Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


Sie hatte nur das dabey auszusetzen, daß alle
Befestigungen von aussen, und keine von innen
wären. Sie könnte nicht ruhig seyn, sprach sie,
in einem Zimmer, wo andere nach ihrem Belie-
ben hinein, und sie nicht herauskommen könnte.
Sie wäre dazu nicht gewöhnt!!!

Die theure, theure Seele! - - Meine
Thränen fließen, wie ich schreibe. - - Jn
der That, Lovelace, sie war einer solchen
Begegnung nicht gewohnt!

Die Leute versicherten sie, es wäre eben so
viel ihre Schuldigkeit, sie vor anderer Gewalt
und Spott zu beschützen, als sie zu bewahren,
daß sie nicht davon ginge.

So wären sie Leute, auf deren Ehrlichkeit
man sich mehr verlassen könnte, als sie seit einiger
Zeit zu finden gewohnt wäre.

Sie fragte, ob sie Herrn Lovelace kennten?

Nein, war ihre Antwort.

Habt ihr von ihm gehört?

Nein.

Nun so möcht ihr wohl gute Leute in eurer
Art seyn.

Halte hier einen Augenblick inne, Love-
lace! - - und überlege - - Jch muß.



Man fragte sie wieder, ob man auch etwas in
ihrer Wohnung ansagen lassen sollte?

Dieß ist nun meine Wohnung: nicht? - -
Das war alle ihre Antwort.

Sie


Sie hatte nur das dabey auszuſetzen, daß alle
Befeſtigungen von auſſen, und keine von innen
waͤren. Sie koͤnnte nicht ruhig ſeyn, ſprach ſie,
in einem Zimmer, wo andere nach ihrem Belie-
ben hinein, und ſie nicht herauskommen koͤnnte.
Sie waͤre dazu nicht gewoͤhnt!!!

Die theure, theure Seele! ‒ ‒ Meine
Thraͤnen fließen, wie ich ſchreibe. ‒ ‒ Jn
der That, Lovelace, ſie war einer ſolchen
Begegnung nicht gewohnt!

Die Leute verſicherten ſie, es waͤre eben ſo
viel ihre Schuldigkeit, ſie vor anderer Gewalt
und Spott zu beſchuͤtzen, als ſie zu bewahren,
daß ſie nicht davon ginge.

So waͤren ſie Leute, auf deren Ehrlichkeit
man ſich mehr verlaſſen koͤnnte, als ſie ſeit einiger
Zeit zu finden gewohnt waͤre.

Sie fragte, ob ſie Herrn Lovelace kennten?

Nein, war ihre Antwort.

Habt ihr von ihm gehoͤrt?

Nein.

Nun ſo moͤcht ihr wohl gute Leute in eurer
Art ſeyn.

Halte hier einen Augenblick inne, Love-
lace! ‒ ‒ und uͤberlege ‒ ‒ Jch muß.



Man fragte ſie wieder, ob man auch etwas in
ihrer Wohnung anſagen laſſen ſollte?

Dieß iſt nun meine Wohnung: nicht? ‒ ‒
Das war alle ihre Antwort.

Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0290" n="284"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Sie hatte nur das dabey auszu&#x017F;etzen, daß alle<lb/>
Befe&#x017F;tigungen von au&#x017F;&#x017F;en, und keine von innen<lb/>
wa&#x0364;ren. Sie ko&#x0364;nnte nicht ruhig &#x017F;eyn, &#x017F;prach &#x017F;ie,<lb/>
in einem Zimmer, wo andere nach ihrem Belie-<lb/>
ben hinein, und &#x017F;ie nicht herauskommen ko&#x0364;nnte.<lb/>
Sie wa&#x0364;re dazu <hi rendition="#fr">nicht gewo&#x0364;hnt!!!</hi></p><lb/>
          <p> <hi rendition="#fr">Die theure, theure Seele! &#x2012; &#x2012; Meine<lb/>
Thra&#x0364;nen fließen, wie ich &#x017F;chreibe. &#x2012; &#x2012; Jn<lb/>
der That, Lovelace, &#x017F;ie war einer &#x017F;olchen<lb/>
Begegnung nicht gewohnt!</hi> </p><lb/>
          <p>Die Leute ver&#x017F;icherten &#x017F;ie, es wa&#x0364;re eben &#x017F;o<lb/>
viel ihre Schuldigkeit, &#x017F;ie vor anderer Gewalt<lb/>
und Spott zu be&#x017F;chu&#x0364;tzen, als &#x017F;ie zu bewahren,<lb/>
daß &#x017F;ie nicht davon ginge.</p><lb/>
          <p>So wa&#x0364;ren &#x017F;ie Leute, auf deren Ehrlichkeit<lb/>
man &#x017F;ich mehr verla&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnte, als &#x017F;ie &#x017F;eit einiger<lb/>
Zeit zu finden gewohnt wa&#x0364;re.</p><lb/>
          <p>Sie fragte, ob &#x017F;ie Herrn Lovelace kennten?</p><lb/>
          <p>Nein, war ihre Antwort.</p><lb/>
          <p>Habt ihr von ihm geho&#x0364;rt?</p><lb/>
          <p>Nein.</p><lb/>
          <p>Nun &#x017F;o mo&#x0364;cht ihr wohl gute Leute in eurer<lb/>
Art &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#fr">Halte hier einen Augenblick inne, Love-<lb/>
lace! &#x2012; &#x2012; und u&#x0364;berlege &#x2012; &#x2012; Jch muß.</hi> </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Man fragte &#x017F;ie wieder, ob man auch etwas in<lb/>
ihrer Wohnung an&#x017F;agen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte?</p><lb/>
          <p>Dieß i&#x017F;t nun meine Wohnung: nicht? &#x2012; &#x2012;<lb/>
Das war alle ihre Antwort.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[284/0290] Sie hatte nur das dabey auszuſetzen, daß alle Befeſtigungen von auſſen, und keine von innen waͤren. Sie koͤnnte nicht ruhig ſeyn, ſprach ſie, in einem Zimmer, wo andere nach ihrem Belie- ben hinein, und ſie nicht herauskommen koͤnnte. Sie waͤre dazu nicht gewoͤhnt!!! Die theure, theure Seele! ‒ ‒ Meine Thraͤnen fließen, wie ich ſchreibe. ‒ ‒ Jn der That, Lovelace, ſie war einer ſolchen Begegnung nicht gewohnt! Die Leute verſicherten ſie, es waͤre eben ſo viel ihre Schuldigkeit, ſie vor anderer Gewalt und Spott zu beſchuͤtzen, als ſie zu bewahren, daß ſie nicht davon ginge. So waͤren ſie Leute, auf deren Ehrlichkeit man ſich mehr verlaſſen koͤnnte, als ſie ſeit einiger Zeit zu finden gewohnt waͤre. Sie fragte, ob ſie Herrn Lovelace kennten? Nein, war ihre Antwort. Habt ihr von ihm gehoͤrt? Nein. Nun ſo moͤcht ihr wohl gute Leute in eurer Art ſeyn. Halte hier einen Augenblick inne, Love- lace! ‒ ‒ und uͤberlege ‒ ‒ Jch muß. Man fragte ſie wieder, ob man auch etwas in ihrer Wohnung anſagen laſſen ſollte? Dieß iſt nun meine Wohnung: nicht? ‒ ‒ Das war alle ihre Antwort. Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/290
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/290>, abgerufen am 22.11.2024.