woran gedacht wird. Man erkundigte sich nach dem Vermögen der Fräulein, nach der ei- gentlichen Bewandniß, die es mit dem Gute von ihrem Großvater hätte, und überlegte, was ihr Vater und ihre unverheyrathete Onkels, nach wahrscheinlicher Vermuthung, zu ihrem Besten thun würden, wenn eine Aussöhnung ausgewir- ket wäre: welche sie durch ihre Vermittelung gewiß zwischen beyden Familien zu Stande zu bringen hoffen; wo es nicht von mir versehen wird. Die beyden ehrwürdigen Frauenzimmer, welche nun nicht mehr altfränkische Gesichter bey mir heißen, ließen sich etwas von reichen Ge- schenken an ihrem Theile verlauten: und mein Lord bezeugte, daß er sich so zu meinem Vortheil erklären wollte, daß meine Vermählung mit der Fräulein Harlowe dadurch das beste würde, was ich jemals an einem Tage in meinem Leben gethan hätte; und es auch jener Familie eben so ange- nehm, als mir selbst seyn sollte, wie er im gering- sten nicht zweifelte.
Auf die Art hängt itzo das Ehestandsschwerdt bloß an einem einzigen Haar über meinem Hau- pte. Auf die Art endigte sich mein Verhör, und auf die Art sind wir alle wieder Freunde, Vetter und Vetter, Enkel und Enkel bey einem jeden Worte.
Hat wohl jemals ein Lustspiel einen glückli- chern Ausgang gehabt, als dieß lange Verhör?
Der
woran gedacht wird. Man erkundigte ſich nach dem Vermoͤgen der Fraͤulein, nach der ei- gentlichen Bewandniß, die es mit dem Gute von ihrem Großvater haͤtte, und uͤberlegte, was ihr Vater und ihre unverheyrathete Onkels, nach wahrſcheinlicher Vermuthung, zu ihrem Beſten thun wuͤrden, wenn eine Ausſoͤhnung ausgewir- ket waͤre: welche ſie durch ihre Vermittelung gewiß zwiſchen beyden Familien zu Stande zu bringen hoffen; wo es nicht von mir verſehen wird. Die beyden ehrwuͤrdigen Frauenzimmer, welche nun nicht mehr altfraͤnkiſche Geſichter bey mir heißen, ließen ſich etwas von reichen Ge- ſchenken an ihrem Theile verlauten: und mein Lord bezeugte, daß er ſich ſo zu meinem Vortheil erklaͤren wollte, daß meine Vermaͤhlung mit der Fraͤulein Harlowe dadurch das beſte wuͤrde, was ich jemals an einem Tage in meinem Leben gethan haͤtte; und es auch jener Familie eben ſo ange- nehm, als mir ſelbſt ſeyn ſollte, wie er im gering- ſten nicht zweifelte.
Auf die Art haͤngt itzo das Eheſtandsſchwerdt bloß an einem einzigen Haar uͤber meinem Hau- pte. Auf die Art endigte ſich mein Verhoͤr, und auf die Art ſind wir alle wieder Freunde, Vetter und Vetter, Enkel und Enkel bey einem jeden Worte.
Hat wohl jemals ein Luſtſpiel einen gluͤckli- chern Ausgang gehabt, als dieß lange Verhoͤr?
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woran gedacht wird. Man erkundigte ſich
nach dem Vermoͤgen der Fraͤulein, nach der ei-
gentlichen Bewandniß, die es mit dem Gute von
ihrem Großvater haͤtte, und uͤberlegte, was ihr
Vater und ihre unverheyrathete Onkels, nach
wahrſcheinlicher Vermuthung, zu ihrem Beſten
thun wuͤrden, wenn eine Ausſoͤhnung ausgewir-
ket waͤre: welche ſie durch ihre Vermittelung
gewiß zwiſchen beyden Familien zu Stande zu
bringen hoffen; wo es nicht von mir verſehen
wird. Die beyden ehrwuͤrdigen Frauenzimmer,
welche nun nicht mehr altfraͤnkiſche Geſichter
bey mir heißen, ließen ſich etwas von reichen Ge-
ſchenken an ihrem Theile verlauten: und mein
Lord bezeugte, daß er ſich ſo zu meinem Vortheil
erklaͤren wollte, daß meine Vermaͤhlung mit der
Fraͤulein Harlowe dadurch das beſte wuͤrde, was
ich jemals an einem Tage in meinem Leben gethan
haͤtte; und es auch jener Familie eben ſo ange-
nehm, als mir ſelbſt ſeyn ſollte, wie er im gering-
ſten nicht zweifelte.
Auf die Art haͤngt itzo das Eheſtandsſchwerdt
bloß an einem einzigen Haar uͤber meinem Hau-
pte. Auf die Art endigte ſich mein Verhoͤr, und
auf die Art ſind wir alle wieder Freunde, Vetter
und Vetter, Enkel und Enkel bey einem jeden
Worte.
Hat wohl jemals ein Luſtſpiel einen gluͤckli-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/241>, abgerufen am 24.11.2024.
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