Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



locken: da doch ein jeder nicht wissen wird, wie viel
Ehre Jhnen Jhr Leiden selbst gemacht habe?

Jhr trauriger Brief, den mir Rogers ge-
bracht hat (*), nebst seiner Nachricht von Jhrem
sehr mittelmäßigen Befinden, wovon er so wohl
durch die Weibsleute in dem Hause, als durch
Jhr Ansehen, und Jhre Mattigkeit, da Sie mit
ihm geredet, versichert ist, würde mir einen un-
beschreiblichen Kummer verursachet haben: wenn
ich nicht durch diesen angenehmen Besuch von
den Fräuleins aufgemuntert wäre. Jch mache
mir Hoffnung, Sie werden sich gleichfalls auf-
muntern lassen, indem ich Jhnen das, was da-
bey vorgegangen ist, eröffne.

Jn der That, liebste Freundinn Sie müssen
sich nicht bedenken; Sie müssen ihnen willfah-
ren: die Verbindung ist ansehnlich und gereicht
zur Ehre. Sehr wenige Leute werden etwas
von seiner greulichen Niederträchtigkeit gegen Sie
erfahren. Alles muß sich endlich in eine allge-
meine Aussöhnung auflösen: und Sie werden
im Stande seyn, Jhre vorige Weise wieder zu
beobachten, und einem jeden, der es verdient, das
Gute zu erweisen, welches Jhnen vormals allent-
halben, wohin Sie nur den Fuß setzten, Segens-
wünsche verschaffete.

Es kränkt mich, wenn ich befinde, daß Jh-
res Vaters übereilter Wunsch Sie so viel rüh-
ret, als er es thut. Auf mein Wort, liebe Freun-
dinn, Jhr Gemüth ist schrecklich geschwächet.

Sie
(*) Siehe den vorhergehenden XXVII Brief.



locken: da doch ein jeder nicht wiſſen wird, wie viel
Ehre Jhnen Jhr Leiden ſelbſt gemacht habe?

Jhr trauriger Brief, den mir Rogers ge-
bracht hat (*), nebſt ſeiner Nachricht von Jhrem
ſehr mittelmaͤßigen Befinden, wovon er ſo wohl
durch die Weibsleute in dem Hauſe, als durch
Jhr Anſehen, und Jhre Mattigkeit, da Sie mit
ihm geredet, verſichert iſt, wuͤrde mir einen un-
beſchreiblichen Kummer verurſachet haben: wenn
ich nicht durch dieſen angenehmen Beſuch von
den Fraͤuleins aufgemuntert waͤre. Jch mache
mir Hoffnung, Sie werden ſich gleichfalls auf-
muntern laſſen, indem ich Jhnen das, was da-
bey vorgegangen iſt, eroͤffne.

Jn der That, liebſte Freundinn Sie muͤſſen
ſich nicht bedenken; Sie muͤſſen ihnen willfah-
ren: die Verbindung iſt anſehnlich und gereicht
zur Ehre. Sehr wenige Leute werden etwas
von ſeiner greulichen Niedertraͤchtigkeit gegen Sie
erfahren. Alles muß ſich endlich in eine allge-
meine Ausſoͤhnung aufloͤſen: und Sie werden
im Stande ſeyn, Jhre vorige Weiſe wieder zu
beobachten, und einem jeden, der es verdient, das
Gute zu erweiſen, welches Jhnen vormals allent-
halben, wohin Sie nur den Fuß ſetzten, Segens-
wuͤnſche verſchaffete.

Es kraͤnkt mich, wenn ich befinde, daß Jh-
res Vaters uͤbereilter Wunſch Sie ſo viel ruͤh-
ret, als er es thut. Auf mein Wort, liebe Freun-
dinn, Jhr Gemuͤth iſt ſchrecklich geſchwaͤchet.

Sie
(*) Siehe den vorhergehenden XXVII Brief.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0252" n="246"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
locken: da doch ein jeder nicht wi&#x017F;&#x017F;en wird, wie viel<lb/>
Ehre Jhnen Jhr Leiden &#x017F;elb&#x017F;t gemacht habe?</p><lb/>
          <p>Jhr trauriger Brief, den mir Rogers ge-<lb/>
bracht hat <note place="foot" n="(*)">Siehe den vorhergehenden <hi rendition="#aq">XXVII</hi> Brief.</note>, neb&#x017F;t &#x017F;einer Nachricht von Jhrem<lb/>
&#x017F;ehr mittelma&#x0364;ßigen Befinden, wovon er &#x017F;o wohl<lb/>
durch die Weibsleute in dem Hau&#x017F;e, als durch<lb/>
Jhr An&#x017F;ehen, und Jhre Mattigkeit, da Sie mit<lb/>
ihm geredet, ver&#x017F;ichert i&#x017F;t, wu&#x0364;rde mir einen un-<lb/>
be&#x017F;chreiblichen Kummer verur&#x017F;achet haben: wenn<lb/>
ich nicht durch die&#x017F;en angenehmen Be&#x017F;uch von<lb/>
den Fra&#x0364;uleins aufgemuntert wa&#x0364;re. Jch mache<lb/>
mir Hoffnung, Sie werden &#x017F;ich gleichfalls auf-<lb/>
muntern la&#x017F;&#x017F;en, indem ich Jhnen das, was da-<lb/>
bey vorgegangen i&#x017F;t, ero&#x0364;ffne.</p><lb/>
          <p>Jn der That, lieb&#x017F;te Freundinn Sie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ich nicht bedenken; Sie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ihnen willfah-<lb/>
ren: die Verbindung i&#x017F;t an&#x017F;ehnlich und gereicht<lb/>
zur Ehre. Sehr wenige Leute werden etwas<lb/>
von &#x017F;einer greulichen Niedertra&#x0364;chtigkeit gegen Sie<lb/>
erfahren. Alles muß &#x017F;ich endlich in eine allge-<lb/>
meine Aus&#x017F;o&#x0364;hnung auflo&#x0364;&#x017F;en: und Sie werden<lb/>
im Stande &#x017F;eyn, Jhre vorige Wei&#x017F;e wieder zu<lb/>
beobachten, und einem jeden, der es verdient, das<lb/>
Gute zu erwei&#x017F;en, welches Jhnen vormals allent-<lb/>
halben, wohin Sie nur den Fuß &#x017F;etzten, Segens-<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;che ver&#x017F;chaffete.</p><lb/>
          <p>Es kra&#x0364;nkt mich, wenn ich befinde, daß Jh-<lb/>
res Vaters u&#x0364;bereilter Wun&#x017F;ch Sie &#x017F;o viel ru&#x0364;h-<lb/>
ret, als er es thut. Auf mein Wort, liebe Freun-<lb/>
dinn, Jhr Gemu&#x0364;th i&#x017F;t &#x017F;chrecklich ge&#x017F;chwa&#x0364;chet.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0252] locken: da doch ein jeder nicht wiſſen wird, wie viel Ehre Jhnen Jhr Leiden ſelbſt gemacht habe? Jhr trauriger Brief, den mir Rogers ge- bracht hat (*), nebſt ſeiner Nachricht von Jhrem ſehr mittelmaͤßigen Befinden, wovon er ſo wohl durch die Weibsleute in dem Hauſe, als durch Jhr Anſehen, und Jhre Mattigkeit, da Sie mit ihm geredet, verſichert iſt, wuͤrde mir einen un- beſchreiblichen Kummer verurſachet haben: wenn ich nicht durch dieſen angenehmen Beſuch von den Fraͤuleins aufgemuntert waͤre. Jch mache mir Hoffnung, Sie werden ſich gleichfalls auf- muntern laſſen, indem ich Jhnen das, was da- bey vorgegangen iſt, eroͤffne. Jn der That, liebſte Freundinn Sie muͤſſen ſich nicht bedenken; Sie muͤſſen ihnen willfah- ren: die Verbindung iſt anſehnlich und gereicht zur Ehre. Sehr wenige Leute werden etwas von ſeiner greulichen Niedertraͤchtigkeit gegen Sie erfahren. Alles muß ſich endlich in eine allge- meine Ausſoͤhnung aufloͤſen: und Sie werden im Stande ſeyn, Jhre vorige Weiſe wieder zu beobachten, und einem jeden, der es verdient, das Gute zu erweiſen, welches Jhnen vormals allent- halben, wohin Sie nur den Fuß ſetzten, Segens- wuͤnſche verſchaffete. Es kraͤnkt mich, wenn ich befinde, daß Jh- res Vaters uͤbereilter Wunſch Sie ſo viel ruͤh- ret, als er es thut. Auf mein Wort, liebe Freun- dinn, Jhr Gemuͤth iſt ſchrecklich geſchwaͤchet. Sie (*) Siehe den vorhergehenden XXVII Brief.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/252
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/252>, abgerufen am 22.11.2024.