Es ist mir eine Quaal, versetzte sie, an ihn zu gedenken. Das wieder gut machen, wovon sie reden, kann nicht statt haben. Die letzte Ge- waltthätigkeit, von der sie sprechen, ist nichts ge- gen das, was vorhergegangen ist. Das kann nicht ausgesöhnet; nicht bemäntelt werden: diese kann vielleicht; und es wird mir nicht zuwider seyn, wenn ich überführet werde, daß er einer so sehr niederträchtigen Bosheit nicht schuldig seyn kann. - - Jedoch da er sich der Schande theil- haftig gemacht, fremde Hände fälschlich nachzu- ahmen - - da er die Niederträchtigkeit began- gen, untergeschobene Personen aufzustellen: - - was sind denn wohl für Gottlosigkeiten, wozu er nicht aufgeleget ist?
Hiernächst hätte ich ihr gern Nachricht von dem Verhör gegeben, das ihr bey euren Freun- den auszustehen gehabt; von eurer schon vorher gefaßten Entschließung, sie zu heyrathen, wenn sie euch mit den vier ausgebetenen Worten be- ehret hätte; von dem sehnlichen Verlangen eurer ganzen Familie, die Ehre der Verwandtschaft mit ihr zu haben; von dem Antrage eurer beyden Basen bey der Fräulein Howe, mit aller Einwil- ligung, damit diese Fräulein sie zu gewinnen suchte: allein, da ich diese Dinge nur eben be- rührt hatte, wies sie mich kurz ab, und sagte, das wäre eine Sache, die vor einen andern Richter- stuhl gehörte; die Briefe der Fräulein Howe be- träffen eben das; und sie würde ihre Gedanken
an
Sechster Theil. Z
Es iſt mir eine Quaal, verſetzte ſie, an ihn zu gedenken. Das wieder gut machen, wovon ſie reden, kann nicht ſtatt haben. Die letzte Ge- waltthaͤtigkeit, von der ſie ſprechen, iſt nichts ge- gen das, was vorhergegangen iſt. Das kann nicht ausgeſoͤhnet; nicht bemaͤntelt werden: dieſe kann vielleicht; und es wird mir nicht zuwider ſeyn, wenn ich uͤberfuͤhret werde, daß er einer ſo ſehr niedertraͤchtigen Bosheit nicht ſchuldig ſeyn kann. ‒ ‒ Jedoch da er ſich der Schande theil- haftig gemacht, fremde Haͤnde faͤlſchlich nachzu- ahmen ‒ ‒ da er die Niedertraͤchtigkeit began- gen, untergeſchobene Perſonen aufzuſtellen: ‒ ‒ was ſind denn wohl fuͤr Gottloſigkeiten, wozu er nicht aufgeleget iſt?
Hiernaͤchſt haͤtte ich ihr gern Nachricht von dem Verhoͤr gegeben, das ihr bey euren Freun- den auszuſtehen gehabt; von eurer ſchon vorher gefaßten Entſchließung, ſie zu heyrathen, wenn ſie euch mit den vier ausgebetenen Worten be- ehret haͤtte; von dem ſehnlichen Verlangen eurer ganzen Familie, die Ehre der Verwandtſchaft mit ihr zu haben; von dem Antrage eurer beyden Baſen bey der Fraͤulein Howe, mit aller Einwil- ligung, damit dieſe Fraͤulein ſie zu gewinnen ſuchte: allein, da ich dieſe Dinge nur eben be- ruͤhrt hatte, wies ſie mich kurz ab, und ſagte, das waͤre eine Sache, die vor einen andern Richter- ſtuhl gehoͤrte; die Briefe der Fraͤulein Howe be- traͤffen eben das; und ſie wuͤrde ihre Gedanken
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Sechſter Theil. Z
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Es iſt mir eine Quaal, verſetzte ſie, an ihn
zu gedenken. Das wieder gut machen, wovon
ſie reden, kann nicht ſtatt haben. Die letzte Ge-
waltthaͤtigkeit, von der ſie ſprechen, iſt nichts ge-
gen das, was vorhergegangen iſt. Das kann
nicht ausgeſoͤhnet; nicht bemaͤntelt werden: dieſe
kann vielleicht; und es wird mir nicht zuwider
ſeyn, wenn ich uͤberfuͤhret werde, daß er einer ſo
ſehr niedertraͤchtigen Bosheit nicht ſchuldig ſeyn
kann. ‒ ‒ Jedoch da er ſich der Schande theil-
haftig gemacht, fremde Haͤnde faͤlſchlich nachzu-
ahmen ‒ ‒ da er die Niedertraͤchtigkeit began-
gen, untergeſchobene Perſonen aufzuſtellen: ‒ ‒
was ſind denn wohl fuͤr Gottloſigkeiten, wozu er
nicht aufgeleget iſt?
Hiernaͤchſt haͤtte ich ihr gern Nachricht von
dem Verhoͤr gegeben, das ihr bey euren Freun-
den auszuſtehen gehabt; von eurer ſchon vorher
gefaßten Entſchließung, ſie zu heyrathen, wenn
ſie euch mit den vier ausgebetenen Worten be-
ehret haͤtte; von dem ſehnlichen Verlangen eurer
ganzen Familie, die Ehre der Verwandtſchaft
mit ihr zu haben; von dem Antrage eurer beyden
Baſen bey der Fraͤulein Howe, mit aller Einwil-
ligung, damit dieſe Fraͤulein ſie zu gewinnen
ſuchte: allein, da ich dieſe Dinge nur eben be-
ruͤhrt hatte, wies ſie mich kurz ab, und ſagte, das
waͤre eine Sache, die vor einen andern Richter-
ſtuhl gehoͤrte; die Briefe der Fraͤulein Howe be-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/359>, abgerufen am 24.11.2024.
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