, wie sie dieselbe mit Recht nannten, aufzusuchen; sie wollten dieselbe in ihren Schutz nehmen, und ihr für die Gerechtigkeit, welche ich ihr so wohl nach, als vor der Heyrath thun würde, Gewähr leisten.
Es war mir einigermaßen ein Vergnügen, daß ich die Versöhnlichkeit dieser Frauenzimmer von meiner eignen Familie wahrnahm, wenn sie, eine oder die andere von ihnen, mit einem Love- lace zu thun gehabt hätten. Aber es würde etwas hartes für uns ehrliche Leute gewesen seyn, Bruder: wenn alle Weibspersonen Clarissen wären.
Hier werde ich genöthigt abzubrechen.
Der
Lady Eliſab. Das iſt eine edle Gemuͤths- art, mein Herr. Wofern ſie ſo denken, als ſie reden: ſo koͤnnen ſie ſich gewiß nicht weigern, der Fraͤulein alle Gerechtigkeit zu thun, die nun- mehr noch in ihrer Gewalt ſtehet.
Dieſe Forderung ließen ſie alle einhellig an mich ergehen.
Jch ſtellte vor, daß ich verſichert waͤre, ſie wollte mich nicht haben. Wenn ſie einmal ei- nen Entſchluß gefaßt haͤtte: ſo waͤre ſie nicht zu bewegen. Unbeweglichkeit waͤre eine Harlowei- ſche Suͤnde. Dieſe, und ihr Name, waͤre al- les, was ſie von ihren Anverwandten haͤtte.
Allein ſie waren alle der Meynung, daß ſie in ihren gegenwaͤrtigen verlaſſenen Umſtaͤnden zu bewegen ſeyn wuͤrde, mir zu vergeben. Die La- dy Sarah ſagte, ihre Schweſter und ſie wollten ſich Muͤhe geben, die Edle Leidenstraͤgerinn, wie ſie dieſelbe mit Recht nannten, aufzuſuchen; ſie wollten dieſelbe in ihren Schutz nehmen, und ihr fuͤr die Gerechtigkeit, welche ich ihr ſo wohl nach, als vor der Heyrath thun wuͤrde, Gewaͤhr leiſten.
Es war mir einigermaßen ein Vergnuͤgen, daß ich die Verſoͤhnlichkeit dieſer Frauenzimmer von meiner eignen Familie wahrnahm, wenn ſie, eine oder die andere von ihnen, mit einem Love- lace zu thun gehabt haͤtten. Aber es wuͤrde etwas hartes fuͤr uns ehrliche Leute geweſen ſeyn, Bruder: wenn alle Weibsperſonen Clariſſen waͤren.
Hier werde ich genoͤthigt abzubrechen.
Der
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Lady Eliſab. Das iſt eine edle Gemuͤths-
art, mein Herr. Wofern ſie ſo denken, als ſie
reden: ſo koͤnnen ſie ſich gewiß nicht weigern, der
Fraͤulein alle Gerechtigkeit zu thun, die nun-
mehr noch in ihrer Gewalt ſtehet.
Dieſe Forderung ließen ſie alle einhellig an
mich ergehen.
Jch ſtellte vor, daß ich verſichert waͤre, ſie
wollte mich nicht haben. Wenn ſie einmal ei-
nen Entſchluß gefaßt haͤtte: ſo waͤre ſie nicht zu
bewegen. Unbeweglichkeit waͤre eine Harlowei-
ſche Suͤnde. Dieſe, und ihr Name, waͤre al-
les, was ſie von ihren Anverwandten haͤtte.
Allein ſie waren alle der Meynung, daß ſie in
ihren gegenwaͤrtigen verlaſſenen Umſtaͤnden zu
bewegen ſeyn wuͤrde, mir zu vergeben. Die La-
dy Sarah ſagte, ihre Schweſter und ſie wollten
ſich Muͤhe geben, die Edle Leidenstraͤgerinn,
wie ſie dieſelbe mit Recht nannten, aufzuſuchen;
ſie wollten dieſelbe in ihren Schutz nehmen, und
ihr fuͤr die Gerechtigkeit, welche ich ihr ſo wohl
nach, als vor der Heyrath thun wuͤrde, Gewaͤhr
leiſten.
Es war mir einigermaßen ein Vergnuͤgen,
daß ich die Verſoͤhnlichkeit dieſer Frauenzimmer
von meiner eignen Familie wahrnahm, wenn ſie,
eine oder die andere von ihnen, mit einem Love-
lace zu thun gehabt haͤtten. Aber es wuͤrde etwas
hartes fuͤr uns ehrliche Leute geweſen ſeyn, Bruder:
wenn alle Weibsperſonen Clariſſen waͤren.
Hier werde ich genoͤthigt abzubrechen.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/234>, abgerufen am 21.11.2024.
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