Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



sonder Zweifel mit einer eigennützigen Vorsich-
tigkeit. Sie sandten auch hinauf, und ließen ihr
sagen, was sie verordnet hätten; daß sie ihr aber
nicht beschwerlich fallen wollten, weil sie gehöret,
daß sie etwas, sich in Ordnung zu bringen, einge-
nommen hätte.

Die Fräulein hatte Bedenken gehabt, wie es
scheint, des Apothekers Besuch in der Nacht an-
zunehmen; weil er eine Mannsperson wäre
- - und hatte nicht eher dazu beredet werden kön-
nen, als bis sie ihr vorstellten, daß ihre eigne
Sicherheit
es erforderte.

Die Weibsbilder kamen aus der Kirche wie-
der hin - - O Himmel! Robert, diese Unthiere
gehen in die Kirche! - - Allein die Fräulein ließ
ihnen herunter sagen, daß sie alle übrige Zeit von
dem Tage für sich selbst haben müßte.

Als ich zuerst kam, und ihnen meldete, wie
du auf sie wegen desjenigen, was sie gethan hat-
ten, fluchetest; und auch dazu selbst auf sie fluch-
te: erstaunten sie. Die Mutter sagte, sie hätte
gedacht, daß sie Herrn Lovelace besser kennete;
und von ihm Dank, aber keine Flüche erwartet.

Unterdessen, da ich bey ihnen war, kam ihr
Bothe wieder zurück, und fluchte ganz erschreck-
lich über die üble Aufnahme, welche er bey dir
gefunden hatte, statt der Belohnung, dazu man
ihm für die vermeynte gute Zeitung, daß die
Fräulein aufgefunden und in Sicherheit gebracht
wäre, Hoffnung gemacht hatte. - - Bist du

nicht



ſonder Zweifel mit einer eigennuͤtzigen Vorſich-
tigkeit. Sie ſandten auch hinauf, und ließen ihr
ſagen, was ſie verordnet haͤtten; daß ſie ihr aber
nicht beſchwerlich fallen wollten, weil ſie gehoͤret,
daß ſie etwas, ſich in Ordnung zu bringen, einge-
nommen haͤtte.

Die Fraͤulein hatte Bedenken gehabt, wie es
ſcheint, des Apothekers Beſuch in der Nacht an-
zunehmen; weil er eine Mannsperſon waͤre
‒ ‒ und hatte nicht eher dazu beredet werden koͤn-
nen, als bis ſie ihr vorſtellten, daß ihre eigne
Sicherheit
es erforderte.

Die Weibsbilder kamen aus der Kirche wie-
der hin ‒ ‒ O Himmel! Robert, dieſe Unthiere
gehen in die Kirche! ‒ ‒ Allein die Fraͤulein ließ
ihnen herunter ſagen, daß ſie alle uͤbrige Zeit von
dem Tage fuͤr ſich ſelbſt haben muͤßte.

Als ich zuerſt kam, und ihnen meldete, wie
du auf ſie wegen desjenigen, was ſie gethan hat-
ten, flucheteſt; und auch dazu ſelbſt auf ſie fluch-
te: erſtaunten ſie. Die Mutter ſagte, ſie haͤtte
gedacht, daß ſie Herrn Lovelace beſſer kennete;
und von ihm Dank, aber keine Fluͤche erwartet.

Unterdeſſen, da ich bey ihnen war, kam ihr
Bothe wieder zuruͤck, und fluchte ganz erſchreck-
lich uͤber die uͤble Aufnahme, welche er bey dir
gefunden hatte, ſtatt der Belohnung, dazu man
ihm fuͤr die vermeynte gute Zeitung, daß die
Fraͤulein aufgefunden und in Sicherheit gebracht
waͤre, Hoffnung gemacht hatte. ‒ ‒ Biſt du

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0316" n="310"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;onder Zweifel mit einer eigennu&#x0364;tzigen Vor&#x017F;ich-<lb/>
tigkeit. Sie &#x017F;andten auch hinauf, und ließen ihr<lb/>
&#x017F;agen, was &#x017F;ie verordnet ha&#x0364;tten; daß &#x017F;ie ihr aber<lb/>
nicht be&#x017F;chwerlich fallen wollten, weil &#x017F;ie geho&#x0364;ret,<lb/>
daß &#x017F;ie etwas, &#x017F;ich in Ordnung zu bringen, einge-<lb/>
nommen ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Die Fra&#x0364;ulein hatte Bedenken gehabt, wie es<lb/>
&#x017F;cheint, des Apothekers Be&#x017F;uch in der Nacht an-<lb/>
zunehmen; weil er eine <hi rendition="#fr">Mannsper&#x017F;on</hi> wa&#x0364;re<lb/>
&#x2012; &#x2012; und hatte nicht eher dazu beredet werden ko&#x0364;n-<lb/>
nen, als bis &#x017F;ie ihr vor&#x017F;tellten, daß <hi rendition="#fr">ihre eigne<lb/>
Sicherheit</hi> es erforderte.</p><lb/>
          <p>Die Weibsbilder kamen aus der Kirche wie-<lb/>
der hin &#x2012; &#x2012; O Himmel! Robert, die&#x017F;e Unthiere<lb/>
gehen in die Kirche! &#x2012; &#x2012; Allein die Fra&#x0364;ulein ließ<lb/>
ihnen herunter &#x017F;agen, daß &#x017F;ie alle u&#x0364;brige Zeit von<lb/>
dem Tage fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t haben mu&#x0364;ßte.</p><lb/>
          <p>Als ich zuer&#x017F;t kam, und ihnen meldete, wie<lb/>
du auf &#x017F;ie wegen desjenigen, was &#x017F;ie gethan hat-<lb/>
ten, fluchete&#x017F;t; und auch dazu &#x017F;elb&#x017F;t auf &#x017F;ie fluch-<lb/>
te: er&#x017F;taunten &#x017F;ie. Die Mutter &#x017F;agte, &#x017F;ie ha&#x0364;tte<lb/>
gedacht, daß &#x017F;ie Herrn Lovelace be&#x017F;&#x017F;er kennete;<lb/>
und von ihm Dank, aber keine Flu&#x0364;che erwartet.</p><lb/>
          <p>Unterde&#x017F;&#x017F;en, da ich bey ihnen war, kam ihr<lb/>
Bothe wieder zuru&#x0364;ck, und fluchte ganz er&#x017F;chreck-<lb/>
lich u&#x0364;ber die u&#x0364;ble Aufnahme, welche er bey dir<lb/>
gefunden hatte, &#x017F;tatt der Belohnung, dazu man<lb/>
ihm fu&#x0364;r die vermeynte gute Zeitung, daß die<lb/>
Fra&#x0364;ulein aufgefunden und in Sicherheit gebracht<lb/>
wa&#x0364;re, Hoffnung gemacht hatte. &#x2012; &#x2012; Bi&#x017F;t du<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0316] ſonder Zweifel mit einer eigennuͤtzigen Vorſich- tigkeit. Sie ſandten auch hinauf, und ließen ihr ſagen, was ſie verordnet haͤtten; daß ſie ihr aber nicht beſchwerlich fallen wollten, weil ſie gehoͤret, daß ſie etwas, ſich in Ordnung zu bringen, einge- nommen haͤtte. Die Fraͤulein hatte Bedenken gehabt, wie es ſcheint, des Apothekers Beſuch in der Nacht an- zunehmen; weil er eine Mannsperſon waͤre ‒ ‒ und hatte nicht eher dazu beredet werden koͤn- nen, als bis ſie ihr vorſtellten, daß ihre eigne Sicherheit es erforderte. Die Weibsbilder kamen aus der Kirche wie- der hin ‒ ‒ O Himmel! Robert, dieſe Unthiere gehen in die Kirche! ‒ ‒ Allein die Fraͤulein ließ ihnen herunter ſagen, daß ſie alle uͤbrige Zeit von dem Tage fuͤr ſich ſelbſt haben muͤßte. Als ich zuerſt kam, und ihnen meldete, wie du auf ſie wegen desjenigen, was ſie gethan hat- ten, flucheteſt; und auch dazu ſelbſt auf ſie fluch- te: erſtaunten ſie. Die Mutter ſagte, ſie haͤtte gedacht, daß ſie Herrn Lovelace beſſer kennete; und von ihm Dank, aber keine Fluͤche erwartet. Unterdeſſen, da ich bey ihnen war, kam ihr Bothe wieder zuruͤck, und fluchte ganz erſchreck- lich uͤber die uͤble Aufnahme, welche er bey dir gefunden hatte, ſtatt der Belohnung, dazu man ihm fuͤr die vermeynte gute Zeitung, daß die Fraͤulein aufgefunden und in Sicherheit gebracht waͤre, Hoffnung gemacht hatte. ‒ ‒ Biſt du nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/316
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/316>, abgerufen am 22.11.2024.