Die ärgerliche Beschreibung zu beschließen; in einem dunkeln Winkel stand noch ein altes hölzernes Ruhebette, worinn der Boden gebro- chen war, ohne ein Polster oder Bettdecke. Es war auf einer Ecke gesunken und hielte nicht zu- sammen, weil einer von seinen wurmstichichten Füßen fehlte, der in zwey Stücken unter dem jämmerlichen Hausrath lag, den er nicht länger hatte halten können.
Und dieß, du scheuslicher Lovelace, war die Schlafkammer der göttlichen Cla- rissa! ! !
Jch hatte Zeit, meine Augen auf diese Din- ge zu werfen. Denn weil ich leise hinauf ging: wandte sich die arme Fräulein nicht um, als wir hineintraten, und bewegte auch den Kopf nicht eher, als bis ich redete.
Sie lag auf den Knieen in einer Ecke von dem Gemach, bey dem wunderlichen Fenster, ge- gen den Tisch, auf einem alten Polster, wie es schien, von dem hölzern Ruhebette; halb mit ih- rem Schnupftuch bedecket; mit dem Rücken nach der Thüre zu, die bloß zugemacht war; Schlösser brauchte es nicht! mit ihren Armen creutzweise über den Tisch und mit dem Vörder- finger ihrer rechten Hand in der Bibel. Sie hatte vielleicht darinn gelesen und nicht länger le- sen können. Papier, Feder und Dinte waren bey ihrem Buche auf dem Tische. Jhr Anzug
war
Sproͤßlingen von Raute in der Bluͤte, gefuͤllet war.
Die aͤrgerliche Beſchreibung zu beſchließen; in einem dunkeln Winkel ſtand noch ein altes hoͤlzernes Ruhebette, worinn der Boden gebro- chen war, ohne ein Polſter oder Bettdecke. Es war auf einer Ecke geſunken und hielte nicht zu- ſammen, weil einer von ſeinen wurmſtichichten Fuͤßen fehlte, der in zwey Stuͤcken unter dem jaͤmmerlichen Hausrath lag, den er nicht laͤnger hatte halten koͤnnen.
Und dieß, du ſcheuslicher Lovelace, war die Schlafkammer der goͤttlichen Cla- riſſa! ! !
Jch hatte Zeit, meine Augen auf dieſe Din- ge zu werfen. Denn weil ich leiſe hinauf ging: wandte ſich die arme Fraͤulein nicht um, als wir hineintraten, und bewegte auch den Kopf nicht eher, als bis ich redete.
Sie lag auf den Knieen in einer Ecke von dem Gemach, bey dem wunderlichen Fenſter, ge- gen den Tiſch, auf einem alten Polſter, wie es ſchien, von dem hoͤlzern Ruhebette; halb mit ih- rem Schnupftuch bedecket; mit dem Ruͤcken nach der Thuͤre zu, die bloß zugemacht war; Schloͤſſer brauchte es nicht! mit ihren Armen creutzweiſe uͤber den Tiſch und mit dem Voͤrder- finger ihrer rechten Hand in der Bibel. Sie hatte vielleicht darinn geleſen und nicht laͤnger le- ſen koͤnnen. Papier, Feder und Dinte waren bey ihrem Buche auf dem Tiſche. Jhr Anzug
war
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[315/0321]
Sproͤßlingen von Raute in der Bluͤte, gefuͤllet
war.
Die aͤrgerliche Beſchreibung zu beſchließen;
in einem dunkeln Winkel ſtand noch ein altes
hoͤlzernes Ruhebette, worinn der Boden gebro-
chen war, ohne ein Polſter oder Bettdecke. Es
war auf einer Ecke geſunken und hielte nicht zu-
ſammen, weil einer von ſeinen wurmſtichichten
Fuͤßen fehlte, der in zwey Stuͤcken unter dem
jaͤmmerlichen Hausrath lag, den er nicht laͤnger
hatte halten koͤnnen.
Und dieß, du ſcheuslicher Lovelace, war
die Schlafkammer der goͤttlichen Cla-
riſſa! ! !
Jch hatte Zeit, meine Augen auf dieſe Din-
ge zu werfen. Denn weil ich leiſe hinauf ging:
wandte ſich die arme Fraͤulein nicht um, als wir
hineintraten, und bewegte auch den Kopf nicht
eher, als bis ich redete.
Sie lag auf den Knieen in einer Ecke von
dem Gemach, bey dem wunderlichen Fenſter, ge-
gen den Tiſch, auf einem alten Polſter, wie es
ſchien, von dem hoͤlzern Ruhebette; halb mit ih-
rem Schnupftuch bedecket; mit dem Ruͤcken
nach der Thuͤre zu, die bloß zugemacht war;
Schloͤſſer brauchte es nicht! mit ihren Armen
creutzweiſe uͤber den Tiſch und mit dem Voͤrder-
finger ihrer rechten Hand in der Bibel. Sie
hatte vielleicht darinn geleſen und nicht laͤnger le-
ſen koͤnnen. Papier, Feder und Dinte waren
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/321>, abgerufen am 22.11.2024.
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