ren zu seyn dachte. Es ist eine betrübte Sache, meine wertheste Frau Norton, wenn wir uns selbst derer Gaben, die uns die Vorsicht anver- trauet hat, unwürdig machen.
Allein diese Betrachtungen sind nunmehr zu spät: und vielleicht hätte ich sie bey mir behalten sollen. Erlauben Sie mir inzwischen, zu hoffen, daß Sie mich noch lieben. Jch bitte Sie, lassen Sie mich hoffen, daß Sie es thun: so werde ich doch; ungeachtet meiner Unglücksfälle, welche ge- macht haben, daß ich gegen die gütige und recht mütterliche Bemühungen, die Sie von meiner Wiegen an auf mich gewandt, undankbar schei- ne; so glücklich seyn, daß ich denken darf, es sey doch noch Eine rechtschaffene Person, die nicht hasse
die unglückliche Clarissa Harlowe.
Erinnern Sie meinen Mitsäugling an mich. Jch hoffe, er werde sich noch beständig gehorsam und gut gegen Sie erhalten.
Haben Sie die Güte ihren Brief an Rahel Clark, in Herrn Smiths Hause auf der Kö- nigsstraße, bey Covent-Garden, zu richten. Aber behalten Sie die Aufschrift als ein vollkom- menes Geheimniß bey sich.
Der
ren zu ſeyn dachte. Es iſt eine betruͤbte Sache, meine wertheſte Frau Norton, wenn wir uns ſelbſt derer Gaben, die uns die Vorſicht anver- trauet hat, unwuͤrdig machen.
Allein dieſe Betrachtungen ſind nunmehr zu ſpaͤt: und vielleicht haͤtte ich ſie bey mir behalten ſollen. Erlauben Sie mir inzwiſchen, zu hoffen, daß Sie mich noch lieben. Jch bitte Sie, laſſen Sie mich hoffen, daß Sie es thun: ſo werde ich doch; ungeachtet meiner Ungluͤcksfaͤlle, welche ge- macht haben, daß ich gegen die guͤtige und recht muͤtterliche Bemuͤhungen, die Sie von meiner Wiegen an auf mich gewandt, undankbar ſchei- ne; ſo gluͤcklich ſeyn, daß ich denken darf, es ſey doch noch Eine rechtſchaffene Perſon, die nicht haſſe
die ungluͤckliche Clariſſa Harlowe.
Erinnern Sie meinen Mitſaͤugling an mich. Jch hoffe, er werde ſich noch beſtaͤndig gehorſam und gut gegen Sie erhalten.
Haben Sie die Guͤte ihren Brief an Rahel Clark, in Herrn Smiths Hauſe auf der Koͤ- nigsſtraße, bey Covent-Garden, zu richten. Aber behalten Sie die Aufſchrift als ein vollkom- menes Geheimniß bey ſich.
Der
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ren zu ſeyn dachte. Es iſt eine betruͤbte Sache,
meine wertheſte Frau Norton, wenn wir uns
ſelbſt derer Gaben, die uns die Vorſicht anver-
trauet hat, unwuͤrdig machen.
Allein dieſe Betrachtungen ſind nunmehr zu
ſpaͤt: und vielleicht haͤtte ich ſie bey mir behalten
ſollen. Erlauben Sie mir inzwiſchen, zu hoffen,
daß Sie mich noch lieben. Jch bitte Sie, laſſen
Sie mich hoffen, daß Sie es thun: ſo werde ich
doch; ungeachtet meiner Ungluͤcksfaͤlle, welche ge-
macht haben, daß ich gegen die guͤtige und recht
muͤtterliche Bemuͤhungen, die Sie von meiner
Wiegen an auf mich gewandt, undankbar ſchei-
ne; ſo gluͤcklich ſeyn, daß ich denken darf, es ſey
doch noch Eine rechtſchaffene Perſon, die nicht
haſſe
die ungluͤckliche
Clariſſa Harlowe.
Erinnern Sie meinen Mitſaͤugling an mich.
Jch hoffe, er werde ſich noch beſtaͤndig gehorſam
und gut gegen Sie erhalten.
Haben Sie die Guͤte ihren Brief an Rahel
Clark, in Herrn Smiths Hauſe auf der Koͤ-
nigsſtraße, bey Covent-Garden, zu richten.
Aber behalten Sie die Aufſchrift als ein vollkom-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/36>, abgerufen am 21.11.2024.
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